Deutschland steht an einem Scheideweg. Während die USA und China die Landschaft der Künstlichen Intelligenz (KI) dominieren, droht unser Land den Anschluss zu verlieren. Doch es gibt Hoffnung und eine klare Vision für eine starke KI-Zukunft in Deutschland.
Derzeit wird unsere Technologiewelt von amerikanischen Großkonzernen dominiert. NVIDIA bietet fast monopolartig die GPU-Chips an, die für die Entwicklung von KI unerlässlich sind. Auch Microsoft und Alphabet sind führend bei der Entwicklung und Integration von KI-Modellen. Die Kosten für die Entwicklung von Large Language Models (LLMs) steigen exponentiell. Gegenwärtig kostet die letzte Generation 100 Millionen Euro, und es wird erwartet, dass die nächste Generation 1 Milliarde Euro kosten wird, mit weiteren Steigerungen bis zu 10 Milliarden Euro.
Deutsche Unternehmen haben weder den Fokus noch das Know-how und schon gar nicht das Kapital, um in diesem globalen Rennen mitzuspielen. Deshalb müssen wir die Dominanz der Amerikaner und Chinesen akzeptieren und intelligent darauf aufbauen. Deutschland sollte sich darauf konzentrieren, Integrations- und „Anwendungs-Weltmeister“ bei KI zu werden. Das wirklich große Geschäft ist, wenn Unternehmen und Verwaltungen KI intern nutzen und damit enorme Zeit- und Produktivitätsgewinne erzielen.
Ich behaupte, dass auf jeden Mitarbeitenden etwa 10 KI-Tools kommen werden. KI wird niemandem den Job wegnehmen, aber sie wird uns bei Dutzenden Aufgaben im Alltag unterstützen. Das Marktpotenzial ist riesig und die Anwendungsfälle sind nahezu unbegrenzt. Deshalb brauchen wir zehntausende neue KI-Unternehmen, die maßgeschneiderte Lösungen für unsere Wirtschaft entwickeln und anbieten. Diese sollten vor allem aus Deutschland kommen - im Herzen Europas.
Dafür haben wir die besten Voraussetzungen. Deutschland hat viele Talente, starke Forscherinnen und Forscher und einen großen Mittelstand mit flachen Hierarchien. Für den erfolgreichen Einsatz von KI brauchen wir Kooperationen und Ökosysteme. Ein einzelnes Unternehmen kann Deutschland nicht retten, aber tausende Gründerinnen und Gründer können es.
MEHR MUT, KAPITAL UND BILDUNG
Gute KI ist unsichtbar und in digitalen Prozessen versteckt. Wir Deutschen, das Land der Tüftler und Erfinder, sind ideal dafür geeignet, solche Software zu entwickeln.
Was brauchen wir dafür? Start-up-Gründungen haben wir schon viele und Ideen gibt es genug. Es braucht jedoch mehr Förderung für forschungsnahe Anwendungen, vor allem an den Hochschulen. Zudem wird deutlich mehr Kapital für junge und wachsende Unternehmen benötigt. Und ganz wichtig: Bildung. In den nächsten zehn Jahren müssen 50 Prozent der Arbeitskräfte für den Umgang mit KI umgeschult werden. Niemand darf zurückbleiben.
Deutschlands Zukunft als führende KI-Nation ist möglich. Wir müssen jetzt die Weichen stellen und entschlossen handeln, um diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Nur so können wir sicherstellen, dass Deutschland im Zeitalter der KI vom Mitspieler zum Taktgeber wird.
ÜBER DEN AUTOR
FABIAN WESTERHEIDE ist Investor, Unternehmer und Netzwerker im Bereich KI. Gemeinsam mit seiner Frau lädt er seit 2016 jährlich zur Rise of AI nach Berlin ein. Die Konferenz ist eines der wichtigsten Branchentreffen für Akteure des deutschen KI-Ökosystems.