In Sachen Fortbewegung könnte man die die achtziger und neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts als die gute alte Zeit betrachten: Neue Autos wurden jedes Jahr ein bisschen größer, stärker und komfortabler. Alle paar Jahre kaufte man sich eines davon und benutzte es. Busse waren im Wesentlichen für Schüler in ländlichen Regionen da. Fahrrad fuhr man am Wochenende, im Urlaub oder gar nicht. Und all das tat man mit gutem Gewissen. Denn dank der neuen Abgasreinigungssysteme stießen aktuelle Modelle deutlich weniger Dreck aus als ihre Vorgänger in den Sechzigern und Siebzigern.
Doch spätestens 2007 endete diese Zeitrechnung. Denn der in diesem Jahr veröffentlichte Weltklimabericht zeigte in bis dahin nicht gekannter Deutlichkeit, dass sich die Erde erwärmte – und dass jeder weitere Ausstoß von Treibhausgasen diesen Prozess verstärken würde. Hatten bisher Schadstoffe wie Kohlenmonoxid oder Stickoxide im Zentrum gestanden, richtete sich der Blick nun vor allem auf das klimaschädliche Kohlendioxid. Das aber wird bei jeder Verbrennung von fossilen Treibstoffen wie Benzin oder Diesel zwangsläufig frei. Mit Katalysatoren ließ sich hier nichts ausrichten.
Am Ende dieser Entwicklung steht der aktuelle Beschluss der Europäischen Union: Ab dem Jahr 2035 sollen in den Staaten der EU nur noch klimaneutrale Fahrzeuge neu zugelassen werden. Das bedeutet das Aus für Neuwagen mit Benzin- oder Dieselmotor (mit einer möglichen Ausnahme, doch dazu später).
Elektroantrieb im Aufwind
Im Moment sieht es so aus, als seien mit Strom betriebene Autos die großen Gewinner dieser Entwicklung: Von den gut 2,6 Millionen Personenwagen, die im Jahr 2021 in Deutschland zugelassen wurden, waren schon 13,6 Prozent reine Elektroautos. Ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahr um gut 80 Prozent – und das, obwohl die Technik noch vor einigen Jahren nur in winzigen Stückzahlen verkauft wurde. Plug-in-Hybride als Brückentechnologie waren der zweite Gewinner der Statistik – weitere 12,4 Prozent der Neuzulassungen hatten den kombinierten Antrieb unter der Haube, das macht gut 60 Prozent Zuwachs gegenüber 2020.
Seinen Exotenstatus hat der Elektroantrieb damit abgelegt. Teslas gehören inzwischen zum normalen Straßenbild – und auch auf den Nummernschildern deutscher Modelle liest man immer öfter das „E“ für „elektrisch“. In Zukunft dürfte die Schwellenangst immer weiter abnehmen – denn immer mehr Besitzer können von ihren Erfahrungen mit Laden und Reichweite berichten, wo sich die Werte immer mehr denen von Verbrennern annähern und diesen teilweise schon ebenbürtig sind für das kommende Jahr sind zum Beispiel die Konzerngeschwister Audi Q6 e-tron und Porsche Macan E angekündigt: beide PS-stark, beide keine Leichtgewichte – und doch laut Hersteller mit 700 Kilometern Reichweite und einer Ladezeit von zehn auf 80 Prozent in knapp über 20 Minuten.
Nur noch eine erweiterte Pinkelpause also. Sogar für schwere Lastwagen im Langstreckenverkehr zeichnen sich elektrische Lösungen am Horizont ab: Für 2024 verspricht MAN seinen eTruck, der als Sattelzugmaschine 600 bis 800 Kilometer Tagesreichweite schaffen soll. Ein eigenes Netz von Hochleistungs-Ladesäulen soll 400 Kilometer Reichweite innerhalb von 15 Minuten in die Akkus bringen.
Wasserstoff und E-Fuels
Allerdings sollte man trotz der beeindruckenden Zahlen nicht all sein Geld auf die Kombination Akkus und E-Motor setzen. Denn es gibt zwei weitere Antriebsarten mit interessanten Außenseiterchancen. Zum einen wäre das der schon genauso oft gefeierte wie totgesagte Wasserstoffantrieb. Denn zwar muss der Treibstoff Wasserstoff mit hohem Energieeinsatz aus Öko-Strom erzeugt werden – mit der Elektrizität gleich E-Autos zu betreiben wäre effizienter. Aber die Technologie könnte zum Profiteur einer noch größeren Entwicklung werden: Denn im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie pumpt die Bundesregierung Milliarden in die Förderung von Produktionsanlagen und Infrastruktur zur Verteilung von klimaneutral erzeugtem Wasserstoff.
Als Energielieferant und Prozessstoff soll der Stoff in Zukunft die Rolle einnehmen, die im Moment noch das ebenfalls klimaschädliche Erdgas spielt: Hochöfen oder Zementfabriken sollen in Zukunft mit Wasserstoff laufen – und wenn dazu sowieso Leitungen quer durchs Land gebaut sowie alte Erdgasleitungen und -speicher umgerüstet werden, dann lassen sich in das Versorgungsnetz auch Tankstellen für Fahrzeuge integrieren, die hier in wenigen Minuten mit Treibstoff für große Reichweiten versorgt werden könnten. Die Antriebstechnik an sich gilt schon seit Jahren als fertig entwickelt und praxistauglich – sowohl als Brennstoffzelle, die aus Wasserstoff wieder Strom für einen E-Motor macht, als auch als Wasserstoff-Verbrennungsmotor.
Unter anderem Mercedes, BMW, Toyota oder Hyundai haben sich hier in der Vergangenheit engagiert oder tun das in der Gegenwart immer noch. Außerdem ist Wasserstoff großer Hoffnungsträger für Transportmittel, bei denen ein batterieelektrischer Antrieb nicht oder noch nicht realisierbar erscheint: Flugzeuge, Eisenbahnzüge, große Schiffe oder auch schwere Nutzfahrzeuge.
Und dann wären da noch die sogenannten E-Fuels. Mit ihnen verbinden sich die Hoffnungen vieler, die vom Verbrennungsmotor nicht lassen wollen. Denn aus Wasserstoff lassen sich in einem weiteren Produktionsschritt (und mit Hilfe von noch mehr regenerativ erzeugter Elektrizität) Benzin, Diesel oder Kerosin erzeugen, die in allem verfahren werden können, was im Moment fossile Treibstoffe schluckt.
Nachteil ist der gegenüber E-Antrieb und Wasserstoff noch einmal geringere Wirkungsgrad. Der Vorteil ist, dass es außer den Produktionsanlagen keine neue Technik bräuchte: Tankstellen und Transportwege könnten weiter betrieben werden wie gehabt, Autos jeden Alters könnten einfach weiterfahren – von Bedeutung ist Letzteres zum Beispiel in Regionen der Welt, in denen es schwer vorstellbar ist, dass hier zeitnah flächendeckend Ladepunkte für E-Autos existieren werden.
Und natürlich könnten E-Fuels der Ausweg oder die Nische für Petrolheads werden, für Oldtimerfreunde und Fans des Motorsounds von Sportwagen. So ist es kein Wunder, dass sich unter den Unternehmen, die im Moment Produktionskapazitäten für E-Fuels aufbauen, auch Sportwagenspezialist Porsche befindet. Ob die EU für den Betrieb mit diesen Treibstoffen eine Ausnahme von ihrem Verbrennerverbot machen wird, ist noch nicht entschieden.