„Das Herz der Lebewesen ist der Grundstock ihres Lebens“ – so begann 1628 William Harvey die Einleitung zu seiner Schrift „Die Bewegung des Herzens und des Blutes“. Dem englischen Arzt verdanken wir mit seinem Werk eine medizinische Erkenntniswende, denn Harvey gilt als der erste Mediziner, der die Funktion des Herzens und des Kreislaufes korrekt beschrieb. Seit der Antike hatte man geglaubt, das Blut werde in der Leber produziert, durch Kontraktion der Arterien durch den Körper gepumpt und dort verbraucht.
»Bis ins 17. Jahrhundert glaubte man, das Blut werde in der Leber produziert.«
Tatsächlich besteht unser Herz eigentlich aus zwei hintereinander geschalteten Muskelpumpen. Das kleinere Rechtsherz pumpt sauerstoffarmes Blut in die Lunge, man spricht vom Lungenkreislauf. In der Lunge wird das Blut mit Sauerstoff angereichert und gelangt in die größere linke Herzkammer, die das sauerstoffreiche Blut über die Arterien des Körperkreislaufes in den Körper pumpt. Von dort gelangt das Blut über die Venen wieder ins rechte Herz – der Kreislauf schließt sich. Zwischen 60 und 90 Mal schlägt das Herz pro Minute, ein 80-jähriges Herz hat also zwischen 2,5 und 3,8 Milliarden Schläge geleistet. Natürlich versorgt sich das Herz auch selbst mit Blut, über die sogenannten Herzkranzgefäße.
Häufigste Todesursache in Deutschland
Seit dem 17. Jahrhundert hat die Medizin atemberaubende Fortschritte gemacht. Und eines der großen Felder war und ist die Erforschung des Herz-Kreislauf-Systems, die Diagnose und Therapie möglicher Erkrankungen und natürlich deren Vorbeugung. Dennoch sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) nach wie vor die häufigste Todesursache in Deutschland. Laut statistischem Bundesamt führten sie 2020 zu rund 338.000 Todesfällen. Und sie sind ein erheblicher Kostenfaktor. Die jüngsten Zahlen stammen von 2015 – in jenem Jahr wurden für die Behandlung von Herz-Kreislauf-Krankheiten über 46 Milliarden Euro ausgegeben, bei Gesamtkosten im Gesundheitssektor von rund 350 Milliarden Euro. Damit verursachen HKE die höchsten Kosten im Gesundheitswesen. Dabei wären viele vermeidbar: „Mehr als 90 Prozent der Ausgaben bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen fließen in die Behandlung bereits aufgetretener Erkrankungen“, sagt Professor Heyo Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Berliner Charité. „Durch frühgreifende Präventionsmaßnahmen könnte hier die Zahl der Patienten deutlich gesenkt und Kosten in erheblichem Umfang eingespart werden.“
Am häufigsten haben es Ärzt:innen bei ihren Herzpatienten mit den Folgen der koronaren Herzkrankheit (KHK) zu tun. Dabei verengen sich die Arterien, die das Herz mit Blut versorgen, durch Arteriosklerose, also Ablagerungen in den Blutgefäßen – der Herzmuskel wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Die KHK ist eine chronische Krankheit, die unbehandelt zu einer immer stärker voranschreitenden Schwächung des Herzens führt, einer Herzinsuffizienz, und schließlich einen – oft tödlichen – Herzinfarkt verursachen kann. Eine Herzinsuffizienz führt zu einer oft beträchtlichen Schwächung der körperlichen und geistigen Leistung, nicht selten kommt es auch zu Wassereinlagerungen in Lunge oder Beinen. Ablagerungen, nicht nur in den Herzarterien, können sich auch ablösen, ins Gehirn wandern und dort Arterien verstopfen – eine Ursache des Schlaganfalls, bei dem oft unwiederbringlich Hirnareale durch fehlenden Sauerstoff untergehen.
Arteriosklerosen sind auch die Ursache der sogenannten peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK), im Volksmund auch als „Schaufensterkrankheit“ bekannt. Dabei kommt es durch Ablagerungen zu Verengungen und Verschlüssen in den Arterien der Beine. Im fortgeschrittenen Stadium verursachen die Verengungen durch den Sauerstoffmangel im Gewebe vor allem bei Belastung Schmerzen in den Beinen, die durch eine Pause und ein vermeintliches Betrachten etwa einer Schaufensterauslage gemildert werden können.
Risikofaktoren Diabetes und Bluthochdruck
Die Ursachen der Arteriosklerose sind vielfältig. Unbestritten ist ein Zusammenhang mit Rauchen, Übergewicht, zu hohem Alkoholkonsum, ungesunder Ernährung und zu wenig Bewegung. Diabetiker haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko, eine Arteriosklerose zu entwickeln. Herz-Kreislauf-Erkrankungen stellen die häufigste Todesursache von Diabetikern dar, denn unter anderem spielen auch erhöhte Zuckerwerte eine Rolle bei der Bildung von Ablagerungen, den sogenannten Plaques, in den Gefäßen. Hinzu kommt, dass viele Diabetiker weitere Risikofaktoren wie Übergewicht oder Bluthochdruck aufweisen. Umso wichtiger ist bei Diabetikern das frühzeitige Erkennen und Behandeln von Gefäßverengungen.
Stichwort Bluthochdruck: Auch er führt zu einem erhöhten Arteriosklerose-Risiko. Ein erhöhter Druck belastet nicht nur Herz und Gefäße mechanisch, er kann auf Dauer auch zu winzigen Verletzungen der Gefäßinnenwände führen. Dort können sich dann Fette, Zucker, Blutplättchen und andere im Blut enthaltene Stoffe ablagern und zu einer Verengung führen. Bluthochdruck ist aber auch eine der bedeutendsten Ursachen für Vorhofflimmern, die häufigste Herzrhythmusstörung. Vereinfacht gesagt, schlagen dabei die Vorhöfe des Herzens oft anfallsartig, unregelmäßig. Die größte Gefahr besteht hierbei, dass sich Blutgerinnsel bilden, sogenannte Thromben, die dann Arterien verstopfen – zum Beispiel im Gehirn. So geht man davon aus, dass etwa 20 Prozent aller Schlaganfälle im Zusammenhang mit einem Vorhofflimmern stehen. Das Robert Koch-Institut stellte in einer groß angelegten Studie zur Gesundheit der Deutschen fest, dass fast ein Drittel der Erwachsenen einen zu hohen Blutdruck aufweist, bei älteren Menschen steigen die Zahlen deutlich.