Herr Pohland, was unternimmt der Verband des E-Zigarettenhandels, um den Jugendschutz im Bereich der E-Zigaretten zu gewährleisten und Minderjährige vom Konsum dieser Produkte abzuhalten?
Die Mitglieder des VdeH haben sich bereits 2011, also fünf Jahre vor der Einführung der entsprechenden Jugendschutzgesetze, freiwillig dazu verpflichtet, ihre Produkte nur an Erwachsene abzugeben. Diese Selbstverpflichtung nehmen wir im Fachhandel sehr ernst. Vor der Einführung der Steuer wurden E-Zigaretten hauptsächlich über den Fachhandel vertrieben. In diesem Rahmen hat der Jugendschutz beispielhaft funktioniert, da Fachgeschäfte ihre Produkte nicht an Jugendliche verkaufen. Inzwischen geraten Minderjährige jedoch immer stärker ins Visier des Schwarzmarkts für E-Zigaretten. Mit seiner aktuellen Jugendschutzkampagne möchte der VdeH das öffentliche Bewusstsein dafür stärken und das Thema Jugendschutz branchenübergreifend in den Fokus rücken. Durch eine erhöhte Aufmerksamkeit hoffen wir, dass der Druck auf die Marktteilnehmer wächst, die den Jugendschutz bisher nicht ernst genommen haben.
Welche Rolle spielt der Schwarzmarkt dabei?
Wir schätzen, dass der Schwarzmarkt mittlerweile mindestens die Hälfte des gesamten Markts ausmacht – das dürfte viele überraschen. Oft wissen Konsumenten nicht, dass die Produkte, die sie dort kaufen, gar nicht verkehrsfähig sind und keine Kontrollen durchlaufen haben. Häufig beinhalten sie fragwürdige Stoffe oder überschreiten die erlaubte Füllmenge erheblich. Anders als beim Schwarzmarkt für Tabakwaren, der meist in „dunklen Ecken“ stattfindet, stehen diese Produkte offen im Regal oder an der Theke von Kiosken und Shisha-Shops und sind scheinbar legal. Fast wöchentlich berichten Zoll und Presse von Razzien in diesen Geschäften. Leider handelt es sich dabei vermutlich nur um die Spitze des Eisbergs. Zudem zeigt sich, dass die sehr milden Strafen kaum abschreckend wirken – viele illegale Händler setzen ihr Geschäft einfach fort. Dieser Schwarzmarkt schafft ein besorgniserregendes Umfeld und ist ein Nährboden für organisierte Kriminalität, die hier ein nahezu risikofreies Betätigungsfeld gefunden hat, mit enormen Gewinnen. Das alles geht zu Lasten des Jugend- und Gesundheitsschutzes in Deutschland.
Hat die Branche geschlafen oder warum gibt es einen so starken Schwarzmarkt?
Die legale Branche hält sich an die Jugendschutzbestimmungen und bietet geprüfte, sichere Produkte an, im Gegensatz zum Schwarzmarkt. Diese Entwicklung ist jedoch eine direkte Konsequenz verfehlter Regulierungspolitik. Auch wenn der Gesetzgeber sicher das Wohl der Verbraucher im Sinn hatte, zeigt sich, dass gut gemeint nicht gleich gut gemacht ist. Es wäre wünschenswert, dass eine neue Regierung die Chance nutzt, hier die richtigen Impulse zu setzen. Länder, die E-Zigaretten aktiv als Mittel der Gesundheitsfürsorge unterstützen, sind kurz davor rauchfrei zu werden. Das sollten auch wir hier in Deutschland anstreben.
Sind schärfere Regulierungen notwendig, um das Problem des Jugendschutzes zu lösen?
Neue Verbote würden die Situation eher verschärfen. Händler, die sich jetzt schon nicht an Gesetze halten, würden sich von weiteren Verboten kaum beeindrucken lassen und weiterhin illegal und ohne Rücksicht auf Altersgrenzen verkaufen. Das eigentliche Problem ist ein massives Vollzugsdefizit, also die Durchsetzung der bestehenden Regeln.
Aber müsste man nicht Werbung auf Instagram, TikTok & Co. verbieten?
Diese Form der Werbung ist bereits heute verboten. Dennoch sehen wir täglich, wie Influencer und illegale Händler in den sozialen Medien verbotene Werbung für ihre Produkte machen und diese oft direkt über ihre eigenen Kanäle verkaufen. Wir distanzieren uns klar von dieser Werbung und sind auch schon mehrfach juristisch dagegen vorgegangen. Unsere Möglichkeiten sind jedoch begrenzt, weshalb wir vor allem die Behörden und Plattformbetreiber in der Verantwortung sehen. Weitere Verbote helfen nicht, sondern würden eher den legalen Handel strangulieren. Das hätte gravierende Konsequenzen für Tausende von Arbeitsplätzen. Zudem würde der Staat erhebliche Steuereinnahmen verlieren. Verbote würden außerdem den Schwarzmarkt und die damit verbundene Kriminalität weiter anheizen, ohne das Problem an der Wurzel zu lösen.
Laut der WHO ist der Begriff „Harm Reduction“ nur ein gezieltes Marketing der Tabakindustrie, wie sehen Sie das?
Die WHO widerspricht damit eindeutig der wissenschaftlichen Evidenz. Die Schadensminderung ist ein seit Jahrzehnten anerkanntes Konzept. E-Zigaretten sind erheblich weniger schädlich als herkömmliche Tabakzigaretten und bieten eine hilfreiche Unterstützung für Raucher, die mit dem Rauchen aufhören möchten. Millionen von Menschen weltweit haben es dank der E-Zigarette geschafft, mit dem Rauchen aufzuhören und sind nun nicht mehr den tausenden schädlichen Substanzen des Tabakrauchs ausgesetzt. Viele Mediziner fordern derzeit zu Recht einen wissenschaftlich fundierten Umgang mit dem Thema Harm Reduction und eine sachlichere Debatte. Aktuell stehen zwei Prozent dampfende Jugendliche 15 Prozent rauchenden Jugendlichen gegenüber. Die Diskussion erweckt jedoch oft den Eindruck, als wären nicht nur die Verhältnisse umgekehrt, sondern auch die entsprechenden Risiken.
Mit Aromen wie Bubblegum oder Erdbeere nimmt man aber doch gezielt Kinder und Jugendliche ins Visier, oder?
Viele erwachsene Konsumenten bevorzugen fruchtige und süße Geschmacksrichtungen. Bei genauerem Hinsehen wird klar, warum das so ist: Sie wollen nicht nur vom Tabakkonsum, sondern auch vom typischen Tabakgeschmack Abstand gewinnen. Erwachsene Raucher, die auf E-Zigaretten umsteigen, sollten die Möglichkeit haben, aus einem breiten Angebot zu wählen, da Geschmacksvielfalt nachweislich zum Umstieg auf weniger schädliche Alternativen beiträgt. Es ist entscheidend, dass E-Zigaretten für Raucher weiterhin attraktiv bleiben, wenn sie als Hilfsmittel zum Rauchstopp langfristig wirksam und akzeptiert sein sollen.
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