Mobil sein, wann man will

Mobility-on-Demand-Angebote könnten den Verkehr in den Städten effizienter gestalten. Doch die sinnvolle Bündelung aller Angebote steht noch aus.
Illustration: Johannes Fuchs
Axel Novak Redaktion

Hamburg im Februar: Der Heidi-Kabel-Platz vor dem Hauptbahnhof liegt menschenleer im Regen. Kein Bus in Sicht, Taxen warten. Endlich biegt ein goldfarbenes Gefährt um die Ecke: Moia 129. Die Wagentür gleitet auf, der Fahrer begrüßt den Fahrgast mit seinem Vornamen. Als sich die Wagentür schließt, fährt das Fahrzeug langsam an und gleitet dem Ziel entgegen.


Moia – so der Name dieses Services, mit dem Volkswagen Mobilität neu gestalten will – möchte Mobilität auf Wunsch erfüllen, mit gleichzeitig hoher Flexibilität und Ungebundenheit. Der Bedarf nach solchen neuen Formen der Mobilitätsgestaltung steigt. Die Straßen der Städte sind längst nicht mehr nur zur Rush Hour verstopft, der wachsende Verkehr sorgt für zu viele Emissionen. So werden der Nahverkehr ausgebaut, Carsharing und andere Mobilitätskonzepte getestet und Verkehrsmittel wie E-Motorroller, E-Bikes oder E-Scooter im Sharing-Modell eingeführt. Und doch reicht all das bei weitem nicht aus, um Mobilität umweltfreundlich zu gestalten.


Digitale On-Demand-Mobilitätsangebote wollen ein Teil der Lösung sein. Geschäftskonzepte wie Moia, Viavan, Berlkönig, Loki oder Clevershuttle stehen als Ridesharing-Angebote zwischen dem öffentlichen Nahverkehr und dem Taxi, weil sie die Bedürfnisse verschiedener Passagiere bündeln. Diese geben den Transportwunsch per App ein und werden zur gewünschten Zeit an einem von der Software errechneten Haltepunkt abgeholt. Auf dem Weg zum Ziel steigen andere Passagiere ein- oder aus. Algorithmen sorgen im Hintergrund für die Auslastung der Flotte.


Solche Angebote könnten den Verkehr effizienter machen. Der TÜV-Verband hat Menschen in Deutschland danach befragt: Demnach glaubt mehr als die Hälfte, dass die meisten Autofahrer in Ballungsräumen in zehn Jahren kein Fahrzeug mehr besitzen.


Sie gehen davon aus, dass die Menschen dann Carsharing oder On-Demand-Shuttles nutzen.


Auch der Anbieter Loki hat die Wirksamkeit seines Geschäftsmodells analysiert. Ein Test der Technischen Universität Hamburg ergab: Bei jedem vierten Fahrgast ersetzt der Dienst die Fahrt mit dem Pkw. „Die große Mehrheit nutzt Loki Hamburg als Zubringer zur nächsten Haltestelle. Je attraktiver der Nahverkehr wird, des-to stärker entlasten wir die Innenstadt von CO²-Emissionen, Verkehrslärm und Feinstaub“, sagt Toralf Müller, Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein, die an Loki beteiligt sind.


Mittlerweile gibt es in vielen deutschen Großstädten solche Angebote. Doch sie stoßen häufig auf Schwierigkeiten: Clevershuttle musste sich mangels Genehmigung aus drei Städten zurückziehen. Moia ist in Hannover seit 2018 und seit 2019 in Hamburg aktiv. Doch für ein effizientes und wirtschaftlich erfolgreiches Netz ins Umland hinein fehlt die Zulassung. Vor allem bestehende Dienstleister – also die Taxiunternehmen – fürchten um ihre Jobs, wenn neue Services Kunden abziehen.


Das A und O für den Erfolg des neuen Geschäftsmodells ist die Auslastung – auch außerhalb der Stoßzeiten. Diese lässt zwar zumeist noch zu wünschen übrig. Doch die jungen Unternehmen haben Luft. Hinter ihnen stehen keine aufstrebenden Start-ups, sondern große Konzerne. Bei Clevershuttle und Loki ist die Deutsche Bahn beteiligt, hinter Moia steht der Volkswagenkonzern, an Viavan ist Daimler beteiligt.


Vielleicht ist das auch der Grund dafür, warum die neuen Angebote nicht auf einer Buchungsplattform zusammengeführt werden. Der Weg zu einer App, die alle Services bündelt und den Zugriff auf viele verschiedene Angebote möglich macht, ist steinig. Mobility-on-Demand gibt es nur für den, der genau weiß, was er will.

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