Besser arbeiten, besser leben

Flexibilität, Familienfreundlichkeit und Mitarbeiterförderung gewinnen in der Personalführung immer mehr an Bedeutung.
Leben&Arbeiten.
Illustration: Adrian Bauer
Heinke Kegler Redaktion

„ Guten Morgen! Wir sehen uns im Meeting!“ ruft der Mitarbeiter seinen Kollegen zu, als er den Empfangsbereich des Bürogebäudes betritt. An einer Hand hält er ein Kind, in der anderen trägt er einen Coffee-to-Go-Becher, unter dem Arm klemmt eine braune Aktentasche. So oder ähnlich könnte sich eine Szene beim Prüf- und Beratungsunternehmen Deloitte abspielen: „Berufstätige Eltern vor allem von kleinen Kindern sind permanent logistischen Herausforderungen ausgesetzt, wenn sie Job und Familie miteinander vereinbaren möchten“, sagt Gerd Corbach, Director Facility Management bei Deloitte. „Durch unvorhergesehene Betreuungsengpässe, zum Beispiel aufgrund von Kita-Streiks, wird diese Situation noch verschärft.“


Für diese Fälle hat das Unternehmen seine Büros mit Sets – bestehend aus Spielzeug, einem Reisebett und Kindersicherungen – ausgestattet, die eine kurzzeitige Kinderbetreuung am Arbeitsplatz ermöglichen. Deloitte wendet sich damit an diejenigen Arbeitnehmer, die sich mitten in der „Rush-Hour des Lebens“ befinden: Nach ihrem akademischen Abschluss wollen sie Karriere machen, genügend Zeit für ihr Privatleben haben, unter Umständen eine Familie gründen, und all das am besten gleichzeitig und in relativ kurzer Zeit. Keine leichte Aufgabe: Im „Grünbuch Arbeiten 4.0“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales heißt es, dass bei zwei Dritteln der Beschäftigten in Deutschland die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eher „nicht so gut“ funktioniert. Insgesamt 41 Prozent aller abhängig Beschäftigten – ob mit oder ohne Familie – fühlen sich durch berufliche Anforderungen, gesellschaftliche Erwartungen und eigene Ansprüche stark gefordert und wünschen sich mehr Arbeitssouveränität. Dies bestätigt auch eine Studie, die das Online-Jobportal Stepstone zum Thema „Glück am Arbeitsplatz“ durchgeführt hat: Flexible Zeiten, die auf individuelle Bedürfnisse zugeschnitten sind, führen zu einer größeren Zufriedenheit der Mitarbeiter – ein Faktor, der sich auch positiv auf die Tätigkeit auswirkt.


Zudem haben Eigenständigkeit und die Freiheit, eigene Lösungen für Probleme zu finden, den gleichen Effekt. Genau hier setzt die Agentur „Resourceful Humans“ an, die für eine demokratische Unternehmenskultur plädiert. Gründer Heiko Fischer verfolgt die Devise: „Wer alt genug ist, sich ein geordnetes Privatleben aufzubauen, der ist auch alt genug, selbstständig und effizient zu arbeiten. Seiner Meinung nach sollen Mitarbeiter ihre Personalführung selbst in die Hand nehmen, indem sie sich in gut funktionierenden Teams eigenverantwortlich organisieren. Es geht darum, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgegebene Ergebnisse zu erzielen; ein fester Ort oder Arbeitszeiten von „Nine to Five“ spielen dabei keine Rolle. „Es kam schon vor, dass ein Mitarbeiter sich während eines Projekts auf Hawaii befand“, erzählt Heiko Fischer. „Bei Bedarf konnte er mit seinem Team über Skype kommunizieren und neben dem Projekt sogar noch seinen Flugschein machen.“


Auch Katharina Heuer, Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) weiß um den Wandel in der Arbeitnehmerkultur: „Mitarbeiter fordern zunehmend individualisierte Beschäftigungs- und Arbeitsmodelle“, betont sie. Herausforderungen für Unternehmen bestünden zum einen darin, für die junge Generation attraktiv zu sein und zum anderen dem Fachkräftemangel entgegen zu steuern, der durch den demografischen Wandel entsteht. Wie letzteres aussehen kann, zeigt beispielsweise die Janssen-Cilag GmbH, die 2015 im Wettbewerb „Deutschlands beste Arbeitgeber“ wiederholt mit dem ddn-Sonderpreis für „demographiebewusstes Personalmanagement“ ausgezeichnet wurde. Mit seinem „Silverpreneur-Programm“ richtet sich das Pharmaunternehmen gezielt an Mitarbeiter ab 50 Jahren, den Anstoß gab eine vom Unternehmen durchgeführte Altersstrukturanalyse. „Die Teilnehmer des Programms sind wichtige Opinion-Leader, die unbedingt lange bei uns bleiben sollen “, sagt Kerstin Jägersberg, Leiterin des Programms. Ihr geht es darum, engagierte, erfahrene Mitarbeiter zu fördern und zu fordern. Oder wie es das „Grünbuch Arbeiten 4.0“ so schön formuliert: „Steigende Fachkräftebedarfe können nicht nur über die Rekrutierung junger Fachkräfte gedeckt werden, sondern insbesondere durch den Erhalt der kreativen sowie körperlichen Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“

Nächster Artikel
Technologie
Oktober 2023
Bernd Korz, Geschäftsführer Alugha
Beitrag

»Was? Das geht schon?!«

Ein Video minutenschnell in 200 Sprachen übersetzt – KI made in Mannheim will weltweit für bessere Verständigung sorgen.