Herr Völker, was ist personalisierte Medizin?
Medikamen-te wirken bei jedem Menschen individuell, abhängig von der jeweiligen genetischen Disposition. Während sie bei einem Menschen gut anschlagen, können sie bei anderen gar nicht wirken oder aber zum Teil schwerwiegende Nebenwirkungen haben. Mit der personalisierten Medizin versuchen wir, die individuelle Therapie zu finden, die bestmöglich anschlägt.
Wie genau?
Indem wir Medizinwissen mit modernster IT verbinden. Wir arbeiten bei Molecular Health seit über einem Jahrzehnt am weltweit größten Data Warehouse für biomedizinische Daten. Die Ergebnisse der molekularen Laboranalyse eines Patienten werden dort mit dem weltweit verfügbaren medizinischen Wissen abgeglichen. Mittels einer speziellen Software leitet das System dann eine individuelle Therapieempfehlung ab.
Können Sie das näher erläutern?
Gern. Am Beispiel der Krebstherapie wäre ein typischer Einsatz wie folgt: Bei einem soliden Tumor wird eine Gewebeprobe entnommen und die 613 krebsrelevanten Gene werden analysiert. Anhand dieser Analyse wird dann das Gen identifiziert, das mutiert ist und damit den Krebs auslöst. Anschließend gleicht unsere Software diese Informationen mit den vorhandenen Therapieinformationen ab – inklusive individueller Neben- und möglicher Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Das Ergebnis ist eine direkt auf den Patienten zugeschnittene Therapieempfehlung an den behandelnden Arzt.
Und Ihre Datenbank ist immer aktuell?
Die Aktualität unserer Datenbanken über das Weltwissen der Medizin liegt bei etwa einer Woche. Das ist unglaublich aktuell, betrachtet man die regelrechte Flut neuer Studien, die insbesondere aus der Krebsforschung derzeit auf uns zurollt. Wir haben das einmal intern hochgerechnet: Würde ein Arzt nur zwei Artikel täglich lesen, benötigt er rund zehn Jahre, um alle onkologischen Publikationen des letzten Jahres zu kennen.
Was passiert mit den Patientendaten in Ihrer Datenbank?
Wir erfassen keine persönlichen Daten, den Patienten kennt nur der behandelnde Arzt. Die Laborproben, die wir erhalten sind anonym codiert. Uns interessiert die Genetik der Tumorzellen. Daraus leiten wir die Informationen für die zielgerichteten Therapievorschläge ab und trainieren unsere Datenbank, die wir anschließend für Ärzte und die Forschung zur Verfügung stellen.
Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA arbeitet mit Ihrer Software?
Genau und darauf sind wir sehr stolz. Die FDA hat sich gerade im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung für unsere Software SafetyMAP als Referenzsystem zur Prüfung der Medikamentensicherheit entschieden. Hier geht es um die molekulare Analyse arzneimittelinduzierter Nebenwirkungen sowie die Vorhersage von Sicherheitsproblemen bei neuen Arzneimittelkandidaten. Sie sehen, der Einsatz unserer Datenbank und Software ist sehr vielseitig. Deshalb werden wir künftig neben der Krebstherapie auch bei anderen Erkrankungen und in der Prävention aktiv werden. Personalisierte Medizin ist kein Trend, sondern bereits Realität.
Dipl. Ing. Lutz Völker; Geschäftsführer Molecular Health GmbH