Individuell behandelt

Jeder Krebs ist anders und nicht alle Betroffenen sprechen auf dieselben Medikamente an. Zielgerichtete Therapien sollen individuelle Behandlungen möglich machen.

Illustration: Olga Aleksandrova
Illustration: Olga Aleksandrova
Dr. Ulrike Schupp Redaktion

Statt einer Behandlung nach dem Gießkannenprinzip ist es in der Krebsmedizin mittlerweile Standard, die individuellen Therapiemöglichkeiten der Betroffenen zu ermitteln. Eine wichtige Rolle spielen dabei personalisierte oder zielgerichtete Therapien. Hier geht es unter anderem darum, das Genom, die Erbinformation der Zellen eines Tumors, zu entschlüsseln, um so die Wirksamkeit einer Behandlung mit neueren Medikamenten einzuschätzen und sie so individuell wie möglich auf die Patientin oder den Patienten abzustimmen. 

Körperzellen erneuern sich täglich. Ein Tumor kann durch Mutation aus einer einzigen fehlerhaften Zelle entstehen, die den körpereigenen Schutz- und Reparaturmechanismen entgeht. Die Ursachen hierfür reichen von Veranlagungen bis hin zu Umwelteinflüssen oder dem Lebensstil einer Person. Menschen, die auf den ersten Blick genau die gleiche Diagnose haben, die zum Beispiel an Lungen- oder Darmkrebs leiden, sprechen trotzdem oft nicht auf dieselbe Therapie an. Das Tumorgewebe der Betroffenen zeigt nämlich auch individuelle Merkmale ihrer Körperzellen. Personalisierte Therapien nutzen Medikamente, die sich gegen die Merkmale des Tumors richten, die das Wachstum seiner Zellen fördern. 

Genaue Analyse der Tumorstrukturen 
Dazu gehören zum Beispiel sogenannte Kinase-Inhibitoren, die bestimmte Enzyme blockieren oder künstlich hergestellte Antikörper. Damit sie wirken, ist vorab eine genaue Analyse der Strukturen der Tumorzellen nötig, beispielsweise der Signalwege in ihrem Inneren. Zielgerichtete Therapien können auch die Versorgung der Tumorzellen mit Nährstoffen und Sauerstoff unterbinden oder den Stoffwechsel der Zellen angreifen. Zum Einsatz kommen sie entweder allein, in Kombination mit einer Chemotherapie oder auch mit einer Strahlentherapie. Besonders positiv sind die Ergebnisse bisher bei einigen Formen von Leukämie, bei Brustkrebs und schwarzem Hautkrebs. Allerdings wirken die Medikamente nicht bei allen, die an Krebs erkrankt sind. Die Medizin hat ihr Ziel, gänzlich individuelle Krebsmedikamente herstellen zu können noch nicht erreicht, doch die Behandlungsgruppen werden immer kleiner und damit individueller.

Verbesserte Behandlungsstandards 
Beispielhaft für Erfolg und Wirkung zielgerichteter Therapien ist ein Projekt, das vor kurzem erst mit dem deutschen Krebspreis für klinische Forschung, einer der begehrtesten Auszeichnungen in der Onkologie, ausgezeichnet wurde. Die Professorinnen Nadia Harbeck und Ulrike Nitz leiten die Westdeutsche Studiengruppe (WSG), die deutschlandweite, klinische Studien zur Behandlung des frühen Brustkrebses durchführt. Die Wissenschaftlerinnen konnten durch präzise Risikoeinschätzung mittels des genetischen Fingerabdrucks des Tumors in Kombination mit dem individuellen Ansprechen auf eine kurze präoperative Behandlung zeigen, dass der Verzicht auf eine ergänzende Chemotherapie bei der häufigsten Form von Brustkrebs ohne Beeinträchtigung der Heilungschancen möglich ist. Für eine große Gruppe von Patientinnen konnten sie so die Datengrundlage schaffen, um die Behandlungsstandards nachhaltig und sicher zu ändern. 
 

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