Geld für die Revolution

Start-ups sind wichtig für die Wirtschaft. Doch wer gründen will, braucht einen langen Atem, um bei Finanzierung und Personalplanung erfolgreich zu sein.
Illustration: Tolga Akdogan
Axel Novak Redaktion

Die erste Million ist die schwerste, sagte schon Comic-Multimilliardär Dagobert Duck. Wer daher ein Start-up gründet, um rasch reich zu werden, sollte sich auf Enttäuschungen gefasst machen. Klar, es gibt sie: Die sagenhaften Einhörner, die Unternehmen, die aus dem Nichts kommend binnen weniger Jahre ihren Wert in unglaubliche Höhen steigern. Doch hinter jedem Einhorn steht eine Unzahl von Abbrüchen, Verkäufen, Insolvenzen und stillen Unternehmensaufgaben. Nicht jede Geschäftsidee, die zur Gründung eines Unternehmens geführt hat, ist erfolgreich.


Drei Dinge müssen dafür idealerweise zusammentreffen: ein Gründer mit Willenskraft, Engagement und dem Gespür für Kommunikation. Zweitens die Idee, die zu einem Markt passt, und schließlich der richtige Zeitpunkt.  Sind diese drei Elemente erfüllt, stehen die Chancen ganz gut, dass aus dem Start-up ein Unternehmen wird.


2017 gab es laut KfW rund 60.000 solcher jungen Gründungen in Deutschland. Deren 108.000 Gründer gelten als besonders innovativ und wachstumsorientiert, weil die Projekte häufig internetbasiert, digital und international sind. Dank dieser Ausrichtung verfügen sie über effizientere Vertriebswege, eine höhere Skalierbarkeit und größere Märkte.


Allerdings ist da noch die Frage des Geldes: Schließlich müssen nicht nur Büros bezahlt werden, sondern auch Gehälter, Technik, Marketing und Vertrieb. Bei der Suche nach Geld für ihre revolutionäre Neuerung sind Gründer heute im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten im Vorteil: Sie stoßen nicht nur auf eine Infrastruktur, die zumindest in den ersten Jahren recht hilfreich ist und eine Fülle von Fördermitteln zur Verfügung stellt. Sondern Geld ist heute noch dazu billig.


Weil die Zinsen so niedrig sind, springen Investoren rasch auf neue Unternehmensideen an: Nie zuvor haben Investoren so viel Geld in Start-ups investiert wie heute. 4,6 Milliarden Euro sind 2018 an deutsche Start-ups geflossen, so der Start-up-Barometer der Unternehmensberatung EY – deutlich mehr als im Vorjahr.  


Doch setzen Start-ups im Gegensatz zu klassischen Gründern weniger auf Kreditinstitute als auf alternative Kapitalquellen. Gerade in der Early-Stage-Phase geht es darum, das Geschäftsmodell zu entwickeln und die Organisation aufzubauen. Nur jedes fünfte Start-up findet einen Gründungskredit bei der Bank: Innovation und Wachstum gehen mit einem hohen Risiko einher, das für klassische Finanzierungspartner zu teuer wäre.


Start-up-Gründer suchen stattdessen Finanzierungsalternativen. Eine populäre Möglichkeit ist das Crowdfunding. Die Schwarmfinanzierung verteilt die Lasten einer Investition auf viele Schultern: Personen stecken über eines der vielen Crowdfunding-Portale Geld in für sie interessante Projekte. Gleichzeitig sorgt die soziale Unterstützung aus der Crowd heraus für Rückenwind bei der Gründung.


Eine weitere clevere Anfangsfinanzierung bieten Acceleratoren und Inkubatoren. Während  Acceleratoren den raschen Anschub der jungen Gründung möglich machen, orientieren sich Inkubatoren an der Medizin: Ein Brutkasten als Einrichtung oder Institution bietet heranwachsenden Unternehmen gute Bedingungen für die weitere langfristige Entwicklung. Start-ups haben in Inkubatoren eine deutlich höhere Überlebensrate. Viele große Industriekonzerne haben solche Einrichtungen, um clevere Start-ups ausfindig zu machen und zu fördern. So fördert der Autokonzern Volkswagen zum Beispiel mit dem Future Mobility Incubator innovative Geschäftsideen für eine Mobilität der Zukunft – das Start-up-Programm ist in Dresden in der Gläsernen Manufaktur angesiedelt. Dabei erhoffen sich die Großen neuen Schwung und mehr Zukunftsfähigkeit für das eigene Geschäftsmodell.


Start-ups brauchen vor allem in der folgenden Expansions-Phase höhere Summen. Mindestens sechsstellige Beträge sollen den Ausbau des Geschäftsmodells finanzieren und das neue Unternehmen am Markt etablieren.


Viele Gründer kooperieren daher mit etablierten Unternehmen und erhalten so Zugang zu neuen Vertriebskanälen, Kunden, Märkten und Know-how. Steigen Risikokapitalgeber ein, wollen sie nicht nur eine großartige Idee unterstützen, sondern für ihr Engagement auch einen Gegenwert sehen, meist in Form von Beteiligungen am Unternehmen. Auch sie bieten Netzwerke und Expertise.


In der Endphase schließlich geht es um den weiteren Ausbau und die Expansion auf internationalen Märkten: Das Start-up ist zum veritablen Unternehmen geworden und verlangt nach entsprechenden Investitionen. Dann möglicherweise steht der große Durchbruch an: Wenn Riskoinvestoren aussteigen und sich ihr Engagement teuer – also mindestens im Wert von einer Milliarde US-Dollar bezahlen lassen können – haben sie das Einhorn gefunden.  


Start-ups sind dank ihrer neuen Ideen und Herangehensweisen für Deutschlands Wirtschaft ausgesprochen wichtig. Das hat sich auch in Bund und Ländern herumgesprochen. Daher können neben privaten Investoren und Banken öffentliche Fördermittel als Startgelder, Förderprogramme und Bürgschaften einen wertvollen Beitrag zur Finanzierung eines Start-ups leisten. Der bürokratische Aufwand ist nicht zu hoch, die Erfolgschancen dagegen gut. Bei einem Kapitalbedarf von bis zu 100.000 Euro können Gründer Startgeld bei der KfW-Bank beantragen.

Auf europäischer Ebene gibt es Fördermittel über das Programm „KMU Instrument“, auf Bundesebene wiederum haben das Bundesministerium für Forschung und Bildung und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eigene Programme aufgelegt. Außerdem sollten Gründer, auch wenn sie den Weltmarkt im Blick haben, ihre Wurzeln nicht vergessen: Schließlich gibt es häufig Unterstützung vor Ort, zum Beispiel durch regionale Beteiligungsgesellschaften oder die Förderinstitute der Bundesländer.


So stehen heute jungen Gründern vor allem zwei Dinge im Wege: fehlendes Fachpersonal und ein hoher administrativer Aufwand. Bei steuerlichen und rechtlichen Aspekten könnte der Staat also wirklich helfen: Die Bürokratie stellt für fast die Hälfte der Gründer eine hohe Hürde dar. 

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