Wenn Apple-Chef Tim Cook über den Missbrauch von Daten redet, lohnt es sich genauer hinzuhören. 2018 warnte er in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Focus vor der grenzenlosen Nutzung persönlicher Daten. Dies würde zu mehr Überwachung führen und diene letztlich nur den Unternehmen, die die Daten sammeln. Dabei könne mit den Daten auch viel Gutes erreicht werden, räumte Cook ein. Dies würde allerdings nicht von allein passieren. Damit meinte er einen Datenschutz, der diesen Namen auch verdient.
Wie schnell Datenschutz auf der Strecke bleiben kann, hat sich in den ersten Monaten der Corona-Pandemie gezeigt. Wenn es schnell gehen muss, dann stören umständliche und weitreichende Regelungen bloß. Das galt nicht nur für die Kontaktverfolgung mithilfe der Corona-App, sondern auch bei den eiligst bereitgestellten Homeoffice-Arbeitsplätzen inklusive der dazugehörigen Online-Konferenz-Tools. Binnen Sekunden werden AGB und Datenschutzerklärungen zur Kenntnis genommen und mit einem Klick bestätigt, sensible Daten über ungesicherte Leistungen versendet. Es überwiegt das Vertrauen, dass schon alles mit rechten Dingen zugeht.
Tatsächlich funktioniert die digitale Welt nicht ohne Vertrauen, aber sie funktioniert ebenfalls nicht ohne Regelungen und wahrgenommener Verantwortung. Natürlich sind an dieser Stelle Gesetzgeber, aber auch jeder einzelne Nutzer gefordert. Ein großer Teil der Verantwortung liegt allerdings bei Unternehmen, die Daten erfassen, bearbeiten und unter Umständen sogar weitergeben. Das hat eine Umfrage bestätigt, die vom Bundesjustizministerium im Sommer 2021 veröffentlicht wurde. Danach hielten es 70 Prozent der Befragten für wichtig, dass Unternehmen mehr digitale Verantwortung übernehmen.
Es besteht also Handlungsbedarf. Das hat auch das Ministerium erkannt und eine CDR-Initiative angestoßen, die den inzwischen veröffentlichten CDR-Kodex erarbeitet hat, der sich als erster Standard der digitalen Unternehmensverantwortung versteht. Darin werden Handlungsfelder und Leitlinien beschrieben, was digitale Verantwortung bedeutet und wie sie in Unternehmen umgesetzt werden kann. Das geht weit über den Schutz der Daten hinaus. Für Staatssekretär Christian Kastrop bietet der Kodex Orientierung, wie die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung und die zivilgesellschaftliche Verantwortung miteinander vereinbart werden können.
Genau das ist die große Aufgabe der digitalen Verantwortung, die sich nicht darin erschöpft, gesetzliche Regelungen zum Datenschutz einzuhalten, sondern die von Unternehmen geforderte gesellschaftliche Verantwortung an das digitale Zeitalter anzupassen. Das braucht Verbindlichkeit, aber es braucht auch Freiräume, damit die technologischen Vorteile etwa der künstlichen Intelligenz nicht durch gesetzliche Regelungen erstickt werden. Eingebettet in eine Digitalethik müssen Unternehmen zukünftig die gesellschaftlichen Chancen und Risiken digitaler Technologien sorgfältig abwägen. Immer nach dem Motto, nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch erstrebenswert.