Daten können Leben retten

Die beispiellose Zusammenarbeit aller Beteiligten sowie der gleichberechtigte Zugang zu den verfügbaren Studiendaten waren der Schlüssel für die Entwicklung von Vakzinen gegen COVID-19 in Rekordtempo.
Andreas Gerber ist Vorsitzender der Geschäftsführung bei Janssen Deutschland
Andreas Gerber ist Vorsitzender der Geschäftsführung bei Janssen Deutschland
Janssen-Cilag GmbH Beitrag

Die beispiellose Zusammenarbeit aller Beteiligten sowie der gleichberechtigte Zugang zu den verfügbaren Studiendaten waren der Schlüssel für die Entwicklung von Vakzinen gegen COVID-19 in Rekordtempo. Andreas Gerber, Vorsitzender der Geschäftsführung des forschenden Pharmaunternehmens Janssen Deutschland, will beides beibehalten, um die Gesundheitsversorgung über die Pandemie hinaus zu verbessern.

Herr Gerber, was lernen wir aus der Pandemie?
Ich ziehe daraus zwei zentrale Erkenntnisse. Die erste: Wir können, wenn wir wollen! Dass es uns gelingt, innerhalb von etwas mehr als einem Jahr gleich mehrere wirksame und sichere Impfstoffe gegen Covid-19 zu entwickeln, war im Januar 2020 nicht absehbar. Möglich war das, weil alle Beteiligten in nie dagewesener Weise kooperiert haben. Ich wünsche mir sehr, dass wir diesen Spirit beibehalten. Schließlich gibt es über Covid-19 hinaus noch vieles, was wir gemeinsam für Patient:innen verbessern sollten. Die zweite Erkenntnis: Medizinischer Fortschritt braucht den gleichberechtigten Zugang zu Daten. Die Konsequenz, mit der Wissenschaftler weltweit seit Bekanntwerden des Genoms Studiendaten miteinander geteilt haben, hat das enorme Tempo der Impfstoffentwicklung erst möglich gemacht. Wie wichtig die systematische Auswertung von Daten aus dem Versorgungsalltag ist, erleben wir aktuell. Die Daten, die im Rahmen der weltweiten Impfkampagnen generiert werden, zeigen uns, wie die Vakzine bei millionenfacher Anwendung wirken, welcher Impfstoff für welche Bevölkerungsgruppe geeignet ist, wo wir genauer hinschauen und gegebenenfalls nachjustieren müssen. Ich hoffe, dass wir diese Erkenntnisse nutzen, um die Gesundheitsversorgung von Patient:innen über die Pandemie hinaus zu verbessern.  

 

Woran denken Sie?
Bei jedem Arztbesuch oder Klinikaufenthalt werden Daten über den Gesundheitszustand der Patient:innen, über ihre Reaktion auf die verordneten Therapien, über Wechselwirkungen etc. gene-
riert. Systematisch erhoben und ausgewertet, ermöglichen diese Daten den behandelnden Ärzt:innen, die im Einzelfall beste Therapie auszuwählen. Ihr Potenzial ist jedoch weitaus größer: Sie können helfen, zunehmend smarte, personalisierte medizinische Innovationen zu entwickeln oder bereits zugelassene Therapien so anzupassen, dass sie noch besser auf die spezifischen Anforderungen von Patient:innen zugeschnitten sind. Jeder Mensch ist einzigartig. Das gilt auch für die Ausprägung einer Erkrankung. Mithilfe von Daten können wir Therapien entwickeln, die diese Einzigartigkeit bestmöglich berücksichtigen. Leider schöpfen wir das Potential nicht im Ansatz aus.

 

Seit Januar haben gesetzlich Versicherte die Möglichkeit, eine elektronische Patientenakte (ePA) zu nutzen. Ab 2023 können sie ihre Daten pseudonymisiert für medizinische Forschungszwecke spenden. Ist das ein Schritt in die richtige Richtung?
Auf jeden Fall. Versicherte, die Einblick in ihre Gesundheitsdaten gewähren, ermöglichen ihrem Arzt, die individuell beste Therapie auszuwählen und mögliche, unter Umständen lebensgefährliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu vermeiden. Der Haken: Forschende Pharmaunternehmen sollen auch zukünftig keine Möglichkeit haben, diese Daten zu nutzen. Und das, obwohl Unternehmen wie Janssen die Innovationstreiber im deutschen Gesundheitswesen sind. Wir wollen Vollgas für die Patient:innen geben – und sind gezwungen, mit angezogener Handbremse zu fahren!

 

Wären die Menschen überhaupt bereit, ihre Gesundheitsdaten für die medizinische Forschung zur Verfügung zu stellen?
Umfragen zufolge ja, unter zwei Voraussetzungen: Wir brauchen transparente, verbindliche Regelungen, wer die Gesundheitsdaten zu welchem Zweck nutzen darf. Diese Regeln müssen für alle forschenden Institutionen gelten, ganz gleich, ob öffentlich oder privatwirtschaftlich. Die zweite Voraussetzung ist: Kommunikation. Gesundheitsdaten sind ein höchst individuelles und schützenswertes Gut. Es liegt an uns, zu erklären, dass diese Daten helfen, noch zielgerichteter Therapien für Erkrankungen zu entwickeln, die heute noch gar nicht oder nur unzureichend behandelbar sind beziehungsweise bestehende Therapien noch besser an die Bedürfnisse von Patient:innen anzupassen. Ich bin überzeugt: Wenn die Menschen verstehen, dass ihre Gesundheitsdaten dazu beitragen können, Leben zu retten, werden sie eher bereit sein, diese zu teilen.

 

Angenommen, forschende Unternehmen erhalten gleichberechtigt Zugang zu Gesundheits- und Versorgungsdaten. Welche weiteren Voraussetzungen müssten gegeben sein, damit das Potenzial dieser Daten bestmöglich genutzt werden kann?
Zunächst einmal muss die Qualität und Vergleichbarkeit der Daten gewährleistet sein. Damit alle Beteiligten strukturiert darauf zugreifen und diese Daten nutzen können, brauchen wir zudem einheitliche Datenräume, sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene. Die Pandemie hat gezeigt: Je vernetzter Wissenschaftler zusammenarbeiten, sich über Studienergebnisse und Daten austauschen, desto schneller gelingt es, neue bessere Therapien oder gänzlich neue Behandlungsansätze zu entwickeln, die die Gesundheit der Menschen schützen und dazu beitragen, die Lebensqualität von Patient:innen signifikant zu verbessern. Last but not least brauchen wir eine zuverlässige Cyber-Security-Strategie und einheitliche Datenschutzvorgaben. Je schneller wir all dies angehen, desto besser. Schließlich geht es darum, medizinische Innovationen zu entwickeln, die Erkrankungen im Idealfall vermeiden, Menschen heilen und Leben retten können.


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