Effiziente Lieferketten

Die Herausforderungen, vor denen Wirtschaft und Logistik stehen, sind enorm. Digitale Tools, mehr Partnerschaften und clevere Planung sind gefragt, um auf dem anspruchsvollen Markt zu überleben.

Illustration: Anke Schäfer
Illustration: Anke Schäfer
Axel Novak Redaktion

Das vergangene Jahr hat die Weltwirtschaft vor immense Herausforderungen gestellt. Kaum ebbte die Coronapandemie ab und die internationalen Lieferketten stabilisierten sich, sorgte der Krieg in der Ukraine für neue extreme Belastungen. Menschen, die sich mit logistischen Themen beschäftigen, müssen weiterhin flexibel handeln – und das in einem eher schwierigen wirtschaftlichen Umfeld. Sechs Trends, mit denen Logistiker umgehen müssen.


Logistik entscheidet über den Erfolg
 

Da ist zum einen eine gute Nachricht. Es sind meist die Logistiker, die auf die Herausforderungen von Industrie und Handel neue Antworten finden müssen. Die Manager und Mitarbeiter, die sich lange im Schatten der Produktentwickler und Verkäufer wähnten, stehen nun vermutlich für einige Jahre im Zentrum der Aufmerksamkeit. Denn sie sind damit konfrontiert, wenn Unternehmen ihre Produktion drosseln, hochfahren oder neu ausrichten. Sie spüren die Nachfrageunsicherheit, den Fachkräftemangel und den enormen Kostendruck ihrer Kunden – und müssen dennoch liefern. „Man kann sagen: Die Logistik wird immer wichtiger, um durch die Krisen zu kommen“, sagt Professor Christian Kille von der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. Er weist darauf hin, dass die Beschäftigten in der Branche entsprechend ausgebildet werden müssen, weil sich das Aufgabenfeld für sie massiv erweitert.

 
Digitalisierung nimmt zu
 

Wie immer jedoch die Ausbildung künftiger Logistiker aussieht, die Digitalisierung wird einen großen Teil einnehmen müssen. Denn die Branche wird künftig deutlich digitaler. Neue Services, die Live-Einblicke in Märkte und Prozesse bieten und Flexibilität und Effizienz erhöhen, sichern das Überleben auf einem heftig umkämpften Markt. Da ist zum einen die Möglichkeit, mit digitalen Tools und datengetriebenen Services strategische Entscheidungen zu unterstützen, weil sie Trends anzeigen. So helfen sie, die Resilienz von Lieferketten zu stärken, indem sie schnellere Reaktionen ermöglichen. Außerdem sorgen sie für Effizienz, weil sie beispielsweise Leerfahrten vermeiden und andere Ladungsträger besser auslasten. Digitale Buchungsplattformen helfen, um zusätzliche Kapazitäten bei Teil- und Komplettladungen besser auszulasten. Und schließlich bieten nur noch digitale Lösungen die Chance, immer komplexere Logistikprozesse zu wirtschaftlich vertretbaren Preisen zu steuern. Der Onlinehandel wächst, die Losgrößen in der Produktion sinken und saisonale Spitzen sind stärker ausgeprägt. Weil Kunden weiterhin eine große Produktauswahl rund um die Uhr erwarten, die schnellstmöglich geliefert wird, steigen die Anforderungen an Ergonomie und Flexibilität.

 
Mehr Cloud
 

Daher auch ein weiterer Trend zu mehr Cloud-Lösungen. Vor allem für Mittelständler und kleinere Unternehmen ist die Cloud eine Chance für Sicherheit und Aktualität ihrer Tools. Sie macht flexible Geschäftsmodelle wie Software-as-a-Service (SaaS) oder Hybrid-Lösungen möglich, die Hard- und Software dann zur Verfügung stellen, wenn sie benötigt werden. Fast sieben von zehn Unternehmen (68 Prozent) setzen Cloud Computing bereits in der Logistik ein, hat eine Umfrage unter Unternehmen im Auftrag des Bitkom-Digitalverbands ergeben. Allerdings bremsen IT-Sicherheit und Manpower: Jedes zweite Logistikunternehmen in Deutschland  hat nach Beginn des Ukraine-Krieges seine IT-Sicherheitsmaßnahmen verschärfen müssen, so Bitkom. Neun von zehn Logistikunternehmen in Deutschland betrachten den Mangel an Know-how als größtes Hemmnis für digitale Anwendungen.


Mehr Partnerschaften
 

Deshalb werden Logistiker eine hybride Strategie verfolgen müssen, die Technologie und Menschen wieder stärker zusammenbringt. Neben Investitionen in Technik werden die Logistikdienstleister bestehende Partnerschaften stärken, vertiefen oder neu eingehen – mit Kunden, Konkurrenten und Forschungseinrichtungen. Der Gewinn von Partnerschaften ist für beide Seiten groß: Sowohl Verlader als auch Logistiker profitieren vom Vertrauen zueinander und von mehr Verlässlichkeit – und das zahlt sich in einem Business aus, in dem Menschen weiterhin die bestimmenden Akteure sein werden.


Mehr Nachhaltigkeit
 

Erneut an Fahrt gewinnen wird das Thema Nachhaltigkeit. Auslöser ist neben dem Klimawandel  vor allem die Explosion der Energiekosten. Treibstoffe und andere energieintensive Services werden künftig deutlich teurer. Treibstoffmehrkosten müssen viele Unternehmen meist zeitlich verzögert an ihre Kunden weitergeben. Höhere Stromkosten im Betrieb wiederum könnten zu Preissteigerungen führen. Bei Immobilien drängen Logistiker schon länger darauf, die Betriebskosten niedrig zu halten. Der ressourcen- und umweltschonende Betrieb von Standorten wird selbstverständlich: Solarmodule für regenerativen Strom, dicke Dämmungen und Geothermie gehören dazu. Anders sieht es bei Fahrzeugen mit neuen Antrieben aus. Einige Logistiker halten sich bei Investitionen eher zurück, weil noch nicht klar ist, welche alternative Antriebsform Zukunft hat: LNG, Brennstoffzellen- oder batterieelektrische Fahrzeuge erfordern hohe Investitionen über viele Jahre.

 
Weniger Fachkräfte, weniger Wachstum
 

Allerdings wird der Fachkräftemangel Deutschlands Industrie und Handel auch im Jahr 2023 beuteln. Nicht nur Lkw-Fahrer und Lokführer fehlen, sondern auch in den Büros, an den Umschlagplätzen oder in den Planungsabteilungen der Unternehmen gibt es zu wenig Fachleute. Das geht einher mit den trüben Wachstumsaussichten. Die aktuellen Krisen sind teuer: COVID-19 und der Überfall Russlands könnten das Bruttoinlandsprodukt in den Ländern der Eurozone um bis zu 7,7 Prozent verringern, haben die Berater von Accenture herausgefunden. So ist der Wirtschaftsbereich Logistik im Jahr 2022 nominal um 8,5 Prozent gewachsen, real aber nur um 0,5 Prozent, hat der Expertenkreis der „Wirtschaftsweisen Logistik“ berechnet. Für dieses Jahr rechnen die Fachleute sogar damit, dass die Branche schrumpft. Mit der Konsequenz, dass die Unternehmen wohl ihre Kosten senken müssen. Fragt sich nur, an welcher Stelle.
 

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