Wandeln auf digitalen Pfaden

Die Digitalisierung verändert, wie wir arbeiten, wie wir leben und wie wir konsumieren. Offenheit und Wandlungs- fähigkeit sind das Rüstzeug für die Geschäftsmodelle der Zukunft.
Illustration: Anne-Sophie Engelhardt
Illustration: Anne-Sophie Engelhardt
Julia Thiem Redaktion

 

Kennen Sie die Abkürzung VPA oder haben Sie gar eine/einen? VPA steht für Virtual Personal Assistant und ist die ultimative Allzweckwaffe, um dem Arbeitsalltag zu meistern. Denn ein VPA übernimmt all jene Aufgaben, die Zeit kosten, wiederkehrend oder monoton sind oder die man schlicht und ergreifend lieber abgeben möchte, wie etwa die Buchhaltung. Oder das berühmte „Vorzimmer“.


Ein VPA wird über Plattformen wie Fiverr rekrutiert. Fiverr ist ein Online-Marktplatz für digitale Dienstleistungen. 2010 in Tel Aviv gegründet, findet man dort Freelancer auf der ganzen Welt, die einem Werbejingles produzieren, eine Webseite programmieren, ein neues Logo gestalten oder eben die E-Mails beantworten und den Kalender organisieren.


Fiverr ist ein Paradebeispiel für die sogenannte Plattformökonomie, die zusammenbringt, was zusammengehört, ohne dass die Betreiber einer solchen Plattform auch nur einen dieser Freelancer persönlich kennen oder gar auf der Gehaltsliste haben. Sie sorgen lediglich für eine für beide Seiten sichere Abwicklung und über Bewertungen und Preisvergleiche für eine hohe Transparenz der angebotenen Dienstleistungen – wie Uber, das Taxiunternehmen ohne Fuhrpark oder Airbnb, der Übernachtungsspezialist ohne Immobilie.


Der Grund, warum diese Unternehmen so gerne als Primus herangezogen werden, ist einfach erklärt: Sie zeigen eindrucksvoll, wie Digitalisierung, geschickt eingesetzt, ganz neue Geschäftsmodelle zu Tage fördert – und etablierte Modelle mitunter vom Markt verdrängen oder zumindest unter Druck setzen kann. Und davor sind selbst große Banken oder Hedgefonds nicht gefeit, wie die Trading App Robinhood und der Social News Aggregetor Reddit Anfang dieses Jahres gezeigt haben. Über beide Kanäle haben sich Tech-affine Anleger verabredet, Aktien der US-Videospiel-Kette Gamestop zu kaufen, die einige große Hedgefonds zuvor „geshortet“ hatten, was so viel heißt wie „auf fallende Kurse wetten“. Die Strategie ging auf, die Macht der Vielen hat die Finanzkraft der vermeintlich Großen ziemlich erschüttert und tagelang die Nachrichten bestimmt. Mittlerweile hat die Trading App Robinhood sogar selbst den Gang aufs Börsenparkett gewagt.


Es müssen aber gar nicht immer die jungen Wilden sein, die etablierte Geschäftsmodelle neu denken. Eine der Kernbranchen der deutschen Industrie durchläuft gerade ebenfalls einen elementaren Wandel aufgrund des hohen Digitalisierungsdrucks. Die Rede ist von der Automobilindustrie, die zunehmend bestrebt ist, nicht mehr das Automobil oder gar seinen Besitz in den Vordergrund zu stellen, sondern vielmehr die Services und Dienstleistungen anpreist, mit denen ein Fahrzeug Mehrwert in den Alltag seiner Nutzer bringen kann. Das ist in erster Linie die verbaute Software, aber eben auch ein Schwenk hin zu ganzheitlich gedachten Angeboten, die einem Kunden oder einer Kundin ein Fahrzeug für einen gewissen Zeitraum zur Verfügung stellen, dann aber mit allen Leistungen inklusive. Welche digitalen Pfade künftig noch entdeckt und nutzbar gemacht werden, ist noch gar nicht absehbar. So viel ist aber sicher: Es bleibt spannend. 

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