Worum geht es? Jedenfalls um mehr als die Frage, ob man einer – nicht einmal neuen – Technologie in Deutschland eine Chance gibt. Es geht um die Frage, ob das Land künftig bei einem seiner wichtigsten Ener-gieträger vollständig von Importen abhängig sein will oder nicht. Erdgas deckt gut 20 Prozent der deutschen Energienachfrage, weit mehr als alle Erneuerbaren Energien zusammen und ein Vielfaches von Wind und Sonne. Erdgas steht dabei nicht in Konkurrenz zu den Erneuerbaren, sondern ist deren logischer Partner. Flexibel, grundlastfähig, witterungsunabhängig. Erdgas konkurriert insbesondere mit Kohle, vor allem wenn Deutschland aus der Kernenergie aussteigt. Diese Lücke gilt es zu füllen. Und Erdgas hat durchaus einen guten Ruf: Gaskraftwerke emittieren vergleichsweise wenig CO2, wer ein Erdgas-Auto fährt, gilt als umweltbewusst und geradezu fortschrittlich, und noch immer heizt jeder zweite hierzulande mit Erdgas. Auch die Industrie ist auf Erdgas als Rohstoff angewiesen. Soweit, so gut. Aber Erdgas muss auch produziert werden. Und dann auch noch mit der Fracking-Technologie? So unbequem es sein mag: Wer mit Erdgas heizt, nutzt Fracking. Und wer ein Erdgas-Auto fährt, fährt auch mit „Fracking-Gas“. „Erdgas hui, Fracking pfui“ ist keine reale Option. Wer für Erdgas ist, kann nicht gegen Fracking sein. Ganz gleich, ob es um Importe oder heimische Quellen geht.
Die seit Jahren geführte Debatte hat vielfach absurde Züge. Auch Energiewende-Optimisten streiten nicht darüber, dass Erdgas gebraucht wird, mindestens noch für einige Jahrzehnte. Ich bin auch noch niemandem begegnet, der eine vollständige Importabhängigkeit für eine volkswirtschaftlich gute Idee hält oder mir ernsthaft glaubhaft zu machen versucht, dass Erdgas andernorts besser produziert werden würde als hierzulande. Doch statt einer seit Jahrzehnten bewährten Technologie den Weg in die Zukunft zu bereiten und um eine investitionsbereite, erfahrene Industrie zu werben, die international hohes Ansehen genießt, passiert das Gegenteil: Es wird alles daran gesetzt, der Industrie das Leben so schwer wie möglich zu machen. Ganz gleich, wie sehr sie sich kompromissbereit zeigt, welche technischen Fortschritte sie vorweist und welche Zugeständnisse sie macht: Immer wieder definiert das Erreichte die neue Nulllinie und das nächste Schreckensszenario wird gezeichnet – getreu dem Maulwurfshügelprinzip: Kaum ist ein Kritikpunkt ausgeräumt oder widerlegt, taucht ein neuer auf. Gutes Beispiel: „Kein Gift in unserer Erde!“ Immer wieder hat Politik von uns verlangt, wir mögen unsere Fracking-Flüssigkeiten so weiterentwickeln, dass keine Gifte mehr enthalten sind. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht: Die für das deutsche Schiefergas entwickelten Flüssigkeiten bestehen zu 99,8 Prozent aus Wasser. Hinzu kommen nur noch zwei Additive, beide sind weder giftig noch umweltgefährlich, und beide sind biologisch leicht abbaubar. Wird das honoriert? Nein. Über die Fracking-Flüssigkeiten wird öffentlich schlicht nicht mehr gesprochen.
Um es klar zu machen: Natürlich ist es unsere Aufgabe, die Technologie so sicher wie möglich zu machen. Auch Jahrzehnte ohne größeren Unfall sind keine Legitimation dafür, sich nicht weiter zu entwickeln. Aber klar ist auch: Fracking ist keine Hochrisikotechnologie, im Gegenteil. Kaum eine Technologie hat weltweit seit Jahrzehnten eine vergleichbare Erfolgsstory vorzuweisen, das gilt auch für Deutschland. Ein Blick in die wissenschaftlichen Studien zeigt: Fracking ist eine Geringrisikotechnologie. Sogar die Hüter des Trinkwassers, die heimischen Wasserversorger, stellen sich gerade nicht bedingungslos gegen die Technologie. Im Gegenteil: In einer gemeinsamen Position innerhalb des Gas- und Wasserverbandes bdew wird klargestellt, dass unter Einhaltung von Vorsichtsmaßnahmen beides vereinbar ist: Trinkwasserschutz und Erdgasförderung, auch mit Fracking.
Trotzdem ist es bis heute nicht gelungen, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der allen Beteiligten Rechts- und Planungssicherheit zurückgibt. Noch im Juli wurde das Regelungspaket „Fracking“ wieder von der Tagesordnung des Bundestages genommen. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik sich nun einen Ruck gibt und endlich eine Entscheidung trifft. Wenn nicht, ist auch das eine Entscheidung. Denn viel Zeit bleibt nicht mehr. Kurzarbeit und Entlassungen sind längst Realität, dauert der Stillstand an, wird Know-how mitsamt enormer Investitionen ins Ausland abwandern und Deutschland hätte eine große Chance verpasst. Das wäre kein gutes Signal für den Industriestandort Deutschland und den Umweltstandort Deutschland.
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