»Jobbörsen bleiben ein wichtiges Recruiting-Tool«

Fachkräftemangel ist nur eine Seite der Medaille, glaubt Prof. Wolfgang Jäger. Die Mehrheit der Bewerber muss sich nach wie vor nach der Decke strecken.
Prof. Dr. Wolfgang Jäger Sprecher der Jobbörse JobStairs
Milch und Zucker Beitrag

 

Herr Prof. Jäger, alle sprechen vom Fachkräftemangel, Unternehmen buhlen um die hellsten Köpfe, muss man sich heute überhaupt noch bewerben?
Was Sie hier ansprechen, ist nur die eine Seite der Medaille. Von einem regelrechten Kampf um Spezialisten kann man gerade einmal bei rund fünf Prozent aller zu besetzenden Stellen sprechen – und zwar überwiegend wenn es darum geht, Digitalisierungsexperten zu finden, die schlicht nicht in dem Ausmaß zur Verfügung stehen, wie sie aktuell benötigt werden. Tendenz steigend. Bei weiteren 15 Prozent der zu besetzenden Stellen herrscht ein Mangel an passenden Bewerbern. Das gilt insbesondere für Facharbeiter in den Bereichen Maschinenbau und Elektrotechnik, die MINT-Berufe, für das Handwerk und auch Teile des Ausbildungsmarktes sind eng. Aber für die übrigen 80 Prozent der Stellen gibt es nach wie vor genügend Bewerber, sodass sich diese keinesfalls zurücklehnen können, sondern aktiv auf Jobsuche gehen müssen.

 

Brauchen Unternehmen deshalb zwei verschiedene Recruiting-Strategien?
Ja. Gerade große Unternehmen an attraktiven Standorten müssen sich jedes Jahr durch eine Flut an Bewerbungen auf die oben genannten 80 Prozent der Stellen kämpfen, haben aber zu wenige Kandidaten für die anderen 20 Prozent. Während ich also für 80 Prozent der Bewerber genaue Filterkriterien für die Auswahl definieren muss, um hier möglichst effizient mit der Masse der Bewerbungen umzugehen, brauche ich für die schwieriger zu besetzenden 20 Prozent der Stellen das sogenannte Active Sourcing, bei dem die Unternehmen nach geeigneten Kandidaten in sozialen Netzwerken suchen, diese ansprechen und auch unvollständige Bewerbungen zulassen.

 

Für den Großteil der Stellen ist eine Stellenausschreibung via Jobbörse also Standard?
Jobbörsen sind viel mehr. Sie können Unternehmen helfen, bereits im Vorfeld den angesprochenen effektiven Messprozess in Gang zu setzen – etwa über eine elektronische Vorauswahl, die die Vollständigkeit der eingereichten Informationen bewertet oder nach anderen Kriterien filtert. Das hilft, um letztendlich intern in der Personalabteilung nur die wirklich relevanten Kandidaten zu bewerten.

 

Haben Jobbörsen auch Vorteile für die Kandidaten?
Das denken wir sehr wohl. Denn wenn sie nicht gerade zu der kleinen Gruppe der Kandidaten zählen, die von Unternehmen angesprochen werden, müssen sie sich weiter aktiv auf dem Markt umschauen. Da haben Jobbörsen nach wie vor das größte Angebot. Dazu  kommen weitere Services, wie wir sie auf Jobstairs bieten. Eine  Geosuche oder die gute Mobiloptimierung zählen genauso dazu wie passende Jobchannels.

 

Werden Jobbörsen ihre Berechtigung behalten?
Davon bin ich fest überzeugt. Denn sie entwickeln sich stetig weiter, setzen auf neue Technologien wie Big Data oder künstliche Intelligenz, um Bewerber noch effizienter auf die passenden Stellen zu bringen. Wir sind beispielsweise bereits heute mit unserem AI-Match in der Entwicklungs- und Pilotphase eines Bewerbermatchings auf Basis von künstlicher Intelligenz – und das mit echten Daten. Natürlich müssen solche Strukturen immer lernen und brauchen eine gewisse Entwicklungszeit. Wir glauben aber, dass wir hier in zwei, drei Jahren schon richtig gut sein werden. Und auch die große Mehrheit der Personalentscheider in den Top-Unternehmen sehen die Zukunft des Data Driven Recruitings positiv, wie eine aktuelle Umfrage von Jobstairs zeigt. Demnach glauben knapp 83 Prozent der Befragten, dass Mensch und Maschine künftig Hand in Hand arbeiten werden.

 

www.jobstairs.de

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