Neuer Goldstandard in der Kryoballon-Ablation?

Vorhofflimmern gehört zu den häufigsten Formen von Herzrhythmusstörungen. Unbehandelt schreitet die Erkrankung fort – im schlimmsten Fall drohen Gefäßverschlüsse oder Schlaganfall.
PROF. DR. MED. ROLAND RICHARD TILZ Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, Sektionsleiter Elektrophysiologie Medizinische Klinik II (Kardiologie, Angiologie, Intensivmedizin) – UKSH
PROF. DR. MED. ROLAND RICHARD TILZ Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, Sektionsleiter Elektrophysiologie Medizinische Klinik II (Kardiologie, Angiologie, Intensivmedizin) – UKSH
Boston Scientific Medizintechnik GmbH Beitrag

Vorhofflimmern ist zur Volkskrankheit geworden. Verantwortlich für das anfallsartige Herzrasen sind oft arrhythmogene Zonen der in den linken Herzvorhof mündenden Lungenvenen (Pulmonalvenen). Sie erzeugen elektrische Impulse, die das Herz aus dem Takt bringen und zu Vorhofflimmern führen können. Werden die für die Rhythmusstörung verantwortlichen Zellen verödet (Ablation), können sich die fälschlicherweise erzeugten Signale nicht mehr ausbreiten und eine Rhythmusstörung auslösen. Ein Goldstandard ist die Kryo-Ablation, bei der mit extrem niedrigen Temperaturen und möglichst nur einer Energieabgabe verödet wird; die neueste Technologie POLARx erreicht in kürzester Zeit sogar -70° C. Wir haben mit Professor Dr. med. Tilz über dieses innovative Ablationsverfahren gesprochen.

Herr Professor Tilz, was ist das Besondere an der Kryoballon-Technologie?

Die Kryo- oder Kälte-Ablation ist ein modernes und sehr effektives Therapieverfahren. Da sich der Ballon gut an die Vorhofwände anpassen kann, ist eine flächige statt nur eine punktuelle Ablation möglich. Außerdem ist die Verödung mit Kälte sehr schonend und sicher und es kommt seltener zum erneuten Auftreten der Rhythmusstörungen.

Worin besteht der Fortschritt der neuen POLARx Technologie gegenüber bisherigen Kryoballons?

POLARx wurde zusammen mit sehr erfahrenen Anwendern ent-wickelt. Herausgekommen ist eine innovative Technologie mit vielen Weiterentwicklungen. Die Bedienung ist sehr komfortabel und – das ist mir wichtig – das POLARx System macht die Ablation noch sicherer: Unter anderem wird das Zwerchfell ständig überwacht, gekoppelt mit einem optischen und akustischen Warnsignal. Nicht zuletzt ermöglicht der Kryoballon eine besonders präzise Energieabgabe aufgrund der extremen Flexibilität des Ballonmaterials – die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche und auch sichere Ablation.

Trotz der guten Erfolgsaussichten zögern viele Patienten den Eingriff hinaus. Weshalb?

Meist ist es Unsicherheit oder Angst, weshalb Patienten zögern. Vor allem Angst vor dem Eingriff nehme ich ernst und versuche, diese abzubauen. Braucht der Patient noch Bedenkzeit, vereinbare ich einen verbindlichen zweiten Termin. Ganz oft ist dann die Entscheidung klar. 

Was raten Sie Patienten, die unentschieden sind?

Jeder Patient sollte wissen, dass Vorhofflimmern behandelt werden muss, denn es ist eine fortschreitende Erkrankung – verbunden mit dem Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Ich spreche auch medikamentöse Alternativen an, gebe jedoch zu bedenken, dass Medikamente ebenfalls Risiken haben. Und: Bei etwa 20 % schreitet die Erkrankung trotzdem fort. Nach einer Kryo-Ablation sind es dagegen lediglich 2 %. Studien und die Praxis zeigen, dass eine Kryo-Ablation eine sehr wirksame und sichere Therapie ist, vor allem wenn sie frühzeitig erfolgt. Der ideale Patient ist jung und das Vorhofflimmern ist noch nicht chronifiziert. Selbst stark ausgeprägte Symptome lassen sich dann effektiv mindern und Folgeschäden vermeiden. 

www.bostonscientific.com

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