Sie hat die Ausmaße eines Fußballfelds, kann 150 Tonnen Wasserdampf pro Stunde erzeugen und spart jährlich 390.000 Tonnen CO2: Das sind die Eckdaten einer der größten industriellen Wärmepumpen der Welt, die der Chemie-Gigant BASF gemeinsam mit MAN Energy Solutions am Standort Ludwigshafen bauen will. Denn ohne Wasserdampf geht in der chemischen Industrie gar nichts, verwendet wird er unter anderem zum Trocknen von Produkten, zum Aufheizen von Reaktoren oder zum Destillieren. Allein am Stammsitz benötigt BASF rund 20 Millionen Tonnen jährlich – einen Teil davon soll künftig die geplante Groß-Wärmepumpe mit Strom aus erneuerbaren Energien und Abwärme aus dem Kühlwassersystem erzeugen.
Die Dimensionen des Projekts sind außergewöhnlich, doch Wärmepumpen in Industrie und Gewerbe sind es grundsätzlich nicht mehr. Wie viele Geräte in diesem Bereich in Deutschland bereits eingesetzt werden, wertet der Bundesverband Wärmepumpe derzeit auf Basis einer Erhebung für 2022 zwar noch aus. Fest steht schon jetzt: Wärmepumpen bieten ein enormes Potenzial zur Gebäudeheizung und -kühlung sowie zur Erzeugung von Prozesswärme.
Gerade dieser letzte Aspekt macht Wärmepumpen für die Industrie so interessant: Laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE wurden 2018 rund ein Fünftel des Endenergiebedarfs in Deutschland für Prozesswärme – zu der unter anderem auch der bei BASF genutzte Dampf zählt – verwendet. Der Löwenanteil dieser Wärme wird durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe erzeugt. Das macht es unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes notwendig, auf Wärmeerzeugung mittels Strom aus erneuerbaren Energien umzuschwenken. Nach Angaben des Fraunhofer-Instituts können Wärmepumpen die nötigen Temperaturen, die sich für die meisten Prozesse im Bereich von weniger als 150 Grad Celsius bewegen, mit guten Wirkungsgraden erzeugen und Prozesswärme auch in großen Leistungsklassen stabil bereitstellen.
Was eine Wasser-Wärmepumpe in Sachen Heizung und Kühlung im großen Maßstab leistet, zeigt ein Beispiel aus dem bayerischen Pocking: Die dortige Inntal-Gärtnerei gehört nach dem Neubau eines mehr als 30.000 Quadratmeter umfassenden Pflanzen- und Logistikzentrums zu den größten Betrieben ihrer Art in der Region. Für energieeffizientes Heizen sorgt eine Großwärmepumpe, die sich den wegen der Nähe zum Inn hohen Grundwasserspiegel zunutze macht. Die Anlage mit einer Leistung von 1.560 kW versorgt die Bodenheizungen in den Gewächshäusern – bis zu 35 Grad Celsius sind möglich, 80 Prozent des Energiebedarfs werden durch die Nutzung des Grundwassers gedeckt. Da es den Pflanzen auch nicht zu heiß werden darf, kann die Wärmepumpe mit ihrer Kühlfunktion überschüssige Wärme ins Grundwasser zurückleiten, dafür ist lediglich eine Umwälzpumpe nötig (siehe auch Kasten zur Kühlfunktion von Wärmepumpen).
Etwas mehr Aufwand betrieben hat die Deutsche Bahn im Kölner Stadtteil Nippes, wo sich auf einer Fläche von mehr als 22.000 Quadratmetern das erste CO2-neutrale ICE-Instandhaltungswerk befindet – bis zu 16 der Fernverkehrszüge können dort pro Nacht gewartet werden. Für die klimafreundliche Beheizung des Areals und seiner Gebäude sorgen unter anderem drei Großwärmepumpen, deren Strom eine 2.100 Quadratmeter große Photovoltaikanlage bereitstellt, die Heizleistung der Wärmepumpen beläuft sich auf 4,9 MW. Die Warmwasserversorgung übernimmt eine Solarthermieanlage mit einer Leistung von 100 kW. Insgesamt spart die Kombination verschiedener Technologien jährlich mehr als 1.000 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen ein.
Egal, ob Konzern, Mittelständler oder Kleinunternehmen: Firmen, die Wärmepumpen einsetzen möchten, müssen gesetzliche Vorgaben beachten. Sie fallen unterschiedlich aus, je nachdem, ob als Wärmequelle das Erdreich, Luft oder Wasser angezapft werden. Ebenso können die Vorgaben der jeweiligen zuständigen Landesbehörden variieren. Das trifft insbesondere bei Bohrungen ins Erdreich zu, eine genaue Abfrage der erforderlichen Genehmigungen sollte also einer der ersten Schritte bei der Anlagenplanung sein – als Bonbon stellt der Staat für die Erschließung von Erdwärme für Wärmepumpen (noch) relativ hohe Förderungen in Aussicht.
Bei Geräten, die Wasser als Wärmequelle nutzen, ist im Vorfeld eine Wasseranalyse nötig, außerdem sind Bohrungen auch in diesem Fall natürlich genehmigungspflichtig. Ordentliche finanzielle Zuschüsse vom Bund sind ebenso drin.
Eine Ausnahme bilden Luft-Wärmepumpen, denn sie erfordern keine besonderen Genehmigungen, beachtet werden müssen aber die rechtlichen Vorschriften zum Lärmschutz, denn die Geräte saugen Luft mittels großer Ventilatoren an – bei BASF in Ludwigshafen wäre man wahrscheinlich froh, nur solchen vergleichsweise kleinen Herausforderungen begegnen zu müssen.
Nicht nur heiße Luft
Der Name lässt es nicht vermuten, aber Wärmepumpen können auch kühlen. Das kann gerade in industriellen Zusammenhängen sehr wichtig sein, wenn zentrale Funktionen temperaturempfindlich sind – ein Beispiel sind große Server, die im Gebäude viel Wärme erzeugen und selbst nicht überhitzen dürfen. Normalerweise, das heißt im Heizbetrieb, nimmt eine Wärmepumpe Wärme aus Luft, Wasser oder Erdreich auf und überträgt sie auf ein zirkulierendes Kältemittel, das dadurch zu Gas verdampft. Ein Kompressor verdichtet das Gas, durch den Druck wird es heiß. Anschließend wird das Kältemittel kondensiert und gibt die Wärme ab, beispielsweise an das Wasser in Heizungsrohren. Beim Kühlen läuft dieser Prozess umgekehrt ab: Die Wärmepumpe nimmt Wärme aus dem Gebäude auf und entlässt sie in die Umgebungsluft. Weil dabei der Kompressor in Betrieb ist, spricht man von aktiver Kühlung. Bei der passiven Kühlung dagegen wird kein Kompressor gebraucht, die Gebäudewärme wird lediglich durch eine Umwälzpumpe in den kühleren Untergrund geleitet. Das große Plus dieser Variante: Das Erdreich kann die abgeleitete Wärme teilweise speichern, damit steht sie der Wärmepumpe später wieder zum Heizen zur Verfügung.