Von »gutem« und »schlechtem« Cholesterin

Nach wie vor sterben die meisten Menschen in Deutschland an Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems. Einer der Risikofaktoren ist ein erhöhter Cholesterinspiegel. Aber Cholesterin ist nicht gleich Cholesterin.
Illustration: Sascha Düvel
Illustration: Sascha Düvel
Iunia Mihu Redaktion

Ohne Cholesterin würde im Körper nichts gehen – wir sind auf diese fettähnliche Substanz   angewiesen, denn sie erfüllt viele wichtige Funktionen. So wird Cholesterin etwa zur Bildung bestimmter Hormone sowie zur Herstellung von Vitamin D benötigt. Zudem ist der Baustoff ein wichtiger Bestandteil der Zellmembran – ohne ihn hätten Körperzellen überhaupt keine Hülle und der Zellinhalt würde buchstäblich zerfließen. Cholesterin hat auch eine zentrale Rolle bei der Verdauung, denn daraus entsteht Gallensäure, die für die Fettverdauung wichtig ist. Zu viel Cholesterin im Blut, in der Fachsprache auch Hypercholesterinämie genannt, kann allerdings das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.

„Gutes“ und „schlechtes“ Cholesterin  

Den größten Teil des benötigten Cholesterins stellt der Körper selbst her, und zwar in der Leber – nur ein geringer Teil, rund zehn Prozent, wird über die Nahrung aufgenommen. Aufgrund seiner Beschaffenheit ist Cholesterin in Wasser – und somit auch in Blut – nicht löslich, daher hat sich der Körper ein kluges Transportsystem ausgedacht: Cholesterin wird vor allem mit Eiweißen (Proteine) und Fetten (Lipide) in kleine Pakete verpackt. Diese werden nach ihren Hauptbestandteilen „Lipoproteine“ genannt und nach ihrer Dichte in zwei unterschiedliche Gruppen eingeteilt: das so genannte LDL-Cholesterin und das HDL-Cholesterin. „LDL“ steht für „Low-Density-Lipoprotein“, zu deutsch: Lipoprotein niedriger Dichte. Dieses LDL-Päckchen transportiert Cholesterin aus der Leber in den Körper. Ist das Cholesterinangebot größer als die Aufnahmekapazität der Zelle, geben die LDL ihre Cholesterin-Fracht im Blut ab. Mit der Zeit verengen sich dadurch die Gefäße und es entwickelt sich eine sogenannte Atherosklerose, auch „Arterienverkalkung“ genannt. Die Ablagerungen, so genannte Plaques, können sich irgendwann loslösen und platzen. Blutplättchen versuchen dann noch den Defekt zu reparieren. Die Folge: eine örtliche Thrombose, also ein Verschluss kleinerer Blutgefäße. Beide Veränderungen, die Einengung und das „Platzen“ der Ablagerung, können zum Herzinfarkt oder Schlaganfall führen. Ein erhöhter LDL-Cholesterin-Wert ist daher mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden und daher auch  als „schlechtes“ Cholesterin bekannt.


„HDL“ hingegen steht für „High-Density-Lipoprotein, also Lipoprotein hoher Dichte. Dieser Pakettyp transportiert überschüssiges Cholesterin aus den Körperzellen und dem Blut wieder zurück zur Leber, wo es verstoffwechselt wird. Das HDL-Cholesterin wird auch als „gutes“ Cholesterin bezeichnet, denn es kann sogar noch mehr: „HDL kann auch bereits an den Gefäßwänden gebundenes Cholesterin wieder herauslösen. Es leistet damit einen entscheidenden Beitrag zur Verhinderung der Gefäßverkalkung. Daher gilt: Je mehr HDL, desto besser“, schreibt dazu die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga). Normale bis hohe HDL-Werte bieten also eine Schutzwirkung gegen Arteriosklerose (Gefäßverkalkung) und senken das Risiko von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems.

Ursache in den Erbanlagen

Ein hohes LDL-Cholesterin ist also ein anerkanntes Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen – allerdings sagen die Werte allein nur wenig über den Nutzen von Behandlungen aus. Laut der Stiftung Gesundheitswissen ist die Ursache für erhöhte Cholesterinwerte in der Regel eine erbliche Veranlagung in Kombination mit einem ungesunden Lebensstil. Als häufige Auslöser gelten schlechte Ernährung, mangelnde Bewegung, Übergewicht (vor allem am Bauch) oder Adipositas. Erhöhte Cholesterinwerte können über viele Jahre unbemerkt bleiben. Oft bemerken Betroffene ihre Erkrankung gar nicht, die zu hohen Werte können auch per Zufall herauskommen, etwa bei einem regelmäßigen Check-up beim Hausarzt oder wenn eine andere Untersuchung gemacht wird. Neben der Bestimmung der Blutwerte ist auch die eigene Krankheitsvorgeschichte sowie die der Familie wichtig. Wie hoch der LDL-Cholesterin-Wert sein darf, hängt vom individuellen Gesamtrisiko der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ab. Allgemein gilt laut Leitlinie: Je mehr Risikofaktoren für Herz- und Kreislauf-Erkrankungen vorhanden sind, umso niedriger sollten die LDL-Cholesterinwerte sein.

Therapie von Hypercholesterinämie

Behandelt wird in der Regel mit Medikamenten, zum Beispiel mit so genannten Statinen, die das hohe LDL-Cholesterin im Blut senken. Sie wirken, allerdings sind die Nebenwirkungen nicht ganz ohne. Für Patienten mit einem schweren Risiko oder die schon einmal einen Herzinfarkt erlitten haben, gibt es seit einigen Jahren einen neuen Wirkstoff auf dem Markt. Der Antikörper PCKS9 („Proprotein Convertase Subtilisin/Kexin Typ 9“) ist ein noch junger Therapieansatz, der das Blutfett besser senkt und kaum Nebenwirkungen aufweist. Dieses Mittel kommt als Therapie allerdings erst dann infrage, wenn andere Lipidsenker keine Wirkung zeigen oder wenn eine Statintherapie aufgrund von Nebenwirkungen – dazu gehören etwa Muskelkrämpfe – abgebrochen werden muss. Das schreiben die gesetzlichen Krankenkassen vor, denn der neue Wirkstoff ist sehr teuer. Die Antikörper-Therapie kann auch mit einem Statin kombiniert werden. Der PCSK9-Antikörper wird alle 14 Tage mit einer Fertigspritze in die Bauchhaut, in den Oberarm oder Oberschenkel injiziert. Die Nebenwirkungen sollen minimal sein. Studien zufolge können bei unter zehn Prozent der Patienten grippeähnliche Symptome auftreten.

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