Schlanker, effizienter, innovativer

Der Druck, von Russlands Erdgas unabhängig zu werden und aus den fossilen Energien auszusteigen, ist enorm gestiegen. Innovationen im Energiebereich werden dringend gesucht. Wir stellen Ansätze vor, deren Verfolgung dringend intensiviert werden müsste.

Illustration: Sophia Hummler
Illustration: Sophia Hummler
Mirko Heinemann Redaktion

Grüner Wasserstoff…

braucht mehr und effizientere Produktionsanlagen. Der Deal mit Kanada ist zwar schön und gut, er ist aber nur ein kleines Puzzleteil auf dem Weg zur CO2-freien Energiewelt von morgen. Grüner Wasserstoff wird bekanntlich aus erneuerbarem Strom gewonnen, indem Elektrolyseure Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff aufspalten. Bei diesem Prozess wird Energie an die Umgebung abgegeben. Elektrolyseure entfalten derzeit Wirkungsgrade bis zu maximal 70 Prozent. Gefragt sind also besonders effiziente Maschinen. Ein Lichtblick: Australische Ingenieure wollen mit einem neuen System der Kapillarelektrolyse einen Elektrolyseur mit einem Wirkungsgrad von 98 Prozent entwickelt haben. Ihre eigens gegründete Firma Hysata wirbt nun mit einem Wirkungsgrad von 95 Prozent über das gesamte System hinweg.

Außerdem gefragt sind innovative Materialien für den Transport und die Aufbewahrung von Wasserstoff – umso mehr, wenn er in Schiffen oder Fahrzeugen transportiert wird. Wo Wasserstoff sukzessive Erdgas ersetzt, etwa als Prozesswärme in der Industrie oder in der Brennstoffzelle, kann die bestehende Erdgasinfrastruktur laut dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) grundsätzlich als Transport-, Speicher- und Verteilelement auch für Wasserstoff genutzt werden. Erprobt und zulässig ist der Einsatz von Wasserstoff im Erdgasnetz aber bisher nur zu einem Anteil von 10 Volumenprozent. Nun geht es darum, die Regelwerke umzustellen, um die Wasserstoff-Beimischgrenze schrittweise zu erhöhen, Gasinfrastrukturen umzustellen oder auch den Neubau von Wasserstoffinfrastrukturen zu ermöglichen. Laboruntersuchungen haben gezeigt, dass Haushalts-Gasgeräte mit einer Beimischung von 20 Volumenprozent Wasserstoff sicher betrieben werden können. Dies soll nun anhand von Feldversuchen in einem Gasverteilnetz unter Realbedingungen getestet und validiert werden.

Klein- und Mikrowindanlagen…

müssten leichter genehmigt und niedrigschwelliger zugänglich gemacht werden. Windgeneratoren, die eine Leistung von weniger als 100 Kilowatt erbringen, lassen sich etwa im heimischen Garten oder auf der Wiese aufstellen. Auf diese Weise lässt sich – ähnlich wie bei der PV-Dachanlage – Haushaltsstrom erzeugen oder ins Netz einspeisen. Unter dem Label Kleinwindanlagen werden auf dem deutschen Markt über 200 Modelle angeboten, die Kosten bewegen sich zwischen 1500 bis 3000 Euro pro Kilowatt Leistung. Der Markt ist unübersichtlich, viele fragwürdige Hersteller tummeln sich dort. Der niedersächsische Hersteller Aerocraft-Gödecke und Heyde Windtechnik aus Sachsen gelten als qualitativ hochwertig. Gut bewertet und noch professioneller im Auftritt: Braun Windturbinen, die Windanlagen zwischen 2,5 und 12 Kilowatt herstellen.

Die Firma Sky Wind aus Langenhagen bei Hannover baut eine noch kleinere, so genannte Mikrowindanlage. Deren Vorteil ist, dass sie keinen eigenen Mast braucht, sondern direkt auf das Hausdach moniert werden kann. Sie kann ohne aufwändiges Genehmigungsverfahren angebracht werden und erzeugt nach eigenen Angaben bis zu 1 Kilowatt Leistung. Damit eignet sie sich in windhöffigen Regionen als Ergänzung der Eigenstromerzeugung. Der Strom kann in einer Batterie gespeichert oder direkt ins Hausnetz eingespeist werden. SkyWind NG ist vom TÜV geprüft und wird in Berichten vieler Kunden gelobt.

Oberflächennahe Geothermie…

müsste massiv ausgebaut werden. Heizungen, die auf echter Geothermie basieren, trugen laut Bundesverband Geothermie im Jahr 2020 nur bei 6,3 Prozent der Neubauten zur Beheizung bei. Zwar gibt es inzwischen rund 440.000 Wärmepumpen, die meisten davon nutzen aber keine Erdwärme, sondern die in der Außenluft gespeicherte Energie. Wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt, indem sie nämlich kalte Luft komprimieren, so dass sie sich erwärmt. Dabei arbeiten Wärmepumpen effizienter als eine klassische Stromheizung. Noch effizienter arbeiten sie, wenn sie im Winter nicht die eiskalte Luft aus der Umgebung komprimieren müssen, sondern wärmere zur Verfügung haben. Dies wird möglich, indem die Wärmepumpe ihre Grundwärme aus den Tiefen der Erde gewinnt, dem Grundwasser oder einem großflächigen Wärmetauschersystem, das im Boden, etwa unter der Grasnarbe im Garten, vergraben ist (Flächengeothermie).  

