Herr Rücker, was ist der Stand der Technik bei der Automatisierung im Logistiklager?
Sie nimmt stark zu – auch, weil Mitarbeitende immer schwerer zu finden sind. Deshalb automatisieren wir in Neuprojekten, aber auch in bestehenden Lagern personalintensive Bereiche. Beispiel Kommissionierung: Da bringt ein Roboter in so genannten Ware-zu-Person-Systemen (z. B. Shuttle oder AutoStores) die Ware aus dem Lagerbereich zum festen Arbeitsplatz des Mitarbeitenden, der sie dann in den Versandkarton packt. Automatisieren lassen sich auch das Beilegen von Rechnungen, das Aufbringen des Versandlabels und das Verschließen des Kartons. In diesen Bereichen haben wir zuletzt massiv investiert.
Roboter finden sich z. B. auch bei der Entladung von Containern im Wareneingang oder der Kommissionierung von Produkten. Diese Roboter sind kleiner und kostengünstiger als noch vor zehn Jahren. Ausgestattet mit modernster Kameratechnologie und einer KI können sie lernen, welche Waren wie gegriffen werden müssen – das heißt, sie sind flexibler einsetzbar und können auch zwei- oder dreischichtig arbeiten, was für uns als Logistikdienstleister sehr wichtig ist. Ich glaube aber nicht, dass in Zukunft nur noch Roboter im Lager arbeiten.
Sie haben in diesem Bereich mehrere Pilotprojekte …
An unserem Standort in Louisville in den USA erproben wir zusammen mit dem Roboterentwickler Boston Dynamics im sogenannten Inbound-Bereich das Zusammenspiel verschiedener Roboter, die angelieferte Seecontainer selbstständig ausräumen. Über eine automatisierte Prozesskette werden die Waren dann an die richtige Stelle im Lager transportiert. Ziel ist, den gesamten Inbound-Bereich zu automatisieren.
Das heißt, sie gehen da modular vor?
Ja. Es gibt im Lagerhaus vier große Prozesse: den Inbound-Bereich, die Kommissionierung, die Verpackung und den Outbound. In Louisville haben wir den Inbound-Bereich schrittweise automatisiert – zunächst die Entladung, dann die Palettierung und dann die Verräumung ins Regal. Wir automatisieren unsere Lager weltweit Schritt für Schritt, schauen uns dabei immer technische Möglichkeiten, Infrastruktur und natürlich auch die Bedürfnisse unserer Kunden an. Die Software, die das alles steuert, haben wir im Übrigen selbst entwickelt.
Wird die KI in Zukunft noch wichtiger für das Lager werden?
Auf jeden Fall. Wir erleben hier einen sehr schnellen Lernprozess und es gibt spannende Pilotprojekte. Ein Bespiel sind die Retouren: Eine lernende KI kann viel schneller als ein Mensch erkennen, ob eine Retoure gleich wieder in den Verkauf kann oder neu verpackt oder aufgearbeitet werden muss. Oder der Forecast: Denken Sie an die Vorratshaltung. Eine KI kann zum Beispiel problemlos Wetterdaten in die Vorausberechnung vorgehaltener Produkte einbinden – und so sicherstellen, dass an den ersten heißen Tagen des Jahres die Übergangsjacken im Lager schon gegen Sommermode getauscht wurden. In diese Bereiche werden wir in den kommenden Jahren Zeit und Geld investieren.
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