»Unsere gesamte Mobilität wird elektrisch sein«

Als erfolgreicher Entwickler und Produzent von Batteriesystemen für Pkw und Nutzfahrzeuge ist Webasto mittlerweile am Markt für zukünftige Mobilität etabliert.

Webasto liefert das Kernstück der Mobilität von morgen: Batteriesysteme für Pkws und Nutzfahrzeuge
Webasto liefert das Kernstück der Mobilität von morgen: Batteriesysteme für Pkws und Nutzfahrzeuge
Webasto Beitrag

Herr Dr. Wilstermann, sind Elektrofahrzeuge die Lösung für die neue Mobilität?
Ein ganz klares Ja! Wobei ich zur E-Mobilität neben batteriebetriebenen Fahrzeugen auch Brennstoffzellenfahrzeuge zähle, die ja auch eine Batterie brauchen. Deshalb ist die Batterie das Kernstück der E-Mobilität, und deshalb haben wir die Batteriefertigung 2016 mit mittlerweile großem Erfolg in unser Portfolio aufgenommen. Außerdem sehen wir eine große Nachfrage bei der Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen und Arbeitsmaschinen, wie etwa Baggern. In Zukunft werden auch große 40-Tonner elektrisch fahren – wahrscheinlich als Brennstoffzellenfahrzeuge, um auch lange Strecken bewältigen zu können. Ich bin überzeugt: Fast unsere gesamte Mobilität wird in Zukunft elektrisch sein.

Welche Rolle kommt den Zulieferern wie Webasto im Hinblick auf die Innovationen in diesem Bereich zu?
Zulieferer waren schon immer Innovationstreiber. Schauen Sie sich die Historie von Webasto an: Wir haben vor 100 Jahren Schutzbleche und Gepäckträger hergestellt und sind mittlerweile bei Lösungen für die E-Mobilität und das autonome Fahren angelangt.

Die Batterie ist die wertigste Einzelkomponente in einem E-Fahrzeug – und die Automobilhersteller, wie aktuell zum Beispiel Hyundai-Kia, vertrauen uns Entwicklung und Produktion der Batterie an. Ich denke, das sagt viel über das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Herstellern und Zulieferern aus. Man darf auch nicht vergessen, dass wir ein sehr tiefes Verständnis für die Entwicklung und Integration einzelner Komponenten in ein so komplexes Subsystem wie ein Fahrzeug haben. Denken Sie nur an unsere jahrzehntelange Erfahrung im Dachbereich.
Mit Blick auf unser Standard-Batteriesystem beispielsweise können wir durch das weite Produkt- und Kundenportfolio mit sehr viel höheren Stückzahlen arbeiten. Diese Skaleneffekte senken die Kosten. Nicht jeder Fahrzeughersteller kann oder will die Batterieproduktion selbst aufbauen – aber wir übernehmen das gerne!   

Welche Entwicklungen erwarten Sie bei der Batterietechnik?
Die Entwicklung der heutigen Batterietechniken ist noch nicht am Ende. Zwar erleben wir gerade eine gewisse Konsolidierung des Fortschrittes nach einer extrem hohen Entwicklungsgeschwindigkeit in den letzten 15 Jahren, aber auch bei den heutigen Technologien gibt es noch eine steile Lernkurve. Wir werden Verbesserungen bei der Leis-tungsfähigkeit und bei den Kosten sehen. Den nächsten großen Schritt erwarte ich mit der Feststoffzelle. Mit ihr kommen nicht brennbare Materialien in der Zelle zum Einsatz. Das macht sie sicherer und bringt uns beim Gewicht, der Energiedichte auf Batterieebene und den Kosten einen großen Sprung nach vorne. Die Produktionsreife im großen Maßstab sehe ich zwischen 2025 und 2030. Und auch diese Solid-State-Batterien werden stetig weiterentwickelt werden.

Dr. Hartung Wilstermann Executive Vice President  Battery Systems, Webasto
Dr. Hartung Wilstermann Executive Vice President Battery Systems, Webasto

Welche Auswirkungen hat die herrschende Materialknappheit auf die Entwicklungen der Batterietechnik?
Wir bei Webasto beziehen die überwiegende Mehrheit unserer Rohstoffe oder Zulieferteile für Produktionsstandorte regional, da wir in der Regel in der Region für die jeweilige Region zukaufen. Das gibt uns eine gewisse Sicherheit für unsere eigene Zulieferkette. Mit Blick auf das Marktgeschehen bin ich zutiefst überzeugt, dass sich das Thema über die normalen Marktmechanismen regeln wird. Wo es einen Bedarf gibt, wird dieser auch gedeckt werden – auch wenn es manchmal etwas länger dauert.

Wie sieht Mobilität der Zukunft aus?
Wie schon gesagt: elektrisch. Und hier werden alle Bereiche der Mobilität von 15 Jahren an Batterieinnovationen und -erfahrungen aus dem Automobilbereich profitieren. Die grundlegenden Anforderungen an die Batterietechnik – Energie speichern und sie kontrolliert abgeben – bleiben ja dieselben. Auch Elektroantriebe sind mittlerweile Mainstream, die Pionierphase ist vorbei. Was wir gelernt haben, lässt sich jetzt viel schneller auf andere Sektoren übertragen. Ein ganz wichtiger Bereich ist hier die Luftfahrt. Denn die Mobilität der Zukunft wird sich verstärkt im Luftraum abspielen. Besonders in Ballungsgebieten können wir nur nach oben ausweichen. Deshalb sehe ich Lufttaxis schon ab 2024 am Himmel, wenn auch noch nicht in Deutschland.  

Gerade im urbanen Raum gibt es noch weitere Ansätze. So wird das Konzept, dass jeder sein eigenes Auto hat, schon heute teilweise durch das Angebot von Sharingdiensten abgelöst. Ein zweiter großer Trend ist die bereits stattfindende Anpassung des Fahrzeugs an den Transportbedarf. Um einen Menschen drei Kilometer durch die die Stadt zu bewegen, reicht ein E-Scooter, ein E-Bike oder ein kleines E-Auto. Dass wir in den nächsten 20 Jahren vollautomatisierte Verkehrsströme haben, bezweifle ich zumindest für den Verkehr am Boden. Doch für den bereits erwähnten Luftverkehr ist das einfacher und dürfte früher kommen. Schon heute wird daran gearbeitet, wie automatisierte Frachtdrohnen oder auch Lufttaxis im Luftraum überwacht und mit bestehendem Luftverkehr synchronisiert werden können. Eine Herausforderung ist da eher, ob sich Menschen in ein Fluggerät setzen, das aus der Ferne gesteuert wird – und wie die Bevölkerung damit umgeht, dass sich der Luftraum über ihnen mit Fluggeräten füllt, die zudem auch noch Geräusche verursachen. Einen ganz wichtigen Aspekt sollten wir zum Schluss nicht vergessen: Wie können wir den Bedarf an Transport verringern? Denkbar sind zum Beispiel geringere Pendlerströme, weil Wohn- und Arbeitsort durch mehr Homeoffice zusammenfallen. Auch das ist ein wichtiger Beitrag mit Blick auf die Mobilität der Zukunft.

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