Innovativer Verbundwerkstoff: Papier

Forschern der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Karlsruhe ist es gelungen, die Eigenschaften von Papier so zu verändern, dass ein stabiles und strapazierfähiges Faserverbundmaterial entsteht.
Prof. Dr. Jukka-Pekka Valkama Leiter des Studiengangs Papiertechnik, Duale Hochschule Baden-Württemberg Karlsruhe
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Herr Prof. Valkama, Sie haben an der DHBW Karlsruhe in den letzten Jahren insbesondere an cellulosen Verbundwerkstoffen geforscht und dabei mit Plafco eine spannende Lösung entwickelt. Mit welcher Zielsetzung sind Sie angetreten?
Wir wollten ein Faserverbundmaterial entwickeln, das komplett aus pflanzlichem Material besteht und vollständig abbaubar ist. Und genau das ist uns mit Plafco gelungen: Es basiert zu 100 Prozent auf Papieren, die als Massenware verfügbar sind. Daher ist es kostengünstig, nicht toxisch, biologisch abbaubar, löst sich im Wasser auf und kann sogar wiederverwertet werden.

 

Wie schaffen Sie es, dass Plafco chemisch mit Papier absolut identisch ist, jedoch ganz andere Eigenschaften bekommt?
Vereinfacht ausgedrückt haben wir ein Verfahren entwickelt, mit dem wir einen kleinen Teil der Cellulose aus der Faseroberfläche des Papiers anlösen und damit dann bestehende Lücken auffüllen können. Damit „klebt“ die Cellulose hinterher anders zusammen als vorher und wir erhalten Steifigkeit und Festigkeit.

 

Mittlerweile gibt es mit Placfo Fibertech eine eigene Ausgründung.
Das ist richtig. Wobei ich nicht vorhatte, Forschung und Lehre den Rücken zu kehren – im Gegenteil. Allerdings habe ich in meiner bisherigen Laufbahn zahlreiche vielversprechende Ideen gesehen, die es nie an den Markt geschafft haben.


Daher der persönliche Einsatz und die Ausgründung. Perspektivisch will ich mich aber voll meinem Forschungs- und Lehrauftrag an der DHBW widmen.

 

Für welche Art von Produkten eignet sich Ihr innovatives Verbundmaterial?
Die Bandbreite ist riesig. Zunächst haben wir eine Umverpackung für Taschentücher entwickelt. Der Clou: Taschentücher und Umverpackung bestehen damit aus ein und demselben Material. Wir sind aber auch in der Lage, Trinkkartons zu produzieren – mit 40 Prozent weniger Material als beim klassischen Tetrapak. Damit waren wir beispielsweise unter den Finalisten des Sustainability Awards 2019. Zudem kann Plafco je nach Anwendungsfall in Dicke und Rezeptur angepasst werden. So sind wir derzeit als einziges Unternehmen in der Lage, Strohhalme so stabil herzustellen, dass man sogar Trinkkartons durchstechen kann.  

 

Was ist wirtschaftlich der nächste Schritt für Plafco Fibertech?
Der Bau einer Produktion in Baden-Württemberg, wofür wir gerade auf der Suche nach Investoren sind. Und auch wenn das Coronavirus derzeit viele Bereiche lahmlegt, hoffen wir, im vierten Quartal mit der Produktion starten zu können. Denn wir haben erstklassige Produkte, die jene Einwegartikel aus Plastik ersetzen können, die ab dem kommenden Jahr EU-weit verboten sind – und zwar so, dass der Verbraucher qualitativ keine Einbußen hat.

 

Forschen Sie auch weiterhin am Material?
Absolut. Ein weiterführendes Forschungsprojekt ist im Frühjahr 2019 an der DHBW Karlsruhe gestartet. Ziel ist es, Verpackungen zu entwickeln, die vollständig oder teilweise aus Plafco besehen. Es sollen neue, nachhaltige Lösungen insbesondere für jene Bereiche entwickelt werden, die bisher nur mit Kunststoffen und/oder Kombinationen aus Papier mit Kunststofffolien oder Metallschichten abgedeckt werden konnten.

 

Das heißt, der Studiengang Papiertechnik der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Karlsruhe entwickelt sich ebenfalls in eine nachhaltige Richtung?
Das tut er in der Tat. Viele Erkenntnisse aus der Plafco-Forschung fließen in die Vorlesungen und Module des Studiengangs mit ein. Wenn Sie so wollen haben wir auch hier eine durchgängige Kreislaufwirtschaft: Was aus dem Studiengang heraus entstanden ist, fließt anschließend auch wieder in die Lerninhalte zurück.

 

www.karlsruhe.dhbw.de | www.plafco.fi

 

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