So gelingt die Klimaneutralität

Trotz geopolitischer Krisen spielt das Thema Klimaneutralität und Nachhaltigkeit auch für den Mittelstand weiterhin eine bedeutende Rolle – aus Überzeugung, um Kundenansprüchen zu genügen und um Auflagen und Gesetze zu erfüllen

Illustration: Christina Franco Roda
Illustration: Christina Franco Roda
Laura Puttkamer Redaktion

65 Prozent der deutschen Unternehmen wollen bis zum Jahr 2035 klimaneutral sein, weitere 17 Prozent bis 2045. Das ergibt eine von Microsoft Deutschland im vergangenen Jahr herausgegebene Studie. Motivationen wie eine „enkeltaugliche“ Industrie sowie der Wunsch, die Kundschaft zu überzeugen, spielen dabei eine wichtige Rolle. Doch wie gelingt es kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), Klimaneutralität im Alltag umzusetzen?

 

DATENGRUNDLAGE SCHAFFEN
 

Viele der in der Studie befragten Unternehmen haben eine Risikoanalyse über die Auswirkungen des Klimawandels auf den eigenen Betrieb durchgeführt. Sie sorgen sich insbesondere um ihre Reputation, aber auch um finanzielles Risiko und um Rentabilität in Kombination mit Nachhaltigkeitsinnovation. Dabei zeigt sich auch, dass über die Hälfte der befragten Unternehmen bereits digitale Lösungen nutzen, um Klimaneutralität zu erreichen. Sie überwachen ihre CO2-Emissionen mithilfe von Technologien und wollen künftig mehr investieren. Denn um die Emissionen zu reduzieren, braucht es zunächst eine zuverlässige Datengrundlage. Dabei ist der komplette Verzicht auf CO2-Emissionen für kleine und mittelständische Unternehmen fast unmöglich. Aber mithilfe digitaler Tools und professioneller Beratung kann es gelingen, wichtige Schritte umzusetzen.
 

ENERGIENUTZUNG REDUZIEREN UND ENERGIEEFFIZIENZ UMSETZEN
 

Eine der größten Quellen von CO2-Emissionen ist die Nutzung von Energie. Zudem gibt es in Deutschland strenge Vorschriften für die Energieeffizienz – bis 2045 soll Treibhausgasneutralität erreicht werden. Deshalb müssen KMU hier aktiv werden. Ein Beispiel für verbesserte Energieeffizienz ist ein Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) namens „KMU-innovativ“, welches das Innovationspotenzial kleiner und mittlerer Unternehmen realisieren und stärken möchte. Dabei werden Technologien, Verfahren und Dienstleistungen zur Steigerung der Energieeffizienz in der Industrie gefördert. Beispiele sind energieeffiziente Fahrkartenautomaten, solare Trocknungssysteme in der Herstellung und Verarbeitung industrieller und landwirtschaftlicher Rohstoffe oder energieeffiziente Werkzeugtemperierungssysteme bei der Herstellung von Faserverbundbauteilen. Interessierte können sich beim BMBF beraten lassen und jeweils zum 15. April und 15. Oktober eines Jahres Förderanträge stellen, das Ministerium verspricht dabei kurze Bearbeitungszeiten.
 

DIGITALISIERUNG INTELLIGENT NUTZEN
 

Die Digitalisierung beschäftigt auch den deutschen Mittelstand. Unternehmen, die sie intelligent nutzen, können das mit mehr Nachhaltigkeit kombinieren. Denn eine digital getragene, CO2-neutrale Wirtschaftsweise lässt oft neue Geschäftsfelder entstehen, etwa im Maschinenbau. Unternehmen entwickeln so Produkte oder Lösungen für die eigene Firma, die beim Erreichen der Klimaneutralität helfen und zugleich als Vorzeigemodell für die eigene Arbeit dienen. Ein Beispiel dafür, wie das aussehen kann, liefert das Thüringer Energieforschungsprojekt ZO.RRO II, das Industriebetriebe bei der klimafreundlichen Gestaltung ihrer Energieversorgung unterstützt. Beteiligte KMU, die oft keine eigenen Ressourcen haben, derartige Projekte umzusetzen, profitieren von der Expertise des Teams und vom Tool. Dieses misst die Energieverbräuche und Emissionen, erkennt Einsparpotenziale und schlägt Maßnahmen vor.

Illustration: Christina Franco Roda
Illustration: Christina Franco Roda

ZUSÄTZLICH CO2-KOMPENSATION IN BETRACHT ZIEHEN
 

Laut Bundesklimaschutzgesetz müssen die deutschen CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken. Es bleiben also nur noch sechs Jahre, um dieses erste große Ziel zu erreichen. Bis 2040 sollen die Emissionen dann um insgesamt 88 Prozent sinken. Nicht jedes Unternehmen ist in der Lage, diese Zahlen zu erreichen. Eine Alternative ist die CO2-Kompensation. Dabei stoßen Unternehmen weiterhin Emissionen aus und bezahlen Organisationen dafür, dass an anderer Stelle etwas für das Klima getan wird. Um sicherzugehen, dass die von einem Unternehmen gewählten Projekte tatsächlich einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten, ist es wichtig, auf Nachhaltigkeitssiegel und Projektstandards zu achten. Zu den wichtigsten Standards gehören der Verified Carbon Standard oder der Gold Standard. Sie stehen für die Seriosität der Ausgleichsprojekte und bewahren Unternehmen vor dem Vorwurf des Greenwashings. Indem KMU außerdem darauf achten, zur Kreislaufwirtschaft beizutragen und Materialien über ihren Lebenszyklus hinweg zu nutzen, können sie einen wertvollen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Das Cradle-to-Cradle-Siegel garantiert, dass eingesetzte Rohstoffe biologisch abgebaut oder ohne Verluste zu neuen Gütern verarbeitet werden können.
 

BERATUNG VON AUSSEN IN ANSPRUCH NEHMEN


Um KMU klimaneutral zu machen, gilt es, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz intelligent miteinander zu kombinieren. So können Unternehmen Nachhaltigkeit verstärkt in alle Entscheidungen einfließen lassen. Energiesparmaßnahmen, erneuerbare Energien, klimaschonende Mobilität und Elektromobilität sind besonders wichtig, um den Energieverbrauch und Emissionen zu senken. Dabei lohnt sich oft eine professionelle Beratung von außen, die dabei hilft, eine Datengrundlage aufzubauen und dann zu entscheiden, welcher Weg sich am besten für das jeweilige Unternehmen eignet. Häufig schlagen die Experten eine Kombination aus CO2-Senkung durch Energieeffizienz und geringeren Energieverbrauch und CO2-Kompensierung vor. Nach Umfeld- und Unternehmensanalysen werden dabei unternehmensspezifische Maßnahmen geplant und umgesetzt, ein kontinuierlicher Reduzierungsprozess aufgelegt und die Kommunikation des Klimaschutzbeitrags nach außen gesteuert. Mit diesen Schritten kann es gelingen, die ambitionierten Klimaziele der Regierung und zugleich die eigenen Ansprüche wie die der Kunden zu erfüllen.
 

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