Veränderte Arbeitswelten

Unternehmen müssen Bedürfnisse von Jobsuchenden erkennen und sich entsprechend aufstellen.
Illustration: Marcela Bustamante
Illustration: Marcela Bustamante
Mirko Heinemann Redaktion

Nur wenige Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind glühende Anhänger des Home Office. Wenn man der Stiftung Familienunternehmen folgt, ist das kein Wunder: „Der persönliche Kontakt der Mitarbeiter untereinander schafft eine Dynamik und Innovationskraft, die auch Videokonferenzen nicht ersetzen können“, so Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung. Nach einer hauseigenen repräsentativen Studie verzeichneten 27 Prozent der befragten Unternehmen eine geringere Arbeitnehmerproduktivität durch das Home Office. Nur 5,7 Prozent bemerkten eine Steigerung. Bei einem Drittel blieb die Produktivität gleich.

Dass Arbeitgeber dennoch bereit sind, auch ohne Pandemie bis zu einem bestimmten Grad Arbeit im Home Office zu tolerieren, hat einen anderen Grund: Der Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte nimmt weiter zu. Nach einer aktuellen Umfrage unter 200 Unternehmen des Karriereportals Xing im Auftrag von Forsa ist vor allem seit der Corona-Pandemie die Personalsuche für Unternehmen noch schwieriger geworden. Das gab jedenfalls jedes zweite Unternehmen an. Zudem war bei vielen die Fluktuation der Beschäftigten während der Pandemie gestiegen. Dass die Wechselbereitschaft unter Deutschlands Arbeitnehmenden sehr hoch ist, hatte eine andere Studie gezeigt, der zufolge vier von zehn Deutschen offen für einen neuen Job oder bereits konkrete Schritte gegangen waren, um eine neue Tätigkeit zu finden.

Der Produktivität sind häufige Wechsel von Mitarbeitenden nicht zuträglich. Eingespielte Abläufe, Kenntnisse über Strukturen und Anforderungen, erworbene Qualifikationen, effiziente  Kommunikation – verlässt der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin das Unternehmen, ist das alles futsch und muss mühsam neu gelernt werden. Dies gilt allerdings für beide Seiten. Was aber finden dann die Wechselwilligen bei den Unternehmen, zu denen sie wechseln, um dort wieder von vorne anzufangen?

Sie finden: kompetentere Führung, bessere Work-Life-Balance, eine spannendere Tätigkeit. Das sind nämlich laut Xing-Studie die Hauptmotive für den Wechsel in ein anderes Unternehmen. Interessanterweise glauben die von den Arbeitnehmer:innen verlassenen Unternehmen dies meist nicht. Sie schätzen der Umfrage zufolge eher als Beweggründe für den Jobwechsel, dass finanzielle Motive oder die Konkurrenz anderer Arbeitgeber der wahre Grund seien. Doch obwohl in Bewerbungsgesprächen das Gehalt mit 83 Prozent weiterhin eine zentrale Rolle für Arbeitnehmer:innen spielt, sind finanzielle Anreize laut Xing tatsächlich nur bei jedem fünften Jobwechsel ausschlaggebend.

Denn neben dem Anspruch an Gehalt und Tätigkeit sind die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Jobsicherheit, flexible Arbeitszeiteinteilung, Unternehmenskultur und gutes Führungsverhalten für Beschäftigte von hoher Relevanz. Auch der Aspekt Nachhaltigkeit gewinnt im Arbeitskontext immer mehr an Bedeutung, wie 37 Prozent der Arbeitnehmer:innen in der Umfrage angaben. Diese sogenannten „weichen Faktoren“ werden bei der Entscheidung für oder gegen ein Unternehmen immer wichtiger. Deshalb gelte es für Unternehmen nicht mehr nur den Fokus auf die Qualifikationen von Bewerber:innen zu richten, sondern auch darauf, ob sie ein guter „Cultural Fit“ sind – also zur Unternehmenskultur passen, so Xing. Unternehmenskulturelle Faktoren sind also wichtig für das Recruiting. Unternehmen müssen diese Bedürfnisse von Jobsuchenden erkennen und entsprechend aufgestellt sein.

 

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