Die Zukunft heißt Open Source

Am 18. und 19. Oktober veranstaltet der VDI in Bonn den Kongress ELIV (Electronics In Vehicles), die weltweit größte Veranstaltung  für Automobil-Elektronik, Software und Anwendungen.

Dr. Karl-Thomas Neumann, Automobilexperte und Investor
Dr. Karl-Thomas Neumann, Automobilexperte und Investor
VDI Wissensforum Beitrag

Herr Dr. Neumann, wenn heutzutage von Autos die Rede ist, fällt oft der Begriff „Software Defined Vehicle“. Was verbirgt sich hinter dem Ausdruck?
Die meisten Autos bestanden bis vor einigen Jahren aus einer Vielzahl von kleinen Steuermodulen, die für einzelne Funktionen zuständig sind – vom Fensterheber bis zur Motorsteuerung – und die über ein gemeinsames Binary Unit System (BUS) miteinander kommunizieren. Dieses Zusammenspiel funktioniert zwar sehr gut, ist aber kompliziert. Updates für die einzelnen Softwarekomponenten sind zudem nur in der Werkstatt möglich. Dann kam Tesla: Diese Autos verfügen über drei Domänen – den Antriebsstrang, den Komfort- und Entertainmentbereich sowie die Fahr­sicherheit. Diese Domänen werden jeweils von einem starken Rechner überwacht. Damit wird die Software, also das Betriebssystem des Autos, und dessen viel leichter handzuhabenden Updates zum zentralen Faktor des Fahrzeugs – das bedeutet Sofware Defined und da wollen alle anderen Hersteller auch hin.

 

Auf der ELIV treffen sich auch dieses Jahr internationale Expert*innen und Akteur*innen rund um Elektrik, Elektronik und Software im Auto.
Auf der ELIV treffen sich auch dieses Jahr internationale Expert*innen und Akteur*innen rund um Elektrik, Elektronik und Software im Auto.

Was bedeutet das für die Branche?
Hersteller müssen zu Softwareunternehmen werden. Das funktioniert in vielen Fällen noch nicht so gut. Firmen­organigramme entsprechen quasi den Einzelmodulen der Fahrzeuge, es wird noch sehr stark in Einzelabteilungen gedacht. Es fehlt an Softwarekompetenz und der Möglichkeit, abteilungsübergreifend Software zu entwickeln. Jeder Hersteller hat zudem sein eigenes Betriebssystem. Für die Zukunft erwarte ich deshalb weltweit nur noch zwei oder drei Betriebssysteme, die als Open Source allen Herstellern zur Verfügung stehen und auf deren Basis dann programmiert wird. So, wie wir das von Smartphones kennen. Auch deshalb ist Open Source in diesem Jahr ein Schwerpunkt auf der ELIV. Was erwartet die

Besucher*innen dort sonst noch?
ELIV steht für Electronics in Vehicles und hat sich seit den 1980er Jahren zum weltweit bedeutendsten Kongress seiner Art entwickelt. Ausgerichtet wird er vom VDI, dem Verein Deutscher Ingenieure. Er ist Branchentreff für alle, die mit Autoelektronik, Software und Anwendungen zu tun haben. Die Teilnehmenden erwarten Vorträge, Keynotes und Panels zu Themen wie autonomes Fahren, Connectivity oder E-Mobilität und natürlich Open Source. Davon abgesehen, ist die ELIV ein wichtiger Ort fürs Netzwerken. Letztendlich geht es darum, Technologien, Branchen und Unternehmen zusammenzubringen und voneinander zu lernen.  

Zur Person
Dr. Karl-Thomas Neumann ist Investor und führender Experte im Bereich Automobilelektronik. Er arbeitete unter anderem für VW und war Vorstand der Con­tinental AG und der Adam Opel AG. Die diesjährige ELIV wird er zusammen mit Dr. Rolf Zöller mit einem Dialog zum Thema Software Defined Vehicle eröffnen.

www.vdi-wissensforum.de/eliv

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