Hat der Mittelstand die besten Mitarbeitenden? Das kann durchaus sein. Voraussetzung ist aber, die Wünsche und Bedürfnisse nach guter Arbeit und Nachhaltigkeit seiner Beschäftigten zu erfüllen. Seit dem Mittelstandsreport des Jobportals Stepstone ist die Sache klar: Sechs von zehn Fachkräften möchten am liebsten bei einem mittelständischen Arbeitgeber beschäftigt sein. Die Chancen für die kleinen Familienbetriebe gutes und engagiertes Personal zu bekommen, stehen also gar nicht so schlecht.
Klar, wer in einem inhabergeführten Betrieb arbeitet, für den steht die hohe Bezahlung nicht wirklich im Mittelpunkt. Wer zu den Spitzenverdienenden in der Branche gehören will, der heuert besser im Großbetrieb an. Wenn aber über die Hälfte aller Studierenden ihre Berufskarriere am liebsten bei einem kleinen oder mittleren Arbeitgeber starten wollen, dann erhoffen sie sich, an nachhaltigen Konzepten mitzuarbeiten. Dass die Mitarbeiter ihr größtes Kapital und ihr wichtigster Erfolgsfaktor für Know-how und Produktivität sind, das wissen die Chefs sehr genau. Sie könnte also funktionieren, die Passung zwischen dem Interesse der Beschäftigten an guter Arbeit einerseits und andererseits die Nachhaltigkeitsvision von Unternehmen.
Dieser Optimismus ist deshalb begründet, weil in kleineren Betrieben die Bedingungen stimmen. Die Produktionsketten sind kürzer und Kommunikationswege nicht hoffnungslos verstopft. Flache Hierarchien tragen dazu bei, dass Mitarbeitende selbstständig arbeiten und Entscheidungen treffen. „Flow-Momente“, wenn also Arbeit wie von selbst passiert, stellen sich bei einem Job häufiger ein, der Freude macht und Sinn vermittelt. Die viel beschworene Gen Z sucht nach sinnstiftenden Tätigkeiten. Am Ende des Tages will sie wissen, dass sie etwas zum „großen Ganzen“ beigetragen hat. Ja, gut ausgebildete Beschäftigte haben Ansprüche an ihre Arbeit, sie fordern den Mittelstand. Der hat aber die Chance, das Angebot zur Mitarbeit in seinen kleineren und flexibleren Einheiten aufzugreifen. In großen Unternehmen gibt es ausgeprägte Hierarchien, die wenig individuellen Spielraum zulassen.
Und dann ist da noch etwas, was vielleicht angesichts des Runs auf die Metropolen überrascht: Mittelständische Firmen bevorzugen Standorte, die eher in ländlichen Regionen oder kleineren Städten liegen. Teure Ballungszentren begeistern sie genauso wenig, wie die begehrten Fachkräfte. Die Regionalität ist also eine Chance: Für die Mittelständler gibt es ein Fachkräftepotenzial direkt vor der Haustür. Sie müssen es sich nur erschließen.