Statt den Wagen selber zu lenken, disponiert der Lkw-Fahrer während der Fahrt, managt Bestellungen und Routen. Die Zahnarzthelferin stellt Implantate mit dem 3D-Drucker her, statt nur die Abdrücke zu nehmen. Berufe und Anforderungsprofile wandeln sich durch die Digitalisierung von Grund auf. Und für digital qualifizierte Arbeitnehmer bieten sich dadurch hervorragende Jobchancen. Jedes zweite Unternehmen (54 Prozent) rechnet damit, dass es in den kommenden zehn Jahren mehr Arbeitsplätze für gut ausgebildete Beschäftigte geben wird, nur fünf Prozent erwarten einen Rückgang. Dies ergab eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom. Das ist ein erfreulich positives Bild gegenüber manchem Katastrophenszenario. Bereits 2013 erregten der Ökonom Carl Benedikt Frey und der Informatiker Michael Osborne großes Aufsehen, als sie ihre Studie mit dem Titel „Die Zukunft der Beschäftigung – Wie anfällig sind Arbeitsplätze für Digitalisierung?“ veröffentlichten: Die Autoren berechneten darin für den US-Arbeitsmarkt die Zukunftsaussichten von gut 700 Berufsgruppen angesichts der Konkurrenz durch Roboter und Computer. Ihr Fazit: Rund die Hälfte der Jobs ist innerhalb der nächsten 20 Jahre bedroht. Die Studie ist sehr umstritten – und die Realität wesentlich komplexer.
So heißt es vonseiten des Bitkom zwar: „Der Mangel an IT-Fachkräften spitzt sich weiter zu.“ In Deutschland gebe es derzeit 55.000 offene Stellen für IT-Spezialisten. Das entspricht einem Anstieg um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nur besteht die deutsche Wirtschaft nicht ausschließlich aus IT-Fachkräften. In anderen Bereichen zeigt sich ein anderes Bild: „Die mittelständische Wirtschaft sieht in der Digitalisierung deutlich seltener eine vorrangige Herausforderung, als es die Mittelstandsexperten aus Wissenschaft, Verbänden und Politik für den Mittelstand erwarten“, konstatiert das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) nach einer Befragung von rund 860 Unternehmen. „Gegenwärtig stellt dieses Thema vor allem für die Unternehmen in den Informations- und Kommunikationstechnologien sowie im Bereich der Finanzdienstleistungen eine zentrale Herausforderung dar.“
Die Politik scheint die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. In Berlin und Brandenburg etwa geht man das Thema Digitalisierung nun umfassend an. Die Sonderkommission „Ausbildungsplatzsituation und Fachkräftebedarf“ empfiehlt, digitale Bildung entlang der gesamten Bildungskette in den Mittelpunkt zu stellen – von der frühkindlichen Bildung über die allgemeinbildenden Schulen bis zur Aus- und Weiterbildung. „Berlin braucht eine übergeordnete Technikstrategie für die beruflichen Schulen. Die Vision sollte sein, Berufsschulen zu Innovationsträgern der Digitalisierung in der dualen Ausbildung weiterzuentwickeln“, sagt Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin. „Schlüssel hierfür sind die Lehrkräfte sowie das Ausbildungspersonal. Wichtig ist, die für das jeweilige Berufsfeld aktuellen digitalen Handlungskompetenzen gemeinsam zwischen den dualen Partnern zu erarbeiten.“ Gemeinsame Fortbildungen von Ausbildungspersonal und Berufsschullehrkräften sowie die Stärkung der Lernortkooperationen seien ein guter Weg, gemeinsam digitale Kompetenzen auszubauen.
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