Der rasante technische Fortschritt wirkt sich längst nicht nur im privaten Alltag aus. Immer stärker verändern Innovationen in den Bereichen Internet, IT sowie Elektro- und Kommunikationstechnik die Industrie. Technologien wie Big Data, In-Memory- und Cloud-Computing, 3D-Druck und das Internet der Dinge verstärken diesen Wandel.
Viele Unternehmen müssen ihre Wertschöpfungsprozesse und Geschäftsmodelle anpassen. Für zahlreiche Branchen ergeben sich dabei große Chancen – aber auch große Herausforderungen. Die Automobilindustrie sieht sich beispielsweise mit völlig neuen Marktteilnehmern konfrontiert, die autonomes Fahren vorantreiben. Das Geschäftsmodell von Local Motors zeigt anschaulich, wie stark sich Wertschöpfungsprozesse verändern können: Das US-Unternehmen entwirft Fahrzeuge nicht in einer internen Entwicklungsabteilung, sondern durch eine Community. Die Vernetzung von Partnern in der Wertschöpfungskette und das Wirtschaften von Unternehmen in Ökosystemen entscheiden über den Erfolg.
Viele Branchen, eine Herausforderung
Pharmaunternehmen entwickeln heute beispielsweise Diagnose- und Therapiekonzepte für zu Hause. Der Patient bekommt ein einfach zu bedienendes Gerät, das z.B. in Zusammenarbeit mit dem Smartphone die Blutwerte überprüft und therapeutische Empfehlungen des Arztes ermittelt. So lassen sich chronische Krankheiten gezielt und einfacher therapieren – auch zwischen den notwendigen Arztbesuchen. Das Geschäftsmodell funktioniert nur, wenn Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Ärzte als Partner zusammenarbeiten.
Maschinenbauer verkaufen nicht mehr nur Maschinen, sondern betreiben diese auch für ihre Kunden. Abgerechnet wird die eigentliche Maschinenleistung. Bei diesem Dienstleistermodell geht das Risiko des Maschinenbetriebs vom Kunden auf den Hersteller über. Dieser hat ein größeres Interesse daran, dass die Anlage störungsfrei läuft. Zudem sammelt er die Betriebs- und Sensordaten der Anlage, um vorherzusagen, wann diese ausfällt. Ziel ist es, Wartungsintervalle zu verlängern, Reparaturzeiten zu verkürzen und so die Verfügbarkeit zu erhöhen. Das Dienstleistermodell entlastet auch die Bilanz des Kunden.
Diese Beispiele aus sehr unterschiedlichen Branchen zeigen, wie wichtig Daten für die zukünftigen Prozesse und Geschäftsmodelle von Unternehmen sind. Sinnvoll verwenden lassen sich diese Daten allerdings nur, wenn die Qualität und die Anreicherung der Daten stimmen. Wer das Potenzial datengetriebener Geschäftsmodelle ausschöpfen will, muss also Big Data in Smart Data verwandeln. Zukünftig entscheidet über den Erfolg eines Unternehmens, wie gut es Smart Data verarbeiten und in seine Wertschöpfungsketten und Lösungen integrieren kann. Hierzu bedarf es einer „Internet of Things“- und Industrie-4.0-Infrastruktur sowie dazugehöriger Anwendungen, wie sie von SAP angeboten werden.
Fünf Erfolgsfaktoren für digitale Geschäftsmodelle
Wie können Unternehmen die Potenziale datengetriebener Geschäftsmodelle nutzen? Auf diese fünf Kriterien kommt es an:
1. Reifegradmodell: In der Digitalisierung hat sich ein Reifegradmodell bewährt – mit Stufen von 0 (keine Reife für digitale Geschäftsmodelle) bis 5 (der Endstufe der digitalen Transformation). Der erste Schritt ist die objektive und ehrliche Einstufung des Unternehmens. Die Selbsteinschätzung weicht oft von dieser objektiven Einschätzung ab. Ein Großteil der Unternehmen erreicht maximal einen Reifegrad zwischen 0 und 2. Eine Prozessverbesserung entspricht Reife-graden zwischen 3 und 4, während das datengetriebene Geschäftsmodell den höchsten erreichbaren Reifegrad darstellt. Um von Reifegrad 1 auf Reifegrad 5 zu kommen, ist es sinnvoll, schrittweise vorzugehen.
2. Agile Methoden: Wer einen höheren Reifegrad erreichen möchte, sollte interdisziplinär denken. Betriebswirtschaftliche Fragestellungen sind ebenso zu berücksichtigen wie technische Fragen zu Geräten und Maschinen – bis hin zur IT. Das macht es schwer, das gesamte Thema theoretisch zu durchdringen, wie es früher üblich war. Deshalb sind agile Entwicklungsmethoden gefragt, um schnell einen realen Prototypen für eine erste Verprobung aufzubauen. Auf Basis dieser Ergebnisse und Erfahrungen kann in kurzen iterativen Zyklen weiterentwickelt werden. Geschwindigkeit ist wichtig.
3. Passende IT-Architektur: Je komplexer die Fragestellung, umso wichtiger ist die richtige IT-Strategie. Insellösungen bringen oft kurzfristige Vorteile, verbauen aber auch oft den Weg zu höheren Reifegraden. Deshalb entscheidet die Wahl der richtigen IT-Architektur mit über die Erfolgsaussichten auf dem Weg der Digitalisierung.
4. Auswahl des richtigen Partners: Niemand kann die Komplexität der Digitalisierung in allen Bereichen mit der gleichen Qualität lösen. Deshalb sollte sich ein Unternehmen auf seine Kernkompetenzen besinnen und für die anderen Themen starke Partner an Bord holen, die über die notwendige Kompetenz verfügen und in das eigene Ökosystem passen.
5. Verankerung im Unternehmen: Der Weg der Digitalisierung ist kein einmaliges Projekt mit festem Start- und Endpunkt. Es ist ein kontinuierlicher Prozess. Unternehmen müssen also permanent mit dem technischen Fortschritt mithalten und ihr digitales Geschäftsmodell ständig weiterent-wickeln. Deshalb ist die Verankerung der Digitalisierung für alle Abteilungen des Unternehmens entscheidend für den Erfolg.
Das Gefüge vieler Branchen wird zunehmend auf den Kopf gestellt. Neue Teilnehmer drängen mit Druck in die Märkte – und doch verhalten sich gerade in Deutschland noch viele Unternehmen abwartend. Orientierung, Einsatzszenarien und klare Handlungsempfehlungen liefert das neue SAP-E-Book „Industrie 4.0 auf dem Prüfstand“.
Über den Autor: Timothy Kaufmann arbeitet als Business Development Manager – Industrie 4.0 bei SAP.
www.sap.de/iot