Photovoltaik

muss ausgebaut und die Effizienz der Solarzellen verbessert werden – sowohl in Sachen Wirkungsgrad als auch in Sachen Materialeffizienz. Lichtblick: Ein deutsches Forschungsteam hat kürzlich eine Solarzelle aus organischen Halbleitern entwickelt, die einen Wirkungsgrad von 24 Prozent erreicht. Simulationen zeigen, dass mit dem neuen Ansatz Wirkungsgrade jenseits der 30 Prozent erreichbar sind. Die Solarzelle wurde an der Universität Wuppertal gemeinsam mit anderen Forschungseinrichtungen entwickelt. Kohlenstoffverbindungen, die unter bestimmten Bedingungen elektrischen Strom leiten können, wurden mit Halbleitern aus dem Mineral Perowskit kombiniert. Zur Herstellung beider Technologien ist der Bedarf an Material und Energie bedeutend geringer als bei konventionellen Siliziumzellen, was die Möglichkeit eröffnet, noch nachhaltigere Solarzellen zu entwickeln.

Tiefe Geothermie…

muss großflächig ausgerollt werden. Von Tiefer Geothermie spricht man, wenn die Wärme aus Schichten stammt, die mehr als 400 Meter unter der Erdoberfläche liegen. Aus diesen Tiefen lässt sich heißes Thermalwasser fördern, das direkt zur Wärmeversorgung genutzt werden kann. Dazu muss Deutschland seismisch vermessen werden, um mögliche Lagerstätten für die Tiefenwärme zu kartieren. Außerdem müssen Fündigkeitsrisiken abgesichert und eventuelle Entschädigungsansprüche von Anwohnern bei Schäden – auch bei Insolvenz des ausführenden Unternehmens – rechtlich verankert werden. Dann kann Tiefe Geothermie als nachhaltige und langfristige Lösung für die großflächige Wärmeversorgung von Quartieren, Fernwärmenetzen oder Industrieanlagen sowie zur Bereitstellung von niedriger Prozesswärme dienen.

Start-ups…

müssen besser gefördert, und deren Ideen besser sichtbar werden. Immer wieder passiert es, dass innovative Konzepte aufgrund fehlender Drittmittel in den Archiven von Forschungsinstituten verschwinden oder junge Gründer:innen ihre Projekte nicht in die Tat umsetzen können, weil gerade keine Investoren in Sicht sind. Lichtblick: Um Abhilfe zu schaffen, hat sich wiederum ein Start-up gegründet: Energieloft hat es sich zur Aufgabe gemacht, kreative Vordenker über ein Innovationsnetzwerk mit etablierten Unternehmen zusammenzubringen. Das Portal bietet Start-ups oder Forschungseinrichtungen die Möglichkeit, ihre Ideen und Projekte vorzustellen und so im besten Fall interessierte Energieversorger oder Stadtwerke auf sich aufmerksam zu machen. Forschungsinstitute haben so die Möglichkeit, ihre Drittmittelakquise zu digitalisieren, und Start-ups profitieren von starken Vertriebspartnerschaften. Für Versorger, die ihr Produktportfolio erweitern wollen, erleichtert das Portal die aufwendige Suche nach passenden Kooperationspartnern. Um beiden Parteien die Zusammenarbeit zu erleichtern, kanalisiert Energieloft die Innovationsprozesse und begleitet Unternehmen bei der Entwicklung der neuen Lösungen.

Stromspeicher…

müssen preiswerter, leichter und sicherer werden. Sie sind unabdingbar für die E-Mobilität, aber auch, um selbst erzeugten Strom möglichst effizient selbst zu nutzen. So lässt sich Sonnenstrom auch nachts verbrauchen, egal ob für die Beleuchtung, für Geräte oder die Elektroautos auf dem Betriebsgelände oder in der Garage. Auf dem Markt werden konventionelle, schwere Blei-Akkus angeboten, wie sie auch als Starterbatterien in Autos eingebaut werden. Oder leichtere, aber auch teurere Lithium-Ionen-Akkus. Laut RWTH Aachen und des Forschungszentrums Jülich lag der Preis für Stromspeicher im Jahr 2019 durchschnittlich bei rund 1.100 Euro pro Kilowattstunde, realistisch sind derzeit 1.000 bis 1.800 Euro pro Kilowattstunde. Lichtblick: In der Entwicklung befinden sich Festkörperakkumulatoren. Sie ähneln Lithium-Ionen Akkus, der Elektrolyt ist aber nicht flüssig, sondern fest und daher nicht brennbar. Sie sind zudem leicht bei sehr hoher Energiedichte und sollen ohne Verluste schnell geladen und tiefentladen werden können. Und sie sollen extrem langlebig sein: Bis zu 100.000 Be- und Entladezyklen sollen möglich sein. Für deren Herstellung ist auch kein Kobalt notwendig.

Wärmedämmung…

muss effizienter, smarter und nachhaltiger werden. Derzeit wird vor allem mit Mineralwolle und EPS-Hartschaum, etwa Styropor, gedämmt. Grundsätzlich geht es zum einen darum, die Performance der Dämmsysteme zu steigern, etwa die Wärmedämmfähigkeit der Materialien zu erhöhen, sodass die Systeme schlanker ausgeführt werden können, um die Akzeptanz von Architekten und Bauherren zu steigern. Auch dynamische Eigenschaften wären sinnvoll, etwa eine Wärmedämmung, die man im Sommer reduzieren und im Winter wieder verstärken kann. Als Zukunftstechnologie gilt hier die Nanotechnologie, etwa dünne Dämmplatten, bei denen kleine Teilchen aus Siliziumdioxid und Graphit unter Vakuum in Folien eingeschweißt werden. Auch Stroh oder Schafwolle, Blähton oder Holz können als effiziente Dämmstoffe dienen und sind zudem auch klimafreundlich. Lichtblick: In der Entwicklung sind pflanzliche Dämmstoffe, etwa aus Holz oder aus Milchsäure, die aus Zucker oder Mais gewonnen wird.

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