Herr Schneider, wie funktioniert die neue Power-to-Heat-Anlage in Halle (Saale)?
Das Konzept ist denkbar einfach: Überschussstrom aus erneuerbaren Energien wird genutzt, um Wärme zu erzeugen. Deshalb spricht man von Power-to-Heat (PtH). In einem Elektrodenheizkessel wird Wasser auf 130 °C erhitzt. Das aufgeheizte Wasser wird in einen Wärmespeicher geleitet und kann dort für längere Zeit gespeichert werden. Bei Bedarf wird die Wärme über das Fernwärmenetz an die Kunden abgegeben. Wir als EVH GmbH, die Energietochter der Stadtwerke Halle-Gruppe, haben das Projekt gemeinsam mit dem Übertragungsnetzbetreiber, der 50Hertz Transmission GmbH, im Energiepark Dieselstraße umgesetzt.
Welche Vorteile hat die Anlage?
Es ist für alle Partner eine Win-Win-Situation. 50Hertz betreibt das Stromübertragungsnetz. Wenn nun zu viel Strom aus Wind und Sonne im Netz ist, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Die Einspeiseleistung reduzieren, also abschalten, oder den Strom anderweitig nutzen. Mit der PtH-Anlage kann 50Hertz für Netzstabilität und Versorgungssicherheit sorgen. Wir profitieren, indem wir Strom aus erneuerbaren Energien beziehen und für eine grüne Wärmeversorgung einsetzen. Dieses Prinzip nennt sich „Nutzen statt Abregeln“.
Was steckt hinter der „Roadmap 2045“?
Die „Roadmap 2045“ ist ein gemeinsames Projekt aller an der Energie-Initiative Halle (Saale) beteiligten Unternehmen, bestehend aus der kompletten Wohnungswirtschaft, Industrie, Wissenschaft und dem Gesundheitswesen. Gemeinsames Ziel ist es, dass unsere Stadt die Klimaneutralität noch vor 2040 erreicht. Die Roadmap ist der Fahrplan dazu. Die Initiative wurde 2016 ins Leben gerufen, um partnerschaftlich die Energiewende für Halle gemeinsam umzusetzen. Ein erster Arbeitsschwerpunkt war das Thema Fernwärmeversorgung. Die derzeit überwiegend gasbasierte Wärme- und Warmwasserversorgung der Stadt muss bis 2040 auf regenerative Energiequellen umgestellt werden. Als erste Stadt in Sachsen-Anhalt erstellt Halle (Saale) dafür einen kommunalen Wärmeplan.
Mit dem Fernwärmeatlas kann man via Internet seine Optionen prüfen, richtig?
Genau. Wer in Halle (Saale) an einem Fernwärmeanschluss interessiert ist, kann ganz einfach via Internet prüfen, ob das (auch perspektivisch) möglich ist. Interessierte finden auf unserer Internetseite den Fernwärmeatlas. Das schafft Planungssicherheit bei Investitionsentscheidungen sowohl für Privatpersonen, Wohnungswirtschaft als auch für uns selbst. Denn je höher die Nachfrage in einem Quartier ist, desto wahrscheinlicher ist letztlich eine zeitnahe Erschließung.
Zukunftsfrage: Wie sind Sie als Energie- und Wärmedienstleister aufgestellt? Sind Sie H2-ready?
Wir haben zwei Energieparks. In der Dieselstraße betreiben wir in drei Blöcken jeweils eine Gasturbine. Am Standort Trotha befindet sich eine weitere Gasturbine. In der Dieselstraße ist die Anlage auf Nutzung von Wasserstoff vorbereitet, also H2-ready. Wir könnten heute schon 30 Prozent Wasserstoff zur Stromerzeugung einsetzen - wenn wir ihn hätten. Aktuell betreiben wir die Turbine noch zu 100 Prozent mit Erdgas.
www.energieinitiative-halle.de