Familie als Ressource

Ein guter Zusammenhalt in der Familie hilft auch in schwierigen Zeiten. Wo er fehlt, sind Hilfsangebote gefragt.

Illustration: Olga Aleksandrova
Illustration: Olga Aleksandrova
Dr. Ulrike Schupp Redaktion

Keine Schule, kaum Sport mit Freunden, abgesagte Abschlusspartys, dafür aber ungewöhnlich viel Zeit allein zuhause und vor dem Bildschirm. Psychisch hat die Corona-Pandemie Kinder und Jugendliche stark belastet. Viele von ihnen brauchen auch jetzt noch Unterstützung. Einer großangelegten Studie des Uni Klinikums Hamburg Eppendorf zufolge haben Ängste, depressive Symptome und psychosomatische Beschwerden mit dem Beginn der Pandemie drastisch zugenommen. Die COPSY-Studie („Corona und Psyche“) untersuchte in mehreren über die Jahre verteilten Befragungsrunden neben den Auswirkungen der Pandemie auch die Faktoren, die Kindern und Jugendlichen halfen, gut durch die Krise zu kommen. Forschende beleuchteten unter anderem das soziale Umfeld, die Situation der Familie, den Medienkonsum und die Ernährungsgewohnheiten. Ergebnis: Wem es schon vor der Pandemie gut ging, der hatte auch währenddessen weniger zu leiden. Kinder aus „stabilen Familienverhältnissen“ überstanden Lockdown, Kita- und Schulschließungen vergleichsweise gut. Familien oder Lebensgemeinschaften, deren Mitglieder gern Zeit miteinander verbrachten und die sich einander zugehörig fühlten, bildeten eine echte Ressource. Durch ihren Zusammenhalt gewannen die Familienmitglieder an Resilienz.

Kinder krisenfest machen


Auch für die Zukunft wird die Zugehörigkeit wichtig sein. Sie lässt sich durch Gespräche, gemeinsame Erlebnisse, Ausflüge oder Urlaube, die allen etwas bieten, fördern.

Kinder und Jugendliche aus „sozial schwächeren Verhältnissen“ litten während der Pandemie stärker unter Stress. Der zeigte sich zum Beispiel in Gereiztheit, Einschlafschwierigkeiten und Niedergeschlagenheit. Die Ursachen für eine soziale Benachteiligung können dabei vielfältig sein. Ein niedriger Bildungsstand der Eltern, beengte Wohnverhältnisse, psychische Belastungen der Bezugspersonen, oder Diskriminierung aufgrund eines Migrationshintergrunds zählen dazu. Kindern aus dysfunktionalen Familien, in denen Grundbedürfnisse nach Liebe, Versorgung, materieller Sicherheit und körperlicher sowie seelischer Unversehrtheit nicht erfüllt werden, fehlte das pädagogische Korrektiv aus Schule oder Kita oder Sportverein. „Es darf nicht von persönlichen Ressourcen oder vom sozialen Status der Familie abhängen, wie gut junge Menschen Krisen überstehen. Wir sind als gesamte Gesellschaft gefordert, die Belastungen für junge Menschen abzumildern – besonders für diejenigen, die stärker belastet sind als andere“, sagt Familienministerin Lisa Paus. Doch noch immer warten Kinder und Jugendliche oft mehrere Monate auf einen Therapieplatz. Im Rahmen eines Modellprogramms des Bundesfamilienministeriums sollen ab Winter 2023 Mental Health Coaches an Schulen Kindern und Jugendlichen bei Sorgen und Problemen als „erste Hilfe“ zur Seite stehen und sie falls nötig in weitere Unterstützungsangebote vermitteln. Kinder können außerdem direkt beim Jugendamt psychosoziale Beratung in Anspruch nehmen, sogar ohne dass ihre Eltern darüber informiert werden, während psychisch kranke Eltern bei Erziehungsberatungsstellen niedrigschwellige Hilfsangebote finden.
 

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