Von Photovoltaik zu Wasserstoff

Themen & Trends rund um die Energiewende

Illustration: Danae Diaz
Illustration: Danae Diaz
Olaf Strohm Redaktion

Balkonsolaranlagen werden entbürokratisiert

Privathaushalte sollen künftig leichter Stecker-PV-Anlagen, so genannte „Balkonkraftwerke“, anschließen können. Zudem wird ihre erlaubte Leistung von 600 Watt Peak auf 800 Watt Peak gesteigert. Eine Petition des Youtubers Andreas Schmitz und des Freiburger Vereins „Balkon Solar“ hatte mehr als 102.000 Unterschriften zusammenbekommen. 50.000 sind nötig, damit sich der Bundestag mit einem Thema beschäftigt. Danach sollen die Anmeldeverfahren vereinfacht werden, um Steckersolargeräte bis 800 Watt per Schukostecker an die Steckdose anschließen zu können. So lange keine digitalen Messgeräte eingebaut sind, dürfen Balkonkraftwerke auch in Haushalten mit Stromzählern eingebaut werden, die sich rückwärts drehen können. Damit kann Strom eingespart werden, auch wenn er nicht zum Zeitpunkt der Produktion verbraucht wird. Die Bundesregierung hat bereits signalisiert, dass sie die in der Petition erhobenen Forderungen unterstützt und umsetzen will.
 

Bundesnetzagentur erhält mehr Kompetenzen

Um den fairen Zugang zur Energie-Infrastruktur für alle Akteure zu gewährleisten, wird das Regulierungsrecht grundlegend geändert. Hintergrund ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2021, die den Marktzugang zu den deutschen Netzen als nicht fair beurteilte.  Ein Referentenentwurf zur Änderung des EnWG sieht nun vor, der Politik den Einfluss zu entziehen. Die bislang normative Regulierung soll durch sogenannte „Festlegungskompetenzen“ der Bundesnetzagentur ersetzt werden. Damit werden die Kompetenzen der Bundesnetzagentur massiv erhöht. Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen VKU, erklärte, es falle viel politische Arbeit weg, da die Entscheidungen jetzt nicht mehr bei der Politik lägen, sondern ausschließlich bei der Bundesnetzagentur. In der Übergangszeit bis spätestens 2028 erhält die Bundesnetzagentur noch die Möglichkeit, aus ihrer Sicht änderungsbedürftige Regelungen der Rechtsverordnungen zu diskutieren.
 

Strom aus dem Baltikum

Zwischen Deutschland und Estland wird ein 750 Kilometer langes Seekabel verlegt, um baltischen Offshore-Strom nach Deutschland zu transportieren. Eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichneten 50-Hertz-Chef Stefan Kapferer und sein estnischer Amtskollege bei Elering, Taavi Veskimägi, am Rande des „Baltic Offshore Wind Forums“ im Auswärtigen Amt in Berlin. Geplant ist ein Windpark vor den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen. Stefan Wenzel, Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, betonte die Bedeutung von Stromimporten aus dem Nordsee- und Ostseeraum für Deutschland. Sie entwickelten sich zu einem relevanten Baustein für die deutsche Energiewende und können einen entscheidenden Beitrag zur Unabhängigkeit Europas von fossilen Energieträgern leisten.
 

Atomkraft in Polen

Bis 2030 soll der erste so genannte Small Modular Reactor (SMR) in Polen entstehen. Die Standortsuche hat schon begonnen. Der polnische Energieversorger Orlen hat sieben mögliche Standorte in Polen ausgemacht, die sich für den Bau eines SMR anbieten würden. Als SMR werden kleine Kernkraftwerke bis 300 Gigawatt Leistung bezeichnet, die alle Komponenten des Primärkreises in einem einzigen Modul enthalten. Das macht sie transportfähig und effizient in der Fertigung. Einzelne Module können bei Bedarf zu einem größeren Kraftwerk zusammengeschlossen werden. Zum Einsatz soll ein Kraftwerk kommen, das von GE Hitachi entwickelt wird. Polen erhofft sich mit den SMR eine neue Quelle für billigen und CO2-freien Strom. Die Stromleistung eines SMR soll ausreichen, um den Bedarf von bis zu 350.000 Haushalten zu decken. Die Gebäude für den Reaktor, die Turbine und radioaktive Abfälle sowie die Überwachungseinheit sollen die Fläche von der Größe eines Fußballfeldes einnehmen.
 

Neuartiges Wellenkraftwerk eingeweiht

Um die Energiewende voranzutreiben, haben Forscher der FH Kiel drei Jahre lang an der Entwicklung des Prototyps eines Wellenkraftwerks gearbeitet. Es wurde von Auszubildenden von German Naval Yards und ThyssenKrupp Marine Systems gebaut und ging Anfang Mai in Betrieb. Die Erfindung aus Kiel nutzt das Energiepotenzial von Wellen, indem ein Schwimmkörper eine vertikale Bewegung relativ zu einer Stab-Boje durchführt. „Durch diese Bewegung wird eine Hubstange angetrieben, an der zwei Linear-Generatoren montiert sind. Die Generatoren werden durch ein Magnetfeld hindurchgeführt und erzeugen elektrische Energie“, erklärte Christian Keindorf dem NDR. „Vereinfacht kann man das mit dem Prinzip eines Fahrraddynamos vergleichen, nur eben mit der Auf-und-ab-Bewegung der Wellen.“ Einsatzmöglichkeiten für das Wellenkraftwerk sieht Keindorf zum Beispiel in Offshore-Parks, in denen einzelne Wellenkraftwerke zwischen Windenergieanlagen platziert werden. Die Inbetriebnahme erfolgte im Rahmen einer Taufe, wie bei einem Schiff.  
 

Gase spielen weiter wichtige Rolle

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW hat die Rolle von erneuerbaren und dekarbonisierten Gasen, wie Biogas und Wasserstoff, auf dem Weg zur Klimaneutralität hervorgehoben. „Speicherfähige neue Gase und erneuerbare Stromerzeugung bilden in der klimaneutralen Energiewirtschaft der Zukunft gemeinsam ein resilientes Energiesystem. Dazu gehören die Vorhaltung alternativer Lösungen, rasche Reaktions- und Regenerationsfähigkeit im Belastungsfall und ausreichend bemessene Infrastruktur“, so Dr. Kirsten Westphal, Mitglied der Hauptgeschäftsführung beim BDEW. Einen wesentlichen Faktor für einen erfolgreichen Transformationsprozess des Energiesystems bilde dabei die Gasnetzinfrastruktur. Das heute rund eine halbe Million Kilometer lange Leitungsnetz sei bereit, Gase hin zu den Anwendungen in Industrie und Wärme zu transportieren, so Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches. „Die stahlbasierte Gasleitungsinfrastruktur kann zu 100 Prozent Wasserstoff aufnehmen. Unsere Untersuchungen zeigen darüber hinaus, dass die neuen Gase in ausreichenden Mengen und zu tragbaren Kosten verfügbar sein können, wenn die politischen Weichen entsprechend gestellt werden“, so Linke.
 

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2030 sollen 80 Prozent der Bruttostromerzeugung aus Erneuerbaren Energien kommen. Das Projekt kann nur gelingen, wenn zusätzliche Fachkräfte gewonnen werden.