Wasser predigen und selbst Wein trinken – kein schöner Zug. So berichtet die Deutsche Umwelthilfe regelmäßig, dass ausgerechnet Spitzenpolitiker wie etwa Minister von Bund und Ländern eine Vorliebe für hoch motorisierte Dienstwagen haben, die jede Menge Abgase ausstoßen und teilweise sogar den von der EU festgelegten EU-Flottengrenzwert für CO2 von 95 g/km deutlich überschreiten.
Anders die Profis in Unternehmen. Sie wissen die wirtschaftlichen Vorteile und den positiven Einfluss von Elektrofahrzeugen auf das Unternehmens-Image und das Employer-Branding zu schätzen. Mobilitätsangebote mit einer Kombination aus diversen Komponenten wie etwa Elektroautos, E-Bikes und Jobtickets zählen zu den beliebtesten Job-Goodies, wie die Benefit-Spezialisten der Lurse AG in einer aktuellen Studie festgestellt haben.
„Die Elektromobilität ist ein zentraler Bestandteil unserer Nachhaltigkeitsstrategie“, erklärt Cornelia Kriegisch, die als Projektverantwortliche bei der Randstad Gruppe Deutschland die Umstellung auf E-Mobilität koordiniert. „Als Bestandteil unserer ‚Road to Net Zero‘ werden wir unsere gesamte Fahrzeugflotte auf E-Antrieb umstellen. Die ersten Schritte haben wir bereits erfolgreich begonnen“, so Kriegisch. „Die Resonanz bei unseren Mitarbeitenden ist sehr positiv, der Wille und die Bereitschaft, die E-Mobilität gemeinsam umzusetzen, sind groß.“ Das habe schon die erste firmenweite Befragung dazu im Jahr 2022 gezeigt.
Verbrenner immer mehr auf dem Rückzug
Um den CO2-Verbrauch auch über die Fahrzeugflotte zu reduzieren, setzt das Unternehmen auf ein Stufen-modell. Seit 2023 stehen E-Modelle im Fuhrpark zur Auswahl, die Anzahl der Verbrenner wird ab 2024 sukzessive reduziert, zugelassen sind nur noch Wagen mit einer Ausstoß-beschränkung von 140 Gramm CO2 pro Kilometer. Ab 2026 werden ausschließlich E-Autos verfügbar sein. „Unser Mobilitätskonzept bringt unseren Mitarbeitenden steuerliche Vorteile und auch Flexibilität“, erklärt Cornelia Kriegisch. Denn das Laden funktioniert mit einer stationären Ladestation von zu Hause aus: Einfach aufladen per Wall-Box und zwischen privater und beruflicher Nutzung des E-Autos wählen. Unterwegs funktioniert das Aufladen mit einer Ladekarte für öffentliche Ladestationen.
Ein aus verschiedenen Komponenten bestehendes Gesamtkonzept bietet auch SAP seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Mitarbeitende wählen heute zwischen Jobprofilen und Arbeitgebern, zwischen Homeoffice und Büro, zwischen Stadt, Vorstadt oder Landleben. Mehr Flexibilität und Auswahlmöglichkeiten werden zunehmend auch im Hinblick auf die eigene Mobilität gewünscht“, meint Steffen Krautwasser, Head of Global Car Fleet bei SAP. „Mit dem Mobilitätsbudget können Mitarbeitende den eigenen Pkw stehen lassen und Alternativen wie Zug, Straßenbahn oder E-Scooter nutzen. Das bietet auch neuen Spielraum, um Verantwortung für die post-fossile Gesellschaft zu übernehmen.“
Kleine Scooter statt großer Lieferwagen
Auch die Telekom-Flotte – laut der für den Fuhrpark zuständigen Konzerntochter Telekom Mobility Solutions (TMS) sind das 23.000 Dienst- und Geschäftsfahrzeuge – fährt bald komplett elektrisch. Olga Nevska, Geschäftsführerin von TMS, bezeichnet das Verbrenner-Aus als einen „wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur nachhaltigen, vernetzten und bedarfsgerechten Mitarbeitermobilität.“ Mit 33 rein elektrischen Modellen im Portfolio sei für jeden etwas Passendes dabei. Allerdings beklagten die Beschäftigten die aktuell langen Lieferzeiten und unangekündigte Ausstattungsänderungen durch die Hersteller.
Ein großer Teil der Telekom-Flotte besteht aus Service- und Technik-Fahrzeugen. Diese sind nach wie vor notwendig, weil Servicetechniker mobil sein müssen und vor Ort beim Kunden arbeiten oder deutschlandweit das Glasfasernetz ausbauen. Dank Digitalisierung können die Techniker zwar viele Störungen auch remote beheben, Fahrten zu Vor-Ort-Besuchen sind häufig nicht mehr notwendig. Das gilt für die Telekom wie für viele andere Dienstleister. Doch ganz ohne Service-Fahrzeuge kommen Technik-Unternehmen und Handwerker immer noch nicht aus. Allerdings setzen sich auch bei ihnen weitere Trends durch. So nutzt die Telekom bei ihrer Gewerbeflotte immer stärker Car-Sharing, denn nicht jeder Techniker benötigt ein individuelles Fahrzeug, das ihm allein zur Verfügung steht, um bei Störungen zum Kunden loszudüsen.
Und nicht immer ist einer der früher gebräuchlichen Mittelklasse- oder Lieferwagen erforderlich. „Auch Mikromobilität findet Einsatz in der Service-Flotte“, sagt Nevska. „Wir setzen verstärkt auf E-Scooter. Techniker teilen sich ein Fahrzeug, fahren gemeinsam in die Stadt und haben dort jeweils einen Scooter, um Kunden zu erreichen.“ Das Auto werde eher als eine Art „mobiles Lager“ genutzt.
MITARBEITENDE schätzen kostenlose Mobilität
Nicht nur internationale Konzerne, auch Mittelständler können mit dem Angebot von E-Fahrzeugen bei ihren Angestellten punkten. „Ich nutze nun bereits mein zehntes Elektroauto in Folge und das sowohl privat mit vier Kindern als auch dienstlich. Bei den aktuellen Reichweiten und mit der richtigen Planung bei den Ladezyklen kommt man ganz einfach nach einem Termin zu einem optimal geladenen Auto zurück. Außerdem kann ich damit meine private Mobilität nahezu kostenlos gestalten. Besser geht’s nicht", ist Steven John Grabow überzeugt, Mittelstandsberater beim Kölner Leasing-Spezialisten Abcfinance.
Sein Kollege Jan Königshofen gibt zu bedenken, dass neben den reinen Fakten bei der Entscheidung für ein Elektroauto wie Reichweite und Verfügbarkeit von Lademöglichkeiten auch eine „gefühlte Wahrheit“, geprägt von Emotionen, entscheidend sei. Es könne einen großen Unterschied machen, ob man Mitarbeiter:innen einen Kia e-Niro, einen Renault ZOE oder aber einen imageträchtigeren Audi e-tron oder Tesla zur Verfügung stelle. Wichtig sei in jedem Fall, den Umstieg auf E-Autos nicht gegen die Belegschaft unternehmen, sondern die Kollegen:innen ins Boot zu holen.