Konkurrenz und Kooperation

Immer mehr Versicherungen arbeiten mit Start-ups zusammen, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dabei müssen Kommunikationshürden überwunden werden.
Illustrationen: Wyn Tiedmers
Illustrationen: Wyn Tiedmers
Axel Novak Redaktion

Die Party findet zeitgemäß im kleinen Rahmen statt: Bei der Ergo-Versicherung feiern sie Geburtstag, und zwar ihrer virtuellen Mitarbeiter: 43 KI-gestützte Programme, sogenannte Bots, arbeiten mittlerweile bei der Versicherung. Mehr als 30.000 Vorgänge bearbeiten sie im Monat. Und weil die echten Mitarbeiter den virtuellen Kollegen dafür so dankbar sind, wird gefeiert.


Wie viele andere Versicherer hat Ergo den Trend erkannt: Die ganze Branche ist im Umbruch. Die Digitalisierung verlangt danach, schneller, besser und kostengünstiger auf Kundenanforderungen zu reagieren. Und nun drückt auch noch die Corona-Pandemie die Gewinne der Unternehmen.


Noch dazu stellen neue, digitale Player, die InsurTechs, die etablierten Geschäftsmodelle der Versicherer in Frage. Sie automatisieren und flexibilisieren traditionelle Prozesse und wollen mit ihren kundenzentrierten, datengetriebenen Produkten Kunden gewinnen. 134 InsurTechs waren Mitte 2019 auf dem deutschen Markt aktiv, so der jüngste InsurTech-Radar der Unternehmensberater von Oliver Wyman.


Die Deutschen sind nämlich längst digital: Jeder zweite Bundesbürger hat schon einmal eine Versicherung online abgeschlossen und würde Versicherungsangelegenheiten über die Bank-Plattform erledigen. Ein zunehmend wichtigerer Vertriebskanal ist das Smartphone: Jeder dritte Bundesbürger kann sich vorstellen, künftig eine Versicherung über sein Smartphone abzuschließen, so die Bitkom-Studie „Digital Finance 2019“.  Auch sensible Informationen sind nicht mehr Tabu: Viele Menschen sind mittlerweile bereit, persönliche Daten bereitzustellen, wenn dafür die Versicherungsbeiträge sinken.

 

Digitale Produkte und Services

 

Die Versicherer tun sich schwer, darauf zu reagieren. „Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich Versicherer, aber auch Broker oder Finanzvertriebe, schnellstmöglich noch kundenzentrierter aufstellen und Kundenbedürfnisse in Vertriebs-, Produkt- oder Pricingstrategie erfüllen“, sagt Christian Mylius, Partner und Managing Director bei EY Innovalue. Es fehlen vor allem digitale Produkte und Services auf Plattformen oder in anderen Ökosystemen.


Deshalb kooperieren die Versicherer mit vielen verschiedenen Startups und erhoffen sich so den großen Sprung nach vorn: „Vergleichbar mit den „Goldenen Zwanzigern“ des
20. Jahrhunderts stehen uns große technologische Fortschritte bevor, die sich nun durchsetzen und kommerziell umgesetzt werden können“, schreiben Jason Engelbrecht, Chief Technology Officer bei Munich Re, und Roland Braun, IT-Stratege
bei der ERGO Group euphorisch im neuen Tech-Trend-Radar ihrer Unternehmen.


Doch die Zusammenarbeit zwischen konventionellen Versicherungsunternehmen und jungen, agilen Startups ist nicht einfach. Noch kranken die großen Versicherer an einem ganz banalen, analogen Problem: der fehlenden digitalen Expertise im Unternehmen. Spezielle Einrichtungen wie das InsurTech Hub in München wollen daher diese beiden Welten zusammenbringen. „Ideas are cheap — it’s all about the people” – lautet das Motto des Hubs. Und damit treffen die Organisatoren den Nagel auf den Kopf.

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