Die Rente ist sicher – aber nur mit Aktien

Mehr Deutsche an den Kapitalmarkt: Wege zu diesem Ziel weisen Stefan Vollmer, als Leiter Wholesale verantwortlich für den Vertrieb in Deutschland, und Christoph Zschätzsch, der die Entwicklung aktiv gemanagter Fonds bei der DWS leitet.

Stefan Vollmer leitet den Bereich Wholesale der DWS in Deutschland.
Stefan Vollmer leitet den Bereich Wholesale der DWS in Deutschland.
DWS Beitrag

Herr Vollmer, Herr Zschätzsch, seit Jahrzehnten ist der Anteil der Deutschen, die Geld am Kapitalmarkt investieren, viel niedriger als beispielsweise in den USA oder Schweden – woran liegt das?

Stefan Vollmer: In den USA besitzen rund 55 Prozent der Bürger Aktien und betrachten das als selbstverständlich. Unter anderem, weil das Rentensystem stark kapitalmarktbasiert funktioniert und dahingehend staatlich gefördert wird. Auch Schweden hat durch Reformen Anfang der 2000er-Jahre eine erfolgreiche Aktienrente eingeführt. Wie in den USA fördert der Staat das Engagement steuerlich, ebenso ist finanzielle Bildung schon in der Schule ein Thema. Viele Deutsche dagegen halten Aktieninvestments für spekulativ, der Börse hängt der Ruf des Zockens an, und sie gilt als etwas für Profis. Auch die Erinnerung an Börsencrashs der Vergangenheit spielt eine Rolle, das wird über Generationen weitergegeben. Christoph Zschätzsch: 
Ein zentraler Aspekt ist unser umlagefinanziertes Rentensystem, das keinen Anreiz für Investitionen am Kapitalmarkt schafft. Die Historie zeigt, dass langfristig orientierte Anlagen über mehrere Jahrzehnte nicht nur den realen Kapitalerhalt sichern, sondern das eingesetzte Kapital überdurchschnittlich vermehren. Eine – oft teure – Garantie, wie sie bei der Riester-Rente existiert, ist daher eigentlich unnötig.
 

Warum sollte sich die niedrige Aktionärsquote in Deutschland überhaupt erhöhen? Und wie ließe sich das bewerkstelligen?

Stefan Vollmer: Wir benötigen dringend eine kapitalmarktbasierte Lösung für unser Rentensystem, das absehbar nicht in der Lage sein wird, das Wohlstandsniveau auch im Alter zu halten. Die Regierung muss die private Altersvorsorge in Form einer Gesetzgebung fördern, beispielsweise durch eine Reform der Riester-Rente in Richtung eines geförderten Altersvorsorgedepots. Politiker müssen sich auch ihrer Vorbildfunktion bewusst sein: Wir hatten einmal einen Finanzminister, der gesagt hat, er spare mit dem Girokonto – später wurde er Bundeskanzler. 

Christoph Zschätzsch: Langfristig bedarf es einer viel stärkeren Aufklärung über die Möglichkeiten des Kapitalmarktes, auch an Schulen und Universitäten. Die DWS ist sich ihrer Verantwortung bewusst, finanzielle Bildung in allen Altersklassen zu fördern. Unsere Mitarbeiter besuchen Schulen und Universitäten, um Vorträge zu halten und Schüler und Studierende frühzeitig an das Thema heranzuführen. Aber klar ist auch, dass wir alle gemeinsam, Politik, Medien, Wirtschaft und Finanzinstitute, einen indirekten Bildungsauftrag haben – nur so erreichen wir die breite Gesellschaft.

 

In der ersten Stunde des Unterrichts käme wahrscheinlich die Frage auf: Warum soll ich persönlich Aktien kaufen?

Stefan Vollmer: Einfache Antwort: Warum nicht? Positiv gewendet: Langfristig bieten Aktienanlagen deutlich höhere Renditepotenziale als reine Zinsanlagen. Alles dreht sich um die Frage, wie lange man spart. Historisch betrachtet tendiert das Verlustrisiko bei einem globalen Fonds ab einem Anlagezeitraum von rund 15 Jahren gegen null. Es lassen sich Renditen erwirtschaften, die im langfristigen Durchschnitt oberhalb der Inflationsrate liegen und einen Netto-Kapitalzuwachs ergeben. Zusätzlich beteiligt sich der Bürger damit am wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen und profitiert gleichzeitig durch deren Gewinne, die zum Beispiel in Form von Dividenden ausgeschüttet werden.

 

Welche Anlagestrategie eignet sich für wen?

Christoph Zschätzsch: Es ist immer sinnvoll, eine Einmalanlage mit einem Investmentsparplan zu kombinieren, der sich auch eignet, um unerfahrene Anleger an den Kapitalmarkt heranzuführen. Sie profitieren dabei vom Cost Average Effect – also der Tatsache, dass sie bei hohen Kursen weniger und bei niedrigen Kursen mehr Anteile erwerben mit der monatlichen Sparrate. Grundsätzlich gilt: Je länger die Anlage läuft, desto höher die Rendite und desto größer die Wahrscheinlichkeit, Kursschwankungen auszugleichen. Außerdem kann eine langfristige Orientierung dem Anleger die Angst nehmen, den richtigen Einstiegszeitpunkt zu verpassen; getreu dem Motto: „Zeit schlägt Zeitpunkt“. 
Stefan Vollmer: Wer schon ein gewisses Vermögen aufgebaut hat, sollte auf die Diversifikation seines Portfolios 
achten zum Beispiel mit Aktien-, Renten- oder Mischfonds  mit Fokus auf unterschiedliche Länder und Währungsräume. Bei größeren Vermögen können auch alternative Anlagen wie Gold oder Infrastruktur in Betracht gezogen werden.

Christoph Zschätzsch ist Leiter der Produktentwicklung für das aktive Fondsgeschäft der DWS
Christoph Zschätzsch ist Leiter der Produktentwicklung für das aktive Fondsgeschäft der DWS

Wie kann ein privater Anleger bei all diesen Optionen den Überblick behalten?

Christoph Zschätzsch: Es gibt verschiedene Wege, die alle ihre Vorteile haben: unter anderem self-directed, also auf eigene Faust, mit der Hilfe eines Finanzberaters – oder auch indem man sein Geld einem Fonds anvertraut, den ein Fondsmanager verwaltet. Aktiv gemanagte Fonds können verschiedene Risikoparameter und Investitionsspektren abbilden: von klassischen globalen Aktienfonds über Mischfonds, die alle Anlageklassen abdecken, bis hin zu reinen Anleihenportfolios. Die DWS verfügt über die ganze Bandbreite an Produkten. Aus den einzelnen Bausteinen stellt der Berater in Absprache mit dem Kunden, basierend auf dessen Anlagehorizont und Risikotragfähigkeit, die richtige Mischung zusammen.
 

Wer am Kapitalmarkt erfolgreich investiert hat, mag sich aber auch fragen, wie und wann er das Geld entnehmen kann. Welche Möglichkeiten gibt es dafür?

Christoph Zschätzsch: Wenn das Geld einfach auf einem Konto „geparkt“ wird, verliert es aufgrund der Inflation langfristig an Wert. Es gibt verschiedene Alternativen: Die einfachste sind monatlich ausschüttende Anteilsklassen – damit erhält der Anleger aus dem angesparten Vermögen ein passives Einkommen, während das Geld am Kapitalmarkt weiter für ihn arbeitet. Es gibt auch Entnahmepläne im Rahmen eines Depots, bei denen das Geld in verschiedene Töpfe umgeschichtet wird – etwa langfristige Optionen für Geld, das man erst in 20 Jahren braucht, kurz- oder mittelfristige für den aktuellen Lebensunterhalt. Bei so genannten Lebenszyklusmodellen werden die Entnahmepläne von Anfang an berücksichtigt.
 

Welche Trends sehen Sie bei der professionellen Geldanlage?

Stefan Vollmer: Mich treibt die derzeitige Grundsatzdiskussion über die Überlegenheit verschiedener Investments um: aktiv versus passiv, alternative versus traditionelle Anlagen – dabei schließen sie sich gegenseitig nicht aus, meist ist es ein Zusammenspiel. Jahrelang haben viele professionelle Fondseinkäufer vor allem passive Bausteine in ihrer Asset Allokation genutzt. Dabei wurde vielfach verkannt, dass Fondsmanager in gewissen Bereichen auch über einen längeren Zyklus hinweg nachhaltig und konstant Alpha erzielen können. Vereinfacht gesagt: Mit erfolgreichen aktiven Strategien können sie die Rendite eines Portfolios durch gekonnte Auswahl einzelner Wertpapiere steigern. Es sollte uns gelingen, die Wertigkeit dieses aktiven Fondsmanagements an die junge Generation zu vermitteln – und damit langfristig die Aktionärsquote in der Gesellschaft zu steigern.

www.dws.com

 

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