Moderne Waffen gegen den alten Feind

Krebs ist ein Geschwür, das die ganze Welt erfasst, der Mensch hält mit immer neuen Präventions-, Diagnose- und Therapieverfahren dagegen – ein Überblick.

Illustration: Ivonne Schreiber
Illustration: Ivonne Schreiber
Frank Burger Redaktion

Laut dem Zentrum für Krebsregisterdaten am Robert-Koch-Institut (RKI) erkrankten im Jahr 2022 in Deutschland 236.394 Frauen und 267.772 Männer neu an Krebs, 106.020 Frauen starben an einem Karzinom, ebenso wie 124.238 Männer – Krebs war damit wie seit vielen Jahren hierzulande die zweithäufigste Todesursache, übertroffen nur von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die International Agency for Research on Cancer (IARC) schätzt für 2022 weltweit knapp 20 Millionen Krebsneuerkrankungen sowie 9,8 Millionen Krebstote und prognostiziert für das Jahr 2050 rund 35,3 Millionen Neuerkrankungen sowie 18,5 Millionen Todesfälle
 

NEUE VERFAHREN


Die nackten Zahlen können Krebs wie einen übermächtigen Feind erscheinen lassen. Doch auch der Mensch und seine Waffen im Kampf gegen den Krebs werden stärker: Zahlreiche Fortschritte in Forschung und Technologie treiben neue Ansätze in Therapie, Diagnose und Vorsorge voran. In den vergangenen Jahren haben vor allem genauere Diagnostikmethoden, innovative Behandlungsmöglichkeiten und personalisierte Präventionsmaßnahmen an Bedeutung gewonnen – verbunden mit den rapide zunehmenden Optionen, die sich aus der Digitalisierung ergeben, machen sie Hoffnung für die Zukunft.

Das zeigt sich schon am allerersten Glied der Krebsbekämpfungskette, denn Mediziner:innen können Tumoren immer früher und präziser erkennen. Verantwortlich dafür sind unter anderem moderne bildgebende Verfahren wie PET/CT- und MRT-Scans, die Ärzt:innen detaillierte Einblicke in das Tumorwachstum bieten. Darüber hinaus wird zunehmend Künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt, um die so gewonnenen Aufnahmen effizient zu analysieren – Studien zeigen, dass KI Tumoren teilweise sogar genauer diagnostizieren kann als der Mensch allein.

Ein weiteres vielversprechendes Diagnoseverfahren ist die sogenannte Flüssigbiopsie, bei der eine kleine Blutprobe auf zirkulierende Tumorzellen und DNA-Spuren des Krebses untersucht wird. Dieses Verfahren ermöglicht nicht nur eine frühzeitige Entdeckung von bösartigem Gewebe, sondern auch eine genaue Überwachung des Behandlungserfolgs und potenzieller Rückfälle. Zudem gibt es immer mehr genetische Tests, die dazu beitragen können, das individuelle Krebsrisiko zu bestimmen und gezielt Präventionsmaßnahmen zu ergreifen.

Individualisierung und personalisierte Therapie ist generell einer der ganz großen Trends in der Onkologie. Das Prinzip lautet, die Behandlung exakt auf die genetischen Eigenschaften des Tumors und die molekulare Struktur der Patientinnen und Patienten abzustimmen. Bei zielgerichteten Therapien kommen Medikamente zum Einsatz, die spezifische Schwachstellen der Tumorzellen attackieren, ohne das umliegende gesunde Gewebe zu schädigen. Diese Herangehensweise reduziert die Nebenwirkungen im Vergleich zu klassischen Chemotherapien erheblich.
 

DEM GENOM AUF DER SPUR


Weniger Nebenwirkungen sind auch ein positiver Aspekt eines Ansatzes, der die Krebsbehandlung in den vergangenen Jahren geradezu revolutioniert hat und durch zahlreiche Artikel und Beiträge in Publikumsmedien mittlerweile auch in der breiten Öffentlichkeit bekannt ist: Immuntherapien – also Verfahren wie beispielsweise Checkpoint-Inhibitoren und CAR-T-Zelltherapien, die dem Immunsystem helfen, den Tumor zu erkennen und aktiv zu bekämpfen. 

Eng damit verbunden ist die Genomsequenzierung von Tumoren. Sie erlaubt es, genau jene genetischen Mutationen zu identifizieren, die für das Tumorwachstum verantwortlich sind. Das sogenannte Tumor-Profiling hilft Mediziner:innen, die effektivste Therapiemethode für den jeweiligen Tumor auszuwählen. Mithilfe dieser diagnostischen Technik lässt sich das Wachstum des Tumors überwachen und die Therapie flexibel anpassen.

Doch bei allen Fortschritten in Therapie und Früherkennung: Das wahre Gold wäre es, Krebs gar nicht erst entstehen zu lassen. In der Krebsvorsorge nehmen Präventionsprogramme daher eine zentrale Rolle ein. Das sind zum einen noch immer die klassischen Aufklärungskampagnen, die zu gesunder Ernährung, regelmäßiger Bewegung und dem Verzicht auf schädliche Stoffe wie Tabak und Alkohol aufrufen – zum anderen aber auch der wachsende Bereich der genetischen Beratung, bei der das persönliche Krebsrisiko auf Basis erblicher Merkmale und der Familiengeschichte ermittelt wird. Personen mit einem erhöhten Risiko für bestimmte Krebsarten können so gezielt überwacht und frühzeitig behandelt werden.

Ein weiteres wichtiges Präventionsinstrument ist die Impfung gegen humane Papillomviren (HPV), die als Hauptursache für Gebärmutterhalskrebs gelten. Der Erfolg der HPV-Impfung, die seit 2007 in Deutschland von der ständigen Impfkommission empfohlen wird, zeigt, dass Vakzine eine wirkungsvolle Präventionsmaßnahme gegen virusinduzierte Krebserkrankungen sind – und Forschende an Hochschulen sowie in Biotech-Unternehmen arbeiten bereits an Impfstoffen gegen weitere krebsauslösende Viren wie das Epstein-Barr-Virus, das mit Nasopharynx-Karzinomen und bestimmten Lymphomen in Verbindung gebracht wird.
 

KI ANALYSIERT DATENMENGEN


Den Wissenschaftler:innen kommt dabei eine Entwicklung zugute, die mit Medizin an sich gar nichts zu tun hat, aber in allen Bereichen der Wissenschaft, ja der Welt, den Fortschritt treibt: die Erfassung, Verfügbarkeit und Vernetzung fast unermesslicher Datenmengen. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens eröffnet völlig neue Möglichkeiten für die Krebsforschung und -behandlung, die Analyse riesiger Datensätze ermöglicht eine genauere Bewertung von Krankheitsverläufen und fördert Wissensaustausch. Elektronische Patientenakten erleichtern dem medizinischen Personal den Zugriff auf wichtige Gesundheitsdaten und lassen eine vernetzte Diagnostik sowie Therapieplanung zu.

Die Kombination aus Big Data und KI-Algorithmen bietet darüber hinaus neue Perspektiven, um Muster und Trends in Krebserkrankungen zu erkennen, mit maschinellem Lernen können individuelle Krankheitsverläufe vorhergesagt werden – KI-basierte Tools könnten in Zukunft gar personalisierte Behandlungsempfehlungen geben, die auf der Analyse von Millionen von Patientendaten beruhen.

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