Amanitin – Neues Wirkprinzip gegen Krebs

Heidelberg Pharma entwickelt hochwirksame und nebenwirkungsarme Medikamente für die gezielte Krebsbehandlung.

Professor Andreas Pahl, CEO Heidelberg Pharma
Professor Andreas Pahl, CEO Heidelberg Pharma
Heidelberg Pharma Beitrag

Heidelberg Pharma ist das erste Unternehmen, das das Zellgift Amanitin in der Krebstherapie einsetzt. Dabei bedient sich das Unternehmen der ADC-Technologie, die ausgewählte Antikörper mit Wirkstoffen belädt und sie direkt in die erkrankten Zellen transportiert. Das Toxin kann dort seine Wirkung entfalten und die Zelle abtöten, ohne gesundes Gewebe anzugreifen. Dieser zielgerichtete Wirkmechanismus ist wesentlich nebenwirkungsärmer als beispielsweise Chemotherapien, was zu mehr Lebensqualität während der Behandlung führt.

Das von Heidelberg Pharma verwendete ATAC gehört zu den ADCs der sogenannten dritten Generation, die die Limitierungen der seit den 1990er Jahren entwickelten ersten ADCs überwinden. Denn ADCs waren lange Zeit den ihnen innewohnenden eigenen Begrenzungen unterworfen: Sie konnten nicht hoch genug dosiert werden, um die erwünschte Wirksamkeit zu erreichen. Unabhängig vom Zielantigen und Antikörper traten in klinischen Studien Nebenwirkungen auf, die den Schluss zuließen, dass das verwendete Zellgift dafür verantwortlich war.

In der Folge konzentrierten sich Unternehmen darauf, geeignete Toxine zu finden, um diese Einschränkungen zu überwinden. Die meisten der aktuell entwickelten ADCs verwenden als Beladung entweder sogenannte Spindelgifte (Tubulin-Inhibitoren) oder wirken über die DNA, was sie abhängig von der Zellteilung macht.
 

NEUARTIGER WIRKMECHANISMUS


Das von Heidelberg Pharma verwendete Pilzgift Amanitin ist eines der fortschrittlichsten Beispiele für eine neue Beladung von ADCs. Im Unterschied zu anderen Toxinen erfolgt der Zelltod unabhängig von der Zellteilung.

Die Hemmung der RNA-Polymerase durch Amanitin ist ein vollkommen neuartiges Prinzip in der Krebstherapie und bietet die Möglichkeit, Arzneimittelresistenzen zu durchbrechen und schlafende Tumorzellen zu zerstören, was zu bedeutenden Fortschritten in der Krebstherapie führen könnte – auch bei Patienten, die auf keine andere Behandlung mehr ansprechen.
 

VIELVERSPECHENDE KLINISCHE ERGEBNISSE


Der erste Wirkstoffkandidat auf Amanitin-Basis, HDP-101, wird von Heidelberg Pharma derzeit in einer klinischen Studie in der Indikation Multiples Myelom, der weltweit zweithäufigsten Blutkrebserkrankung, erprobt. Die ersten klinischen Ergebnisse sind vielversprechend. Bei einigen Patienten erreichte HDP-101 ein partielles Ansprechen und damit eine objektive Verbesserung der Erkrankung bis hin zu einer vollständigen Remission bei einer Patientin. HDP-101 erweist sich bisher als gut verträglich und zeigt keine Anzeichen von Nebenwirkungen, die mit dem Zellgift in Verbindung gebracht werden könnten. 

„Ganz besonders stolz sind wir darauf, dass wir bei einer Patientin ein vollständiges Verschwinden der Tumorzellen zeigen konnten. Die Patientin hatte sich über zwanzig Jahre hinweg neun verschiedenen Therapien unterzogen. Das Feedback in der Fachwelt ist einheitlich: Niemand hätte gedacht, dass wir jetzt in der zehnten Linie mit einem Medikament noch ein komplettes Verschwinden der Tumorzellen erreichen können“, so Andreas Pahl, CEO von Heidelberg Pharma.

www.heidelberg-pharma.com
 

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