Wir alle wissen es: Wir leben in einem anhaltenden Niedrigzinsumfeld. Für Anleger heißt es auf der Suche nach Rendite daher immer öfter: Risk on! Doch wo große Hebel noch größere Gewinne versprechen, 8, 10 oder 12 Prozent Rendite zu holen sind, gilt es, sich auch die Risiken ganz genau anzuschauen. Heißt das, dass es diese Anlageklassen zu meiden gilt? Nein. Jedoch muss man als Anleger im Zweifel wissen, worauf man sich einlässt. In vielen Fällen macht es auch Sinn, die Auswahl der richtigen Titel dem Profi zu überlassen und nicht auf eigene Faust zu agieren.
Genussscheine
Ein bisschen Aktie und ein bisschen Anleihe – so könnte man Genussscheine wohl am besten beschreiben. Für Unternehmen sind sie eine gute Gelegenheit, sich Geld von Anlegern zu leihen, ohne sie direkt zu beteiligen. Allerdings gibt es keine festen Vorschriften für die Emission von Genussscheinen. Die Ausgestaltung hängt von dem jeweiligen Emittenten ab, was es Anlegern damit schon einmal deutlich schwieriger macht, das Anlageinstrument zu verstehen und verschiedene Genussscheine zu vergleichen. Auch die Vorteile für die Anleger variieren dadurch stark. Grundsätzlich kann man jedoch sagen, dass Genussscheine meist regelmäßige Ausschüttungen bieten, die über den Renditen von Anleihen liegen, und man als Anleger von Kursgewinnen profitieren kann. Allerdings ist auch die Liste an Risiken lang – angefangen von einer möglichen Insolvenz des Emittenten, über Ausschüttungs- und Liquiditätsrisiken bis hin zum Rückzahlungsrisiko.
Differenzkontrakte
Auch die sogenannten CFD – Abkürzung für Contracts for Difference – sind nur etwas für sehr gut informierte Anleger. Und selbst dann handelt es sich immer noch um hochspekulative Derivate. CFD haben einen (oder mehrere) Basiswerte – etwa eine Aktie, einen Index, Zins oder Rohstoff und sogar Futures oder Derivate – von deren Entwicklung die Wertentwicklung des CFD abhängt. Ihr großer Reiz: Sie sind vermeintlich einfach strukturiert, und mit einem vergleichbar kleinen Investment lassen sich große Gewinne erzielen. Denn für den Erwerb eines CFD auf eine Aktie muss man als Anleger lediglich eine Sicherheitsleistung – die sogenannte Margin – hinterlegen. Steigt der Kurs des Basiswerts, muss der CFD-Broker dem Kunden zum Vertragsende die Differenz auszahlen. Allerdings schuldet man seinem Broker eben auch diese Differenz, wenn der Basiswert gefallen ist. Der Hebel, mit dem hohen Gewinne möglich sind, hebelt also auch die Verluste, die mit einem CFD-Investment möglich sind.
Devisenhandel
Es klingt so harmlos, Währungen zu handeln. Schließlich hat man beim Forex-Trading (für Foreign Exchange), wie es in Fachkreisen heißt, immer ein Paar, man kauft eine Währung und verkauft eine andere. Allerdings nutzt man auch im Forex-Handel Hebel, um höhere Gewinne zu erzielen. Und da kann einem die Volatilität einer Währung schon mal zum Verhängnis werden – insbesondere bei „exotischen“ Paaren wie der türkischen Lira zum US-Dollar oder bei den Kryptowährungen. Aufpassen müssen Anleger zudem auch beim Kleingedruckten. In Deutschland ist die Nachschusspflicht mittlerweile zwar verboten, einige Broker haben ihren Sitz jedoch in Übersee, wo die Nachschusspflicht greift. Konkret heißt das: Ist die Sicherheitsleistung aufgebraucht, die sie beim Broker hinterlegt haben, weil sich die Währung leider in die andere Richtung bewegt, müssen sie Geld nachschießen.
Rohstoffe
Ja, auch der Rohstoffhandel ist mit Risiken verbunden, die Anleger nicht unterschätzen sollten. Denn letztendlich ist ein Investment schwer zu kalkulieren, weil erstens die Nachfrage so stark schwanken kann und auch externe Faktoren die Preisentwicklung beeinflussen können. Beispiel Getreide: Verhagelt das Wetter buchstäblich eine Ernte, ist das Angebot knapp und der Preis steigt. Gut für die Anleger, mag man meinen. Richtig, aber nur, wenn sie auf steigende Preise gesetzt haben. Denn der direkte Rohstoffhandel ist für Privatanleger gar nicht möglich – einzige Ausnahme: Gold. Das heißt, es wird immer über Wertpapiere, Futures, Fonds, Zertifikate, CFD, ETFs oder ETCs in Soft oder Hard Commodities investiert. Bei einigen dieser Investmentvehikel kommen dann wieder die schon angesprochenen Hebel und die damit verbundenen Risiken ins Spiel.
Anleihen
Wer in den verhältnismäßig sicheren Segmenten des Anleihemarktes investiert, wird wie bei deutschen Bundesanleihen mit Null- oder sogar Negativzinsen „bestraft“. Viele Anleger schauen sich deshalb in den hochrentierenden Segmenten des Marktes um. Das können High Yield Bonds oder aber auch Mittelstandsanleihen sein. Das Ausfallrisiko ist dabei ungleich viel höher. Gerade in schwachen Konjunkturphasen steigt das Risiko noch einmal an. Denn hinter den High Yield Bonds stehen immer Emittenten mit einer schlechten Bonität. Das US-Ratinghaus Standard & Poor’s spricht bei einer Hochzinsanleihe im Triple C-Bereich beispielsweise schon von einem hochspekulativen Investment. Ähnlich sieht es auch bei vielen Mittelständlern aus, die mit relativ hohen Zinsversprechen Anleger locken müssen. Auch hier ist das Ausfallrisiko oft sehr hoch und sollte genau geprüft werden.
Infrastrukturinvestments
Die Story ist einleuchtend, greifbar und oftmals auch direkt erlebbar: In den Schwellenländern muss die Infrastruktur dringend ausgebaut und in den Industrienationen dringend erneuert werden. Dafür braucht es Investitionen, und die Renditen sind auch attraktiv. Die Risiken sind jedoch ebenfalls nicht zu verachten: In den Schwellenländern sind es beispielsweise die Regulierung, Währungsrisiken oder eine höhere Volatilität der Märke. Aber auch in den Industrienationen kann die Regulierung Anlegern einen Strich durch die Rechnung machen. Beispiel: die Novelle des Erneuerbare-Energie-Gesetzes 2017, die den Bau neuer Windkraftanlagen für die Betreiber deutlich unattraktiver gemacht hat. Und wer an den Berliner Flughafen BER denkt, weiß, welche immensen Kosten durch Verzögerungen beim Bau entstehen können. Auch davor ist man bei Infrastrukturinvestments nicht gefeit.