Erschwerte Bedingungen

Eine seltene Knochenerkrankung zu erkennen, ist extrem schwierig. Vor allem Kinder haben bis zur Diagnose oft einen langen Weg hinter sich.
Illustration: Robert Seegler
Mirko Heinemann Redaktion

Etwa der „Glasknochen”. Die korrekterweise Osteogenesis imperfecta genannte Erkrankung tritt nur bei einem von 10.000 Menschen auf. Damit addiert sich die Zahl der Betroffenen deutschlandweit auf etwa 5.000 Menschen. Die Ausprägungen sind unterschiedlich, wie auch die Vehemenz der Erkrankung. Viele Betroffene sind kleinwüchsig, ihre Knochen brechen bei leichten Belastungen. Die Wirbelsäule ist verformt, es kommt zu Skoliosen. Viele Glasknochen-Patienten sitzen im Rollstuhl und benötigen einen persönlichen Assistenten.


Ursache ist eine Veränderung des Kollagens, das zu 90 Prozent den Knochen ausmacht. Der Knochen wird porös und zerbrechlich, tatsächlich wie Glas. Dass die Krankheit sehr verschieden auftritt, manchmal auch in leichter Form, erschwert die Diagnose. Heilung gibt es nicht. Ärzte können allenfalls versuchen, etwa mit Hilfe von Hormonen, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und abzumildern.


Seltene Knochenerkrankungen sind in der Regel sehr schwer zu diagnostizieren. Die Krankheiten tragen Namen wie Hypophosphatasie, Enchondromatose, Gorham-Stout, Kraniosynostose oder Fibrodysplasia Ossificans Progressiva (FOP). Eine Gruppe von Wachstumsstörungen sind die Osteochondrosen. Darunter zählen Krankheiten wie Morbus Köhler, Perthes-Legg-Calvé-Krankheit, Morbus Osgood-Schlatter und die Scheuermann-Krankheit. Sie entstehen, wenn ein Kind sehr schnell wächst. Ärzte sind sich nicht sicher, was eine Osteochondrose verursacht, aber die Störungen scheinen erblich bedingt.


Das trifft auf viele seltene Knochenerkrankungen zu: Sie sind auf einen Gendefekt zurückzuführen. Doch außerdem gibt es Erkrankungen, die durch Verletzungen, Infektionen oder Krebs verursacht werden. Manche treten während des Wachstums auf, andere erst im Erwachsenenalter. Andere scheinen gar keine Ursache zu haben. Bei manchen Kindern verschwinden einige Erkrankungen mit der Zeit von selbst, andere müssen chirurgisch oder pharmazeutisch behandelt werden. Manchmal verursachen Knochenerkrankungen schmerzlose Verformungen. Andere lösen Schmerzen oder Schwierigkeiten bei der Bewegung aus, bei anderen sind die Symptome unscharf. Selbst gut ausgebildete Kinderärzte können seltene Erkrankungen oft nicht erkennen. Eltern, deren Kinder daran leiden, irren oft lange von Arzt zu Arzt.


Die Therapie richtet sich nach der jeweiligen Erkrankung. Gerade bei Kindern ist die richtige Behandung schwierig. Denn ihre Knochen wachsen beständig und verändern ihre Form umfassend.


Altes Gewebe wird nach und nach durch neues ersetzt. Viele Knochenerkrankungen entstehen auch durch Veränderungen des wachsenden Bewegungsapparats des Kindes. Sie verbessern oder verschlimmern sich, während das Kind wächst. Für Kinder sind solche Erkrankungen zudem häufig psychisch belastend. Zahlreiche chirurgische Eingriffe, Gehhilfen oder Korsette verstärken das Gefühl, abgehängt und „nicht normal” zu sein. Eltern sollten keine Scheu haben, psychologische Hilfe zu Rate zu ziehen.

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