Kupferbeile, Bernstein, Zinn oder Messer aus Obsidian: Schon in der Steinzeit war Europa von einem Netz aus Handels- und Transportrouten durchzogen, das viele Tausend Kilometer umfasste. Und schon damals muss es Menschen gegeben haben, die sich um das kümmerten, was wir heute Logistik nennen – die Organisation von Warenströmen auf lokaler, regionaler und globaler Ebene als Grundlage jeglichen Wirtschaftens. Wir haben uns daran gewöhnt, dass Produkte – online bestellt – am nächsten Tag vor der Haustür stehen, frisches Obst täglich im Supermarkt verfügbar ist. Handys und T-Shirts, in China produziert, landen per Schiff oder Flugzeug in Europa und werden dort mit Lkws, weniger häufig auf der Schiene, zu den Verteilzentren des Einzelhandels und von dort in die Läden transportiert.
Logistik umfasst aber nicht nur den reinen Transport von Handelsgütern. Im Bereich der Intralogistik geht es darum, wie zum Beispiel produzierende Unternehmen Rohstoffe oder halbfertige Produkte innerhalb ihres Produktionsnetzwerkes transportieren – innerhalb von Firmengeländen oder zwischen verschiedenen Produktionsstandorten. Und im weiteren Sinne gehört auch der Bau und der Betrieb von Lagerstandorten zur Logistik.
Kein Wunder, ist denn auch die Logistik in Deutschland der größte Wirtschaftsbereich nach der Automobilwirtschaft und dem Handel. Sie rangiert noch vor der Elektronikbranche und dem Maschinenbau, mit mehr als drei Millionen übertrifft sie dessen Beschäftigtenzahl um das Dreifache. Laut der Bundesvereinigung Logistik (BVL) erwirtschaftete die Branche 2023 rund 327 Milliarden Euro Umsatz, das entspricht einem Zuwachs von 2,5 Prozent im Vergleich zu 2022.
Der BVL sagt auch: Nur knapp die Hälfte der logistischen Leistungen, die in Deutschland erbracht werden, besteht in der gemeinhin sichtbaren Bewegung von Gütern durch Dienstleister. Die andere Hälfte findet in der Planung, Steuerung und Umsetzung innerhalb von Unternehmen statt. Dennoch prägen unser Bild von der Logistik häufig endlose Lkw-Schlangen, die Autobahnen und Straßen verstopfen. Nicht zu Unrecht: Nach einer Studie im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums wird der Güterverkehr bis 2051 im Vergleich zum Jahr 2019 um fast die Hälfte steigen. Dabei soll sich der Lkw-Verkehr um 54 Prozent erhöhen und dann 77,5 Prozent des Transportverkehrs ausmachen.
Das bleibt nicht ohne Folgen fürs Klima. Laut der International Energy Agency (IEA) ist die Logistik bereits heute für über 24 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Unter dem Schlagwort der „Grünen Logistik“ bemühen sich deshalb Unternehmen, ihren CO2-Fußabdruck auch im Bereich der Logistik zu verringern. Getrieben sind sie dabei nicht nur von den Plänen zur klimaneutralen Wirtschaft, sondern auch von europäischen Vorgaben zur Dokumentation ihres Wirtschaftsverhaltens. Über die sogenannte Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtetet die EU große Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, und der umfasst auch die Emissionen in der Logistik. Kleine, nicht börsennotierte Unternehmen sind ausgenommen, doch als Zulieferer oder Auftragnehmer entlang der Lieferkette stehen auch sie häufig vor der Aufgabe, ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zu dokumentieren. Was also können Unternehmen tun? Naheliegend ist es, auf alternative Antriebe im Transport zu setzen. Moderne Gebäudetechnik verringert den CO2-Fußabdruck von Lagergebäuden. Und Telematik macht Warenströme effizienter. Nachfolgend einige Beispiele für Projekte der Grünen Logistik.
GEIS GLOBAL LOGISTICS: VERBRAUCHSOPTIMIERTES FAHREN UND TELEMATIK
Durch Schulungen für Fahrer und die Ausstattung des Fuhrparks mit Telematik-Technik konnte Geis Global Logistics im vergangenen Jahr gut vier Prozent an CO2-Emissionen im Transport einsparen. Telematik, beispielsweise die automatisierte Fahrzeugverfolgung, erhöht die Effizienz in der Routenplanung und der Fahrzeugauslastung und verringert so unter anderem unnötige Leerfahrten. Fahrerschulungen zur spritsparenden Fahrweise sind eine relativ leicht umzusetzende Maßnahme zur Senkung der Emissionen.
LIDL: NACHHALTIGES BAUEN UND ERNEUERBARE ENERGIEN
Der Discounter Lidl senkt seine Treibhausgasemissionen um rund 30 Prozent, indem er an den Lagerstandorten, der Inbound-Logistik und der Distributionslogistik ansetzt. Dazu tragen Maßnahmen wie die Umstellung des Strombezugs der Lagerstandorte auf 100 Prozent Grünstrom, der Austausch der Kältemittel, der Ausbau der Stromerzeugung mit Photovoltaik-Anlagen und die Modernisierung der Fahrzeugflotte beauftragter Transportunternehmen bei. Für das Verwaltungs- und Warenverteilzentrum in Erlensee strebt das Unternehmen eine Platin-Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen an.
TCHIBO: UMSTIEG AUF DIE SCHIENE
Von 2020 bis 2022 konnte Tchibo den Ausstoß von Treibhausgasen um rund 18 Prozent senken. Den größten Anteil an dieser Reduzierung erzielte der Handelsriese durch das Verlagern von Transporten zwischen dem Zentrallager in Bremen und den Standorten in Neumarkt und Cheb in Tschechien auf Güterzüge, die auf einem Großteil der Strecke mit Grünstrom betrieben werden. Zudem wurden Logistikprozesse optimiert: So werden zum Beispiel ausschließlich online verkaufte Produkte direkt in das Lager nach Cheb geliefert. Zuvor war ein Umweg über das Zentrallager in Bremen notwendig. Auf einer Teststrecke wurde der Einsatz von elektrischen LKW für Kaffeecontainer getestet. Der elektrische Transport soll in Zukunft bis zu 50 Prozent des Lkw-Betriebes ausmachen.
EDEKA: GRÜNSTROMBEZUG UND LNG-LKWS
Edeka Minden Hannover ist die umsatzstärkste Regionalgesellschaft innerhalb des Edeka-Verbundes. Sie konnte im Vergleich zum Basisjahr 2018 ihre CO2-Emissionen bis 2022 um 32 Prozent pro ausgelieferter Einheit senken. Herzstück der Transformation ist der Umstieg auf LKWs, die mit dem erneuerbaren Kraftstoff Bio-LNG betrieben werden. Aktuell sind bereits 80 LNG-Fahrzeuge im Einsatz, bis Ende 2025 will Edeka Minden Hannover den gesamten Fuhrpark umstellen. Der Bezug von Grünstrom, die Umrüstung der Innen- und Außenbeleuchtung auf LED sowie weitere energieoptimierende Maßnahmen haben sich ebenfalls positiv auf die Klimabilanz ausgewirkt.