Vorteil durch Vielfalt

Mit dieser Einstellung müssten Unternehmen hierzulande auf die Suche nach geeigneten Kandidaten für ihr Management gehen. Denn mit mehr Vielfalt kommen auch die wirtschaftlichen Vorteile.
Illustration: Dorothea Pluta
Illustration: Dorothea Pluta
Julia Thiem Redaktion

Es ist ein Dialog, den man aktuell mit vielen Personalverantwortlichen in deutschen Unternehmen so oder so ähnlich führen könnte. Deshalb nennen wir an dieser Stelle auch keine Namen. Da wird zunächst groß, breit und nicht ohne einen gewissen Stolz vom umfassenden Diversity-Programm berichtet, das tief in der Geschäftsstrategie verankert sei. Auf Nachfrage, wie viele Frauen denn nun aber tatsächlich Teil der Geschäftsführung oder des oberen Managements sind, folgen erst betroffenes Schweigen und dann kleinlaute Erklärungsversuche. Bei Interesse: Die Allbright-Stiftung hat zum diesjährigen Weltfrauentag die gängigsten Ausreden in einem „Frauen-Führungs-Floskel-Bingo“ zusammengefasst.

Denn Fakt ist, dass Frauen in Deutschland heutzutage vieles werden können, Chef allerdings immer noch viel zu selten. Dabei würde sich eine Gleichstellung der Geschlechter auch wirtschaftlich lohnen, wie es im Global Gender Gap Report 2017 des World Economic Forum heißt: „Eine Reihe von Modellen und empirischen Studien zeigt, dass eine Verbesserung bei der Geschlechtergleichstellung zu erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen führt.“ Im Fall von Deutschland, so rechnen die Experten vor, reden wir über ein mögliches Plus beim Bruttoinlandsprodukt von über 260 Milliarden Euro.
Auch ein Anfang Oktober veröffentlichter Bericht der OECD zeigt, dass von Gleichstellung noch lange keine Rede sein kann. Ein Vergleich von Löhnen, Arbeitszeiten und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zwischen Männern und Frauen offenbart, dass sich seit dem letzten Report 2012 wenig getan hat – in den 35 Mitgliedstaaten insgesamt, aber auch in Deutschland, das es sich im Mittelfeld bequem gemacht hat. Für OECD Chief of Staff und G20 Sherpa Gabriela Ramos gibt es keinen Grund, warum Frauen bei sozialen, wirtschaftlichen und politischen Ergebnissen hinter Männern zurückstecken sollten. „Die Länder müssen deutlich mehr unternehmen, um das Ziel der Geschlechtergleichstellung zu erreichen“, sagt sie. Immerhin wird im Report lobend erwähnt, dass in Deutschland Maßnahmen erste Früchte tragen, das Interesse von mehr jungen Frauen für Wissenschaft, Technik, Maschinenbau und Fertigung zu wecken und junge Männer für die Gesundheitsbranche oder Lehrberufe zu begeistern.

Doch bis diese zaghaften Fortschritte auch in der Wirtschaft ankommen, wird es wohl noch dauern. Denn aktuell, das zeigen Untersuchungen der Allbright-Stiftung, wird in Deutschland ohne Vielfalt geführt. Am 1. September 2017 waren 93 Prozent der Vorstände der 160 an der Frankfurter Börse notierten Unternehmen Männer, die sich in Alter, Herkunft und Ausbildung sehr ähneln. Bei den kleinen und mittleren Unternehmen in MDAX und SDAX sind es sogar 95,5 Prozent – davon sind 83 Prozent Deutsche und 77 Prozent Wirtschaftswissenschaftler oder Ingenieure. Weit weniger als ein Prozent wurde in Ostdeutschland ausgebildet. Zwischen September 2016 und September 2017 berief der MDAX keine einzige neue Vorstandsfrau. 

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