Nur Bares ist Wahres. Den Deutschen wird eine sehr innige Beziehung zu Bargeld nachgesagt. Erst im Februar hat die Postbank Umfrageergebnisse veröffentlicht, wonach knapp die Hälfte der Bundesbürger (48,1 Prozent) selbst im Urlaub gerne mit Scheinen und Münzen bezahlt – und davon sogar die Auswahl des Reiseziels abhängig macht.
Zum Glück, möchte man sagen, sind die Menschen im Land in puncto Geldanlage etwas „fortschrittlicher“. Immerhin legen laut aktuellem Chartbericht „Digital Finance 2024“ des Digitalverbands Bitkom 42 Prozent der Befragten ihr Geld über Online-Banking an. An Online-Broker trauen sich hingegen erst acht Prozent der Befragten heran. Die wissen dafür allerdings die Vorzüge auch wirklich zu schätzen.
Auf die Frage, warum sie Online-Broker nutzen, antworteten 55 Prozent, dass es dort alleine schon höhere Zinsen aufs Tagesgeld gibt, die Gebühren niedriger sind (52 Prozent), die Benutzerfreundlichkeit hoch ist (50 Prozent) und man grundsätzlich flexibel überall und jederzeit investieren kann (45 Prozent). Ferner lobten die Befragten die breite Palette an Anlageprodukten (41 Prozent). Dass Online-Broker auch Zugang zu eher neuen und innovativen Anlageprodukten wie Krypto bieten, wissen hingegen erst 14 Prozent der Befragten zu schätzen.
TREND ZUM NEO-BROKER?
Was die noch eher zurückhaltende Nutzung von Online-Brokern vielleicht erklären kann: Nicht immer ist klar, welche Anbieter seriös sind. Denn immer dann, wenn ein Markt schnell wächst – bestes Beispiel sind die zahlreichen Krypto-Händler, die mit dem Boom von Bitcoin und Co. wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, gibt es auch schwarze Schafe. Oder aber die Services sind noch nicht komplett ausgereift. Denn auch wenn die aktuellen Turbulenzen an den weltweiten Märkten sicherlich ein absolutes Ausnahmeszenario darstellen – die Tatsache, dass der Neo-Broker Trade Republic (und vereinzelt auch andere Online-Broker) während des ganz großen Absturzes am 7. April vorübergehend nicht erreichbar war oder Depots der Nutzer nicht mehr angezeigt wurden, kann durchaus als Vertrauensverlust gewertet werden, was die Zuverlässigkeit der Technik angeht. Selbst wenn sich alle Nutzer zur selben Zeit einloggen und Wertpapiere handeln wollen, muss das technisch möglich sein. Einige Anleger nahmen es mit Humor, schrieben auf X Kommentare wie „Trade Republic will nicht mehr anzeigen, wie schlimm es ist“, dennoch bleibt ein Beigeschmack nach einer derartigen Panne. Dabei sollen Digitalisierung und neue Technologien ja vor allem eins: Die Emotionen aus der Geldanlage nehmen. Zumindest sind die sogenannten Robo Advisor vor einigen Jahren mit diesem erklärten Ziel angetreten. Sie standardisieren Geldanlage, vertrauen dem Algorithmus und blenden Emotionen sowie kurzfristige Marktschwankungen komplett aus. Das hat Vorteile, ist aber kein Allheilmittel. Verluste komplett ausschließen können auch Robo Advisor nicht, was paradoxerweise mit ebenjenen Emotionen zu tun hat. Denn wenn wie jetzt im April alle Anleger in Panik auf einmal verkaufen, um Verluste zu minimieren, hat eine solche Marktschwankung natürlich auch Einfluss auf die Performance eines von einem Robo Advisor gemanagten Portfolios. Allerdings können Technologie und Algorithmus dazu beitragen, dass sich die Verluste minimieren, indem beispielsweise Assets bewusst verkauft oder solche Kursstürze sogar gezielt zum Zukauf genutzt werden.
KI KANN VERTRAUEN WECKEN
Robo Advisor nutzen damit schon deutlich länger Künstliche Intelligenz für Transaktionen, noch bevor die KI durch Chat GPT an Relevanz in der öffentlichen Wahrnehmung gewonnen hat. Dennoch profitieren auch Robo Advisor vom aktuellen KI-Hype, indem immer mehr prädikative Analysen in die Anlageentscheidungen einfließen. Das Ziel dahinter: Trendwechsel aus Charts und ähnlichen Informationen herauslesen, bevor sie Einfluss auf die Kurse haben. Und auch im Risikomanagement – von dem die meisten Experten glauben, dass seine Bedeutung in Zukunft noch weiter steigt – kann die KI mittlerweile wertvolle Beiträge leisten.
Interessant ist, dass auch Anleger durchaus von den Vorzügen der KI für ihre Geldanlage überzeugt sind. Laut Bitkom-Umfrage möchten sich mittlerweile 37 Prozent der Befragten von einer KI auf Grundlage der eigenen Lebenssituation zur Altersvorsorge beraten lassen. 26 Prozent glauben, dass eine KI passendere Empfehlungen zu Finanzprodukten geben kann als ein Mensch. Immerhin noch 20 Prozent würden die eigene Finanzplanung an eine KI abgeben, damit die ihnen dann aufzeigt, was man sich leisten kann und wo man sparen muss – und solange das nicht am Urlaub ist, wird wohl alles okay sein.