Wir sollten es inzwischen alle begriffen haben: Die Energiewende ist unsere wichtigste Klimaschutzmaßnahme. 90 Prozent der Treibhausgase Deutschlands kommen aus der Nutzung von Kohle, Erdöl und Erdgas. Wir sind seit der ersten industriellen Revolution verantwortlich für einen Großteil der schädlichen CO2-Emissionen und liegen an vierter Stelle der Länder hinter den USA, China und Russland. Nach vorne geblickt, sind wir zeitgleich Vorbild in der Energiewende für viele andere Länder.
Aber neben dem Klimaschutz gibt es einen weiteren Haupttreiber der Energiewende, und das sind die geringen Kosten erneuerbarer Energien. Wind- und Solarstrom sind die günstigsten Energieträger mit dem geringsten Flächenverbrauch und größten Potenzial. Weltweit fließen mehr als 90 Prozent der Energieinvestitionen in Wind und Solar.
Die Abkehr von fossilen Energieträgern stellt uns jedoch vor technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen. Denn die Energiewende ist weit mehr als der Kohle- oder Atomausstieg. Sie ist die große Transformation ganzer technologischer Bereiche: von der Elektrizitätswirtschaft über die Gebäudewärme, den Verkehr bis hin zur Industrie. Und daher können wir bei der Energiewende zu Recht von einer industriellen Revolution sprechen.
Ein Blick in die Zahlen zeigt, dass Energiewende bisher vor allem eine Stromwende war: Die Erneuerbaren hatten hier 2022 einen Anteil von 46 Prozent, in der Wärme nur 17 Prozent, im Verkehr sogar nur 7 Prozent und das überwiegend aus Biomasse wie Holz oder Biodiesel. Die Erneuerbaren haben dadurch 230 Millionen Tonnen Treibhausgase vermieden. Der verbleibende Ausstoß Deutschlands beträgt 746 Millionen Tonnen, womit noch eine lange Wegstrecke vor uns bleibt bis zur Klimaneutralität.
Eine Gute, Eine Schlechte Nachricht
Die gute Nachricht lautet: Wir haben alle Technologien in ausreichender Marktreife verfügbar, die wir dafür brauchen. Wind, Solar, Wasserkraft, Netze, Speicher und die Technologien, die günstigen Ökostrom in die anderen Sektoren bringen wie Wärmepumpen, E-Fahrzeuge, Wasserstoff und Power-to-X. Die schlechte Nachricht: Es fehlt uns an Personal, Material aber auch an politischer Kommunikation für die entscheidende gesellschaftliche Akzeptanz und Umsetzung.
Womit wir bei den Bremsern wären: Während diese zu Zeiten ohne grüne Regierungsbeteiligung vor allem in einschlägigen Lobbyverbänden oder Ämtern saßen, die mehr Verhinderungs- als Genehmigungsplanungen vorantrieben, fallen die Bremser heute vor allem durch Extreme auf. Dazu zählen die Klimakleber:innen, welche durch ihre Aktionen bei vielen Menschen schlechte Gefühle und Verstörung im Bezug auf Klimaschutz und damit eine ablehnende Haltung zu diesem Thema generieren. Nicht weniger extrem sind Hausbesitzer:innen, die sich aus Trotz oder Angst noch neue Öl- und Gasheizungen einbauen lassen, wissentlich, dass die Heizkosten in den nächsten Jahren durch gestiegene CO2-Preise exorbitant anziehen werden.
Oder Beamt:innen, die der Landbevölkerung erklären, dass Heizen mit Holz falsch sei, obwohl Holz ein CO2-neutraler Brennstoff ist, zwei Millionen Menschen in Deutschland einen eigenen Wald besitzen und der Begriff der Nachhaltigkeit aus der Forstwirtschaft stammt: Nimm nur so viel, wie nachwächst – was ist Deutschland nach wie vor der Fall ist und der Großteil des Brennstoffes Holz aus Reststoffen gewonnen wird. Oder Wissenschaftler:innen, die Klimalösungen außerhalb der „All-Electric“ Welt unnötig schlechtreden. So werden der Wasserstoff und seine Derivate wie E-Fuels von einigen als „Champagner“ abgewertet: Er sei teuer, ineffizient und knapp.