Licht aus, Spot an!

Ein Gespräch über Licht mit Roland Greule: Innenräume werden individueller, Leuchten werden selbstständig. Vor allem beim Blick in den Spiegel kann es noch besser werden.
Licht-Interview-Greul
Licht-Interview-Greul
Interview: Lars Klaaßen Redaktion

Herr Greule, war das Ende der Glühlampen vor vier Jahren ein ästhetischer Verlust? 

 

Glühlampen machen zwar ein schönes warmes Licht – aber das können LED auch. Als diese Alternative auf den Markt kam, ereilte sie schnell ein schlechter Ruf – und das nicht ganz zu Unrecht. Die Hersteller achteten damals vor allem auf die Energieeffizienz. Es standen also vor allem Produkte in den Regalen, die das unbeliebte kalte Licht ausstrahlen. Mittlerweile hat sich im Angebot aber viel geändert. Kunden sollten nicht bloß auf den Begriff „warmweiß“ achten, sondern sich vor allem an der Kelvin-Angabe orientieren: 2.700 Kelvin stehen für ein Licht, dass dem der Glühbirne – korrekterweise Glühlampe genannt – gleicht. Bis zu 3.200 Kelvin werden zwar auch noch als „warmweiß“ bezeichnet, geben aber ein deutlich kälter empfundenes Licht ab. Auf der Messe Light + Building, die gerade in Frankfurt stattfindet, werden LED vorgestellt, die sich perfekt dimmen lassen. Das ist ein weiterer großer Vorteil, wenn es darum geht, angenehmes Licht zu erzeugen. Dank LED tun sich viele neue Möglichkeiten auf.

 

Und Energiesparlampen, sind die nur eine Zwischenlösung ohne Zukunft?

 

Energiesparlampen sind in mehrerlei Hinsicht limitiert. Das fängt beim Verhältnis von Leistung zu Verbrauch an. Mehr als 50 Lumen pro Watt sind nicht drin. LED hingegen können schon bis zu 100 Lumen pro Watt erzeugen, künftig sind sogar 150 realistisch. Ein weiterer Nachteil von Energiesparlampen ist, dass sie Quecksilber enthalten. Die Menge ist zwar sehr gering, erzwingt aber eine Entsorgung als Sondermüll. Langfristig wird sich also LED durchsetzen, zudem die Leuchtdioden ästhetisch punkten. Mittlerweile gibt es Modelle, die sogar klassische Glühlampen imitieren. Dieses Retrodesign bildet die Glühfäden nach und gibt ein angenehm dämmrig-weiches Licht. Weil LED so wenig Platz benötigen, können damit zudem Lichtkonzepte gestaltet werden, die mit Glühbirnen noch undenkbar gewesen wären. 

 

Welchen Einfluss wird Automatisierung auf künftige Lichtkonzepte haben?

 

In größeren Büros haben Präsenzmelder sich schon etabliert. Sie schalten das Licht an- oder aus, je nachdem, ob jemand anwesend ist oder nicht. Schon allein die strengen Vorgaben der Energieeinsparverordnung machen den Einsatz solcher Instrumente fast zwingend. Denn der Mensch ist ja faul – und der letzte macht eben nur selten das Licht aus. Mittlerweile sind diese Präsenzmelder auch so ausgefeilt, dass sie in der Praxis immer richtig schalten. In Wohnräumen wird es länger dauern, bis Menschen sich vom Lichtschalter lösen. Das Konzept des Smart Home bringt zwar auch dort einiges voran. Bislang fehlt es aber an einem einheitlichen kompatiblen System, um schnell über Pilotprojekte hinaus zu kommen. Bislang sind die meisten Touch-Panels zu kompliziert, das will dann niemand. Wenn sich die Haushaltstechnik samt Licht aber erst einmal intuitiv übers Smartphone oder Tablet bedienen lässt, wird es schnell gehen.

 

Und wie kann man sich ein optimiertes Lichtkonzept dann vorstellen?

 

Wir können künftig für jede Tageszeit oder unsere persönliche Stimmung ein eigenes Licht-Ambiente kreieren, das passgenau aktiviert wird. Dank der heute schon winzigen Leuchtdioden können Designer mehrere Lampen mit verschiedenen Farbtemperaturen unsichtbar am gleichen Ort installieren, die dann zu unterschiedlichen Zeiten das jeweils passende Licht abgeben. Innenräume werden so erhellt, dass sie natürlichem Tageslicht nahe kommen. Ein Trend, der sich jetzt schon abzeichnet: Räume werden in unterschiedlichen Zonen individuell beleuchtet, Spots lösen verstärkt Deckenlampen ab, die ein Zimmer gleichmäßig bestrahlen. In dieser Hinsicht hat sich schon viel getan. Bei den meisten Badezimmerspiegeln warte ich aber noch auf das passende Licht zur jeweiligen Tageszeit und Tätigkeit. Wenn man sich dort rasiert, schminkt oder sich die Zähne putzt, ist das Bedürfnis nach Licht doch jedes Mal ein ganz anderes. Im Bad haben Lichtdesigner noch viel Spielraum. 

 

Roland Greule; ist Professor für Lichttechnik, Lichtdesign und Virtuelle Systeme an der Fakultät Design, Medien und Information der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg.

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