Herr Kötter, gibt es einen Zusammenhang zwischen der klassischen Lotterie und den Finanzmärkten?
Nein. Die traditionelle, staatliche Lotterie ist ein klassisches Glücksspiel – das es allerdings vielen Menschen ermöglicht, sich Träume zu erfüllen. Unsere junge Lotterie Eurojackpot hat allein für Deutschland schon 118 neue Millionäre hervorgebracht. Wenn es denn klappt, gibt es kaum einen preiswerteren Weg zum Vermögen – auch wenn Lottospielen natürlich kein Weg für einen geplanten Vermögensaufbau darstellt. Dafür leistet jeder Lottospieler aber definitiv einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl. Denn neben dem Teil der Einnahmen, der in die Lottoausschüttungen fließt, sind die deutschen Lottogesellschaften mit etwa drei Milliarden Euro Steuern und Abgaben ein wichtiger Teil der Gesellschaft.
Dennoch hat sich mit zunehmender Digitalisierung eine Verbindung zwischen dem Lottospiel und den Finanzmärkten entwickelt.
Das ist richtig – und zwar eine, die für die meisten Kunden schwer zu durchschauen ist. Ich spreche hier von Anbietern sogenannter Zweitlotterien, die ihren Sitz meist in einer der einschlägigen Steueroasen wie Gibraltar oder Malta haben. Im Gegensatz zu den staatlichen Lotterien fließt hier kein Geld in einen Topf, aus dem anschließend an die Gewinner ausgezahlt wird oder aus dem in Form von Steuern und Abgaben Geld an die Gemeinschaft zurückfließt. Wer online bei einem dieser Anbieter einen vermeintlichen Lottotipp abgibt, geht vielmehr eine Wette ein, die mit Finanzmathematik unterlegt ist.
Das müssen Sie bitte näher erläutern.
Online-Wetten sind in Deutschland offiziell verboten – daher auch der ausländische Sitz der Zweitlotterien. Kunden, die dort auf das klassische 6 aus 49 tippen, wetten lediglich darauf, dass in der nächsten Ziehung eben diese Zahlen gezogen werden. Teil des Ausschüttungstopfes sind die eingezahlten Kundengelder aber nicht. Für die Zweitlotterien ist dies zunächst einmal ein lukratives Geschäft. Kritisch wird es erst, wenn ein Jackpot geknackt wird – vielleicht sogar von mehreren Millionen wie beim Eurojackpot möglich.
Und hier kommt dann die Finanzmathematik zum Einsatz?
Ganz genau. Zur finanziellen Absicherung dieses „Gewinnrisikos“ bedienen sich die Zweilotterien sogenannter Insurance Linked Securities. Diese Versicherungs- und Rückversicherungsinstrumente kennen Finanzmarktakteure eigentlich als Absicherung gegen Naturkatastrophen. Vereinfacht ausgedrückt werden Versicherungsrisiken mit Hilfe der Insurance Linked Securities als festverzinsliche Wertpapiere verbrieft und auf dem Kapitalmarkt gehandelt.
Wobei Gewinner durch diese verbriefte Absicherung doch aber auch bei den Zweitlotterie-Wetten mit Auszahlungen im Gewinnfall rechnen dürften?
Theoretisch ja. Jedoch ist uns bisher kein belegter Fall einer solchen Auszahlung bekannt. Allerdings muss man fairer Weise sagen, dass es den Medien oder Behörden bislang auch nicht gelungen ist, das Gegenteil zweifelsfrei zu beweisen. In jedem Fall ist das Risiko für Kunden deutlich höher, ebenso wie in einer ausländischen Jurisdiktion zu seinem Recht zu kommen – und wir reden hier noch gar nicht über den nicht gezahlten gesellschaftlichen Beitrag in Form von Steuern und Abgaben dieser sogenannten Zweitlotterien.
Wird die Digitalisierung der seriösen, staatlichen Lotterie durch Zweitlotterien erschwert?
Es erschwert uns die Digitalisierung insofern, dass Verbraucher nur sehr schwer zwischen echter, seriöser Lotterie und den Wetten auf die Lotterien unterscheiden können – zumal die Tatsache, dass die Zweitlotterien kaum Steuern und andere Abgaben zahlen, dafür sorgt, dass sie aggressiver und offensiver werben. Außerdem unterliegen wir als staatliche Lotterie wesentlich strengeren Auflagen – beispielsweise was den Jugendschutz angeht. All das gilt es ebenfalls bei digitalen Angeboten zu bedenken.
Dennoch kann ich auch bei Westlotto über eine App meinen Tippschein abgeben oder meine Zahlen vergleichen.
Das können Sie selbstverständlich tun. Und zwar in ganz unterschiedlichen Varianten – je nach Ihren individuellen Wünschen. Daher ist es beispielsweise über die App möglich, seinen Tipp abzugeben und diesen anschließend in einer der Annahmestellen zu bezahlen. So nutzen Sie trotzdem die Möglichkeiten des digitalen Spielangebots, tätigen aber keine digitalen Zahlungsvorgänge, wenn Sie dies nicht wünschen.
Wie bewerten Sie die neuen Möglichkeiten, die auch für Ihr Geschäft mit der Digitalisierung einhergehen?
Wir sehen die Digitalisierung und die damit einhergehenden Möglichkeiten durchaus positiv. Gleichzeitig sehen wir aber auch mit wachsender Skepsis, wie online viele Grenzen verschwimmen, wo auch der Gesetzgeber noch nicht überall passende Antworten parat hat. Ein Beispiel sind die vielen Handy- und Online-Spiele, wo an vielen Stellen offen und kritisch hinterfragt werden muss, ob es sich dabei wirklich um Gaming oder nicht doch schon um Glücksspiel handelt. Wir als Lottogesellschaften sind bei unseren Digitalisierungsvorhaben also stark in der Pflicht, die so wichtige Währung des Vertrauens, welches uns unsere Kunden entgegenbringen und das wir uns über Jahrzehnte aufgebaut haben, auch in die digitale Welt zu übertragen. Es lohnt sich, mal unseren Vertrauen.blog anzuschauen.
Ganz konkret: Wie kann der Weg für Westlotto in die Zukunft aussehen?
Wir werden die Digitalisierung unseres Geschäfts weiter vorantreiben. Gleichzeitig müssen wir neue Wege finden, wie wir digitale Tippmöglichkeiten und den stationären Handel intelligenter verknüpfen. Denn oftmals ist die Abgabe eines Lottoscheins eben doch eine spontane Entscheidung beim Einkauf. Ferner gilt es in jedem Fall auch, internationale Kooperationen weiter auszubauen. Der Eurojackpot ist hier ein gutes Beispiel, wo es gelungen ist, 33 Lottogesellschaften aus 18 Nationen in nur einer Lotterie zu vereinen.