Herr Prof. Mackensen, Sie bieten Ihren Patienten die CAR-T Zelltherapie an. Was verbirgt sich dahinter?
Bei dieser, für jeden Patienten individuell hergestellten, zell-basierten Immuntherapie werden die Abwehrzellen, sogenannte T-Lymphozyten, des Patienten aus dem Blut isoliert und anschließend über gentechnologische Methoden mit einem zusätzlichen Oberflächenprotein, dem CAR, versehen. So können diese umprogrammierten Immunzellen nach Rückgabe in den Blutkreislauf des Patienten als Killerzellen die Leukämie beziehungsweise das Lymphom erkennen und potenziell abtöten. Der gesamte Herstellungsprozess für die CAR-T Zelltherapie ist sehr komplex und dauert etwa vier Wochen.
Warum war Ihr Interesse so groß, diese immunerweiternde Therapie in Ihrer Klinik anzubieten?
Wir forschen in unserer Klinik schon sehr lange an innovativen Ansätzen zur zellbasierten Tumor-Immuntherapie und haben uns dieses Thema als wissenschaftlichen Schwerpunkt auf die Fahne geschrieben. Für die CAR-T Zelltherapie im Speziellen interessieren wir uns hier in Erlangen, weil wir unseren Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie, kurz ALL, und Lymphdrüsenkrebs, die für diese Therapie in Frage kommen, dieses Verfahren anbieten wollen.
Die CAR-T Zelltherapie ist eine Option für diese schwer kranken Patienten?
Es ist ist sicher noch zu früh, hier zu verallgemeinern. Wir haben jedoch erste positive Erfahrungen mit der CAR-T Zelltherapie sowohl bei Patienten mit ALL als auch mit Lymphdrüsenkrebs machen können. Einige der ersten Patienten kamen in sehr schlechtem Allgemeinzustand mit weit fortgeschrittener Tumorerkrankung zu uns und stehen heute zum Teil schon wieder im Berufsleben. Das ist natürlich vielversprechend und erfreulich. Wir haben jedoch auch Patienten, bei denen die Therapie leider nicht angeschlagen hat.
Gibt es Erkenntnisse, wovon das Therapieansprechen abhängen kann?
Es gibt Vermutungen, aber noch keine klaren Erkenntnisse. Sicherlich spielen die Tumorlast sowie die Therapien, die der Patient bereits durchlaufen hat, eine wichtige Rolle für das Therapieansprechen mit CAR-T Zellen. Insofern sollte bei einem Rückfall oder Nicht-Ansprechen auf die Standardtherapie bei Patienten mit ALL oder hochmalignem Lymphom möglichst frühzeitig eine CAR-T-Therapie in Erwägung gezogen werden.
Welche Nebenwirkungen sind mit der CAR-T Zelltherapie verbunden?
Die häufigsten Nebenwirkungen sind das sogenannte Zytokin-Freisetzungssyndrom sowie neurologische Ereignisse, die in der Regel innerhalb der ersten 8 Wochen nach der Infusion der CAR-T Zellen auftreten. Die neurologischen Nebenwirkungen können sich in Form von Verwirrtheitszuständen bis hin zum Delirium manifestieren, in seltenen Fällen kann auch eine Hirnschwellung auftreten. Das erstgenannte Zytokin-Freisetzungssyndrom ist die Folge einer Überreaktion des körpereigenen Immunsystems. Erste Anzeichen können unter anderem Fieber und grippeähnliche Symptome sein. Ausmaß und Schweregrad sind unterschiedlich. Die Nebenwirkungen waren in den klinischen Studien bei sofortiger Behandlung alle reversibel. Sie sind jedoch einer der Gründe, weshalb die CAR-T Zelltherapie nur in qualifizierten Zentren angeboten wird.