Neue Verkehrskonzepte braucht das Land

Deutschland sollte in der Mobilitätspolitik mutiger werden.

Prof. Dr. Harry Wagner, Professor für Intermodale Mobilität und Künstliche Intelligenz an der TH Ingolstadt sowie Mitgründer und Geschäftsführer der FMS Future Mobility Solutions GmbH
Prof. Dr. Harry Wagner, Professor für Intermodale Mobilität und Künstliche Intelligenz an der TH Ingolstadt sowie Mitgründer und Geschäftsführer der FMS Future Mobility Solutions GmbH
FMS Future Mobility Solutions Beitrag

Herr Prof. Dr. Wagner, warum sollten Städte beim Thema Verkehr mehr wagen?
Es fehlt oft der Mut für neue Verkehrskonzepte. Wir brauchen einen zukunftsfähigen und nachhaltigen ÖPNV. Darunter verstehe ich alles, was umweltschonend, wirtschaftlich und sozialverträglich ist. Seilbahnen wären eine perfekte Lösung. Sie sind wirtschaftlich, da der Bau eines Kilometers mit 5 Mio. Euro im Vergleich kostengünstig ist. Ein Kilometer U-Bahn-Strecke kostet ca. 250 Mio. Euro. Sie sind ökologisch, weil elektrisch angetrieben. Wichtig ist, sie vollständig in den ÖPNV zu integrieren. Wer meint, das sei nicht rentabel, dem sage ich, der ÖPNV ist in den seltensten Fällen rentabel, aber immer ökologisch. Wenn eine Stadt mutig anfängt, werden andere folgen. In Südamerika sind im ÖPNV integrierte Seilbahnen schon lange selbstverständlich.

E-Mobility, autonomes Fahren – für Sie Lösungen für die Zukunft?
Wir konzentrieren uns leider immer nur auf ein Thema und vergessen, alle Aspekte sinnvoll miteinander zu verbinden. Jetzt ist E-Mobilität im Fokus, irgendwann wird es autonomes Fahren sein. Dabei denken wir nur an das Produkt und die Technik. Wir müssen aber Lösungen entwickeln, die auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten sind. Wie kommen sie möglichst störungsfrei von A nach B? Wenn alle nur E-Autos fahren und sonst nichts geschieht, stehen wir im E-Auto im Stau. Mobility on Demand ist das Stichwort.

Was meinen Sie damit?
Jede Stadt erstellt einen Verkehrsentwicklungsplan, bei dem es oft nur um den Ausbau der Infrastruktur geht. Niemand achtet auf die Bedarfsseite der Menschen. Wie kann vorhandene Infrastruktur besser genutzt werden? Wie können Leute überzeugt werden, den ÖPNV zu nehmen? Wenn ich die Kapazitätsseite anpasse, dann schaffe ich mehr Infrastruktur, mehr Infrastruktur führt zu mehr Bodenversiegelung, mehr Bodenversiegelung zu immer gravierenderen klimatischen Veränderungen. Mobility on Demand ist eine Lösung: Mitfahrmöglichkeiten, Sharing-Modelle gehören dazu und können je nach individuellem Bedarf genutzt werden. Mehr Straßen heißt immer mehr Verkehr.

Sie haben im Auftrag der Regierung von Südtirol ein Mobilitätskonzept für den Güterverkehr über den Brenner entwickelt. Worum geht es?
Das Grobkonzept sollte zeigen, wie der Schwerlastverkehr über den Brenner besser funktionieren kann. Bisher reagiert Österreich mit Blockabfertigungen Richtung Süden vor Kufstein, welche zu enormen Rückstaus führen, vor allem vor Feiertagen. Die Idee ist es, LKWs im Voraus einen Slot zuzuweisen, analog den Start- und Landeslots im Flugverkehr. Jeder LKW-Fahrer kann seine Route so planen, dass er fließend über den Brenner kommt. Die Idee ließe sich auch auf den Personenverkehr übertragen: Vom Sofa aus buche ich mir einen Slot über den Brenner, um staufrei zu fahren.

Sie haben im März zusammen mit „Bayern Innovativ“ die CoSMoS – Conference on Smart Mobility Services veranstaltet. Was war der Inhalt?
In der jährlich stattfindenden Konferenz diskutieren Experten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft sowie Studierende unserer Hochschule über die Zukunft der Mobilität als Dienstleistung. Ziel ist es, die Digitalisierung, Vernetzung und Zusammenarbeit in der Mobilität voranzutreiben. Dieses Jahr ging es um die Frage: Wie können wir Künstliche Intelligenz so einsetzen, dass eine vernetzte Mobilität entsteht, die sich nach den Bedürfnissen der Menschen richtet. Wir haben uns gefreut, mit Johannes Wieczorek einen Experten aus dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr begrüßen zu können, der seine Vision der Mobilität für Deutschland darstellte. Hier gibt es spannende Lösungen.

www.future-mobility-solutions.com

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