Finanzen analysieren & optimieren

Was Künstliche Intelligenz in der Finanzberatung und bei der Geldanlage leisten kann
Illustrationen: Wyn Tiedmers
Illustrationen: Wyn Tiedmers
Mirko Heinemann Redaktion

Jeden Morgen ploppt bei Millionen Anlegern die Finanz-App auf dem Smartphone auf. Eine Flut von Nachrichten strömt auf sie ein: Die Corona-Neuinfektionszahlen haben wieder zugenommen. Die OPEC hat die Ölförderung eingeschränkt. Präsident Trump hat eine Spitze gegen China oder die Europäer abgefeuert. Dax steigt, Goldpreis sinkt. Oder umgekehrt. Was machen die Staatsanleihen? Was sagen FED oder EZB? Und was soll ich jetzt tun? Aktien kaufen oder verkaufen? Staatsanleihen zukaufen? Rohstoffe? Gold? Gar nichts tun?


Kein Mensch kann Millionen Finanznachrichten am Tag lesen und analysieren. Und hier kommen Algorithmen ins Spiel. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) kann dabei helfen, der Informationsflut Herr zu werden und Strukturen im vermeintlichen Chaos auszumachen. Zwar steht diese Entwicklung in der Finanzbranche noch ganz am Anfang. Es liegt aber nahe, dass die Analyse von Finanzdaten und daraus berechnete Vorhersagemodelle in den nächsten Jahren einen riesigen Aufschwung erleben werden.


„Predictive Analytics”, so das Fachwort, ist in vielen Branchen schon Realität. Klimaforscher etwa stützen sich auf Algorithmen, die mit Hilfe großer Datenmengen künftige Entwicklungen prognostizieren. Die Annahmen zum Klimawandel und das Pariser Klimaschutzabkommen fußen auf solchen Modellen. In der Industrie berechnen Agorithmen anhand von Maschinendaten, wann die nächste Wartung ansteht oder wann ein Ausfall der Maschine zu erwarten ist. Versicherungen setzen auf digitales Risikomanagement.


Auch in der Vermögensverwaltung sind die Chancen der Technolgie immens.  Doch vor allem Traditionsbanken tun sich schwer, flexibel auf neue Technologien zu reagieren (siehe auch das Interview ab Seite 4). Daher werden immer mehr Finanz-Start-ups, auch FinTechs genannt, gegründet, die digitale Lösungen für die Finanzierung und Geldanlage entwickeln. Dazu gehören so genannte Robo Advisors, elektronische Vermögensverwaltungen. Sie setzen auf Algorithmen, die Geldanlagen im Rahmen eines vom Anleger bestimmten Risikofensters tätigen. Durch die Automatisierung vieler Prozesse werden die laufenden Kosten niedrig gehalten.  


In der Finanzberatung ermöglicht KI, anhand der persönlichen Daten des Anlegers – Konten,
Depots, Kreditkarten-Abrechnungen, Social-Media-Accounts ein Bild über seine finanzielle Situation, sein Finanzverhalten und seine Persönlichkeit zu machen. Daraus lassen sich Strategien entwickeln, die auf alle anlagerelevanten Aspekte des Kunden abgestimmt sind. Auch bei der Umsetzung einer Anlagestrategie kann KI helfen.


Wie professionelle Vemögensmanager von KI profitieren, zeigt ein Beispiel der Beratungsgesellschaft EY. Beim Portfoliomanagement verwendet der Vermögensverwalter jetzt KI-gestützte oder voll automatisierte Investitionsentscheidungsprozesse. „Dabei weisen Alarme die Portfoliomanager auf anlagespezifische und Marktrisiken hin”, erklärt EY. Durch maschinelles Lernen lernen die Algorithmen die Anforderungen der Nutzer zudem im Laufe der Zeit immer besser kennen, was den Entscheidungsprozess immer weiter optimiert. Das Thema KI in der Finanzbranche mag am Anfang stehen, aber welche disruptive Wirkung es noch entfalten wird, das lässt sich bereits erahnen.

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