Effizienter reisen

Serviceroboter, Navigation, Kommunikation, Travel-Apps – die Reisebranche digitalisiert ihre Dienstleistungen. Davon profitieren vor allem Geschäftsreisende.
Illustration: Tolga Akdogan
Jürgen W. Heidtmann Redaktion

Wer mit Nicolas Boudot über sein Baby spricht, gerät in einen Strudel von Enthusiasmus. „Er ist Rezeptionist, Markenbotschafter, Advisor, Verkäufer, Werbeträger und nicht zuletzt auch ein Entertainer“, schwärmt Boudot. „Er bietet Kunden und Reisenden einen Mehrwert.“ Die Rede ist vom derzeit wohl erfolgreichsten Serviceroboter auf dem Markt: Pepper. Allein in Europa hat die Herstellerfirma SoftBank Robotics, Marktführer auf diesem Gebiet, 12.000 Stück davon verkauft. Das Erfolgsrezept sei die sympathische Ausstrahlung des Roboters und seine Vielseitigkeit, so Boudot. „Alle mögen ihn.“


Pepper kann 17 Sprachen sprechen, übersetzen und Frauen von Männern unterscheiden. Wenn er Zugriff auf das persönliche Profil seines Gegenübers hat, kann er maßgeschneiderte Empfehlungen aussprechen. Reiseauskünfte kann Pepper geben, Hotelbuchungen vornehmen, Flugbuchungen ändern, Tickets reservieren oder als Online-Händler dienen. Alles per Sprache. Als selbstlernende Maschine wird er stetig besser, er gibt personalisierte Auskünfte und beantwortet Wissensfragen. Das macht ihn zum idealen Rezeptionisten für Hotels, Institutionen oder Unternehmen.


Pepper ist nur ein Beispiel für die galoppierende Digitalisierung der Reisebranche. Denn Reisen wird angesichts der zunehmenden Digitalisierung der Wertschöpfungskette entlang der Bereiche Travel & Hospitality immer effizienter. Die Buchungsmodalitäten für Reisen und Hotels sind bereits weitgehend digitalisiert. Auch in Sachen Nahverkehr und Navigation vor Ort können Reisende heute problemlos auf ihr Smartphone zurückgreifen. Für Travel- und Finanzmanagement gibt es Apps, die eine vollständig digitale Kette kreieren – ohne Papierkram und Medienbrüche. Derzeit ist die Branche der Tours & Activities dabei sich zu vernetzen, damit sie den Reisenden vor Ort spontane Freizeitangebote für die Zeit nach dem Arbeitsmeeting machen kann – ob eine Führung durch die Altstadt, eine Weinprobe oder Ausflüge in die ländliche Umgebung.


Von der Digitalisierung profitieren vor allem Geschäftsreisende. Denn sie spart Zeit, Stress und sorgt für eine reibungslose Kommunikation, ob in Frankfurt, Shanghai oder London. In der britischen Hauptstadt ist die Chance übrigens groß, einem Pepper-Serviceroboter leibhaft zu begegnen. Denn dort wird er bereits häufig in Unternehmen als Empfangsmitarbeiter eingesetzt. Er identifiziert Besucher mithilfe der Gesichtserkennung und sendet Nachrichten, etwa an Organisatoren von Meetings. Er organisiert die Zubereitung von Getränken und mit potenziellen Kunden zu chatten. In Japan arbeitet der Roboter vielfach in Banken, außerdem ist er in allen Filialen der Restaurantkette Hamazushi als Bedienung präsent.


Ob man künftig auf Reisen immer mehr Robotern wie Pepper begegnen wird, ist nicht ausgemacht. Es ist schließlich nicht jedermanns Sache, mit Robotern zu kommunizieren. Wer reist, möchte doch meist lieber echten Menschen begegnen. Eine Möglichkeit: Roboter zu bauen, die wie Menschen aussehen. Davor warnt jedoch Nicolas Boudot von der Pepper-Firma SoftBank Robotics. „Roboter sollten sich klar vom Menschen unterscheiden. Humanoide Roboter ähneln eher Zombies denn lebenden Menschen. Sie jagen uns Angst ein.“ Deshalb ist Pepper mit 1,20 Größe bewusst kleiner gehalten als ein Mensch. Er wirkt sympathisch mit seinem glänzend-weißen Äußeren, dem kugelrunden Kopf und den großen Kulleraugen, die in wechselnden Farben aufleuchten. Wie ein Kind eben, dem man nichts Böses zutrauen würde.

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