Schwaches Herz

Immer mehr junge Menschen sind übergewichtig oder leiden an Bluthochdruck. Das erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Illustration: Sabine Zentek
Illustration: Sabine Zentek
Dr. Ulrike Schupp Redaktion

Jung, sportlich, herzkrank? Leider ist das gar nicht so unwahrscheinlich, wie eine Studie des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz  (DZHI) zeigte, die schon 2020 für Aufregung sorgte. 5.000 nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Würzburgerinnen und Würzburger zwischen 30 und 79 Jahren wurden auf die ersten beiden, noch symptomlosen, Vorstufen einer Herzschwäche hin untersucht. Das Ergebnis, das selbst die Forschenden überraschte: Rund 60 Prozent waren betroffen, darunter viele Jüngere. 42 Prozent der Untersuchten hatten zumindest einen starken Risikofaktor wie Übergewicht oder Bluthochdruck. In hohem Maße betraf dies Teilnehmende zwischen 30 und 39. Per Ultraschall bereits erkennbare, aber noch symptomlose Veränderungen am Herzen wie verdickte Herzwände oder Einschränkungen der Pumpfunktion zeigten sich bei etwa 17 Prozent.

Eine Herzschwäche entwickelt sich dabei zunächst unbemerkt, meist über Jahre hinweg und führt erst spät zu einer dramatisch verminderten Sauerstoffversorgung der Organe. Die Betroffenen leiden dann unter Atemnot, vor allem bei Belastung, unter geschwollenen Beinen und verminderter Leistungsfähigkeit. In Deutschland gehen etwa 40 Prozent aller Sterbefälle auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurück. Allein 2019 mussten etwa zwei Millionen Menschen aufgrund einer Herz-Kreislauf-Erkrankung in einem Krankenhaus stationär behandelt werden. Fast vier Millionen leiden an Herzinsuffizienz.

Bei den Würzburgern überraschte vor allem eine Gruppe von Teilnehmenden, die keine relevanten Risikofaktoren aufwies. Es handelte sich dabei zu rund 80 Prozent um Frauen im Durchschnittsalter von etwa 47 Jahren, die erkennbare Veränderungen am Herzen aufwiesen, aber weder Übergewicht noch einen zu hohen Blutdruck hatten und gesund lebten. Bislang konnten die Forschenden nicht klären, ob hier ein unbekannter Risikofaktor eine Rolle spielt oder ob nicht sogar die Grenzwerte falsch angesetzt sind. Das heißt, die erkennbare Veränderung am Herzen liegt bei diesen Frauen in einem Bereich, der noch kein Risiko für die Entwicklung einer Herzschwäche darstellt. Nicht alle, bei denen Vorstufen von Herzinsuffizienz erkennbar sind, gelten damit schon als herzkrank oder entwickeln zwingend einen klinischen Befund.

Folgeuntersuchungen sollen nun zeigen, wer tatsächlich an einer Herzinsuffizienz erkrankt, um dann eventuell die Risikofaktoren neu zu bewerten. Einige liegen allerdings schon jetzt auf der Hand. Diabetes, eine der häufigsten Ursachen für Herzschwäche, bleibt oft zu lange unentdeckt, da sie zunächst symptomlos verläuft. Bei jüngeren Menschen mit Herzproblemen kann eine ererbte Stoffwechselerkrankung eine Rolle spielen, ebenso wie ein angeborener Herzfehler. Schlecht ausgeheilte Infektionen können das Herz schädigen, zum Beispiel führt eine nicht vollständig auskurierte Grippe häufiger zu Herzmuskelentzündung. Und auch wer sportlich ist, bleibt von Herzproblemen manchmal nicht verschont. Das Training gleicht vorhandene Schwächen zunächst aus, sodass Herzprobleme oft zu spät bemerkt werden.
 

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