Exakt 70.800 Euro Nettovermögen – laut Bundesbank ist das der aktuelle Medianwert deutscher Haushalte. Insgesamt erhöhte sich das durchschnittliche Nettovermögen zwischen 2014 und 2017 sogar um 18.300 Euro. Vor allem Haushalte mit Immobilien- und Aktienbesitz hätten von den gestiegenen Preisen profitiert, heißt es von der Bundesbank.
In diese Zahlen fließt jedoch vor allem das selbstgenutzte Eigenheim mit ein – klar, denn mit Blick auf die aktuellen Immobilienpreise wird schnell deutlich, dass man mit etwas über 70.000 Euro Vermögen als Investor auf dem Immobilienmarkt derzeit nicht sehr weit kommt. Denn allein in München liegt der Immobilienpreisspiegel 2019 bei 8.488 Euro pro Quadratmeter. Für den Median der deutschen Bevölkerung heißt das: Mehr als knapp acht Quadratmeter sind in der bayrischen Landeshauptstadt nicht drin. In Paris kann sich der gemeine Deutsche bei Quadratmeterpreisen um die 10.000 Euro demnach gerade noch sieben, in London sogar nur etwa 4,5 Quadratmeter leisten. Ein Direktinvestment im Immobiliensektor rückt damit für den durchschnittlichen Privatanleger in weite Ferne. Gleiches gilt für viele andere, im Niedrigzinsumfeld aus Renditegesichtspunkten attraktive Anlageklassen wie etwa Private Equity, Infrastrukturinvestments oder erneuerbare Energien mit ihren verhältnismäßig hohen Mindestanlagesummen.
Allerdings könnte sich das in absehbarer Zukunft grundlegend ändern. Denn mit der Digitalisierung von Anlagegütern entsteht eine Vielzahl neuer Investitionsmöglichkeiten, die – soviel schon einmal vorweg – auch das Zwei-Quadratmeter-Investment in London, Paris oder München Realität werden lassen könnten. Basis für diese sogenannten digitalen oder Krypto-Assets ist die Blockchain. Vereinfacht ausgedrückt werden dafür Werte als Token auf der Blockchain gesichert. Der Vorteil: Digitale Assets sind immer verfügbar, können direkt ohne Mittler gehandelt werden, sind kostengünstig und eben beliebig teilbar. „Die technologische Grundlage für den Vormarsch digitaler Assets ist vorhanden, wir sehen bereits heute erste Teilprojekte der Digitalisierung im Immobilienbereich und übermorgen kann ich auch als Privatanleger vielleicht schon einen Quadratmillimeter eines wertvollen Kunstwerks mein Eigenen nennen“, zieht Philipp Sandner, Leiter des Blockchain Centers an der Frankfurt School of Finance & Management, eine erste Bilanz.
Hohe Erwartungen an die Blockchain
Sandner rechnet sogar damit, dass digitale Assets bereits in ein bis zwei Jahren verfügbar sein werden: „Der Erwartungsdruck ist aufgrund des Blockchain-Hypes recht groß. Daher wird tatsächlich relativ häufig gefragt, warum der Vormarsch digitaler Assets so lange auf sich warten lässt. Dabei darf nicht vergessen werden, dass für sichere Investments in digitale Assets zuerst sichere Strukturen geschaffen werden müssen – von der Regulatorik über Verwahrstellen – und das dauert eben seine Zeit.“ An passenden Gesetzen wird bereits mit Nachdruck gearbeitet und Deutschland nimmt mit der Umsetzung der fünften EU-Geldwäscherichtlinie bei der Regulierung digitaler Assets sogar eine Vorreiterrolle ein. Ab dem 1. Januar 2020 bedarf es für Handel und Verwahrung von Krypto-Assets beispielsweise einer Lizenz der deutschen Finanzaufsicht BaFin. Für Sandner könnte das zu einem Wettbewerbsvorteil für den Standort Deutschland werden: „Der Umgang mit digitalen Assets in Deutschland unterliegt ab 2020 hohen regulatorischen Standards und Anforderungen, die bereits seit Jahrzehnten auf den traditionellen Kapitalmärkten gelten – ein guter und notwendiger Schritt.“ Hierdurch würde Investoren zunehmend ihre Skepsis genommen.
Wie verwahrt man digitale Assets?
Die IT-Sicherheit ist wie bei eigentlich jedem Digitalisierungsprojekt also das größte Risiko, das mit digitalen Assets einhergeht. Die Vorteile für Zusammenstellung und Diversifizierung privater Portfolios sind hingegen immens. Manch ein Kritiker mag in den Krypto-Assets Parallelen zu den strukturierten Assets finden, die Auslöser der Finanzkrise waren – noch einmal verpackt und wieder gestückelt, sodass sie eben auch für den kleinen Mann attraktiv werden. Von der Hand zu weisen ist dieser Vergleich nicht, wie auch Sandner zugibt. Nur müsse man dann auch die vielen Vorteile digitaler Assets unterstreichen: „Die große Crux der Subprime-Kredite war schlicht und ergreifend, dass irgendwann nicht mehr nachvollzogen werden konnte, wer was wie verpackt und an wen verkauft hat. Das ist bei den Blockchain-basierten digitalen Assets grundlegend anders. Es ist in Echtzeit nachvollziehbar, wann und wo welches Asset wie verpackt wurde und wem es gehört. Damit wird die Aufsicht in Zukunft Teil des Geschehens und kann den Finanzmarkt in Echtzeit überwachen.“ Bei der Finanzkrise vor einigen Jahren dauerte das Reporting von Bank zu Aufsicht oftmals Tage, sodass letztere immer nur zeitverzögert das Geschehen im Markt beobachten konnte.
Noch sind digitale Assets Zukunftsmusik. 99 Prozent der Blockchain-basierten Transaktionen sind derzeit noch Kryptowährungen. Allerdings glaubt auch Sandner, dass früher oder später alle Assets digitalisiert sein werden – vom Fahrzeugschein über die notarielle Beurkundung des Hauskaufs bis hin zum Zwei-Quadratmeter-Investment in London oder dem tausendsten Anteil des Rembrandt. Die Blockchain könnte zu unserem modernen Bankschließfach werden, wo wir alles hinterlegen, was uns lieb und teuer ist